Vogel-Scheuche

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scheinst mir selbst für eine Dämonin noch etwas Besonderes zu sein. Was hat es eigentlich mit deinem, äh, ungewöhnlichen Gebrauch von Wörtern auf sich?«
    »Ich glaube, als ich ganz neu war, ist eine Sphinx auf meine Dämone n substanz getrampelt und hat sie plattgemacht. Seitdem sind mir manche Worte Rätsel, und mein Charakter neigt zur Spaltung.«
    »Ach, so wechselst du also von Metria zu Mentia?«
    »Und zu Gnade Uns«, bestätigte sie und nahm dabei die Gestalt des süßen, traurigen Kindes an.
    »Verfügen andere Dämonen auch über multiple Persönlichkeiten?«
    Sie wurde wieder zu Metria, weil diese Frage zu kompliziert für das kleine Ding war. »Nein, andere nehmen zwar jede beliebige äußere Ge s talt an, bleiben im Innern aber stets derselbe böse Geist. Ich bin die ei n zige, die diese Persönlichkeiten ernst nimmt. Wenn ich das Kind bin, darf ich nicht gegen die Erwachsenenverschwörung verstoßen. Bin ich Mentia, bin ich zugleich auch leicht verrückt, außer im Gebiet des Wah n sinns, wo sich das umkehrt und ich leicht vernünftig werde. Als Metria habe ich ein Problem mit Wörtern.«
    »Wirklich faszinierend! In Mundania entspringen multiple Persönlic h keitsstörungen meistens irgendeinem belastenden Ereignis in der Kin d heit, beispielsweise sexuellem Mißbrauch.«
    »Na ja, von einer Sphinx zertrampelt zu werden, die gerade in ein Rä t sel versunken ist, ist auch nicht gerade ein Spaziergang.«
    Er lachte. »Bestimmt nicht! Also hattest du ein frühkindliches Trauma. Als reifes Individuum hättest du dieses Zertrampeltwerden wohl verwi n den können, aber als Heranwachsende ging das nicht, und deshalb hast du einen unterschwelligen psychischen Schaden genommen.«
    Das war eine echte Offenbarung für sie. »Stimmt das tatsächlich? Ich meine, gibt es wirklich auch andere Leute, die unter den gleichen Z u ständen leiden wie ich, wegen irgendwelcher frühen Dingsbumse?«
    »Frühe Traumata. Ja, das scheint wohl der Fall zu sein, obwohl sich die Psychologen darüber keineswegs einig sind. Wir glauben, daß dies die Art und Weise des menschlichen – vielleicht auch das dämonischen – Geistes ist, mit etwas zurechtzukommen, das sich anders nicht bewält i gen läßt. Vielleicht ist es aber auch lediglich der Schock der Mißhandlung selbst, der die sich noch ausbildende Persönlichkeit wie einen Hamme r schlag trifft und sie in Stücke schlägt. Jedes dieser Stücke versucht dann sich selbst zu heilen, bildet eine individuelle Persönlichkeit aus, doch nicht mit vollem Erfolg. Weil eben etwas Zerbrochenes einfach nicht so stark sein kann wie etwas Ganzes.« Er sah ihr kurz ins Gesicht. »Das könnte vielleicht auch auf deinen Wortschatz zutreffen. Du verfügst ja ganz offensichtlich über ein reiches Vokabular, nur ist dein Mechani s mus, sich zur richtigen Zeit an das richtige Wort zu erinnern, unvol l kommen.«
    »Ja! Das ist genau das, was ich erquält habe!«
    »Was du erlitten hast«, bestätigte er.
    »Ach, Ichy, ich könnte dich bussen!«
    Er wirkte verdutzt. »Wie?«
    »Schnäuzeln, schubbern…«
    »Küssen?«
    »Was auch immer!« versetzte sie und küßte ihn kräftig aufs rechte Ohr. »Jetzt weiß ich wenigstens, warum ich so bin, wie ich bin. Ich habe ein Multiples Persönlichkeitssyndrom.«
    Der Laster geriet kurz ins Schlingern, bis Ichabod sich wieder gefangen hatte. »Freut mich, dir geholfen zu haben«, sagte er schließlich. »Aber wenn du mir noch einmal einen Kuß gibst, dann bitte nicht gerade beim Fahren.«
    »Tut mir leid.«
    »Nein, bloß nicht! Sei lediglich etwas vorsichtiger in Zukunft. Für e i nen Mann in meinem Alter ist es gefährlich, am Steuer solchen Able n kungen ausgesetzt zu werden.«
    »Ich werde es versuchen«, sagte sie reumütig.
    »Diese alternative Persönlichkeit, Mentia – führst du mit der eigentlich Zwiegespräche?«
    »Sollte ich nicht?«
    »Meistens dominiert entweder die eine oder die andere Persönlichkeit. Unmittelbare Gespräche finden normalerweise zwischen ihnen nicht statt.«
    »Na ja, ich gebe ja meistens den Ton an. Aber sie hat sich abgespalten, als ich die abstoßende Tat vollbrachte, mir eine halbe Seele zu bescha f fen und mich zu verlieben. Sie ist die Hälfte ohne Seele, deshalb hängt sie an alten dämonischen Werten. Gnade Uns begnügt sich damit, sich mit mir meine Seelenhälfte zu teilen, wenn sie gerade den Ton angibt, deshalb hat sie eine Viertelseele. Aber Mentia ist neugierig und möchte gern wissen, was ich eigentlich