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Vogelfaenger

Titel: Vogelfaenger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kristina Dunker
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irgendwie unlogischen Sätzen erkläre ich ihr die Lage. Dabei höre ich, wie mein Vater im Hintergrund sagt: »Malte hat das Auto, Elvira. Wir können da nicht hinfahren.«
    »Dann müsst ihr euch ein Auto leihen.«
    »Woher sollen wir uns denn jetzt bitte ein Auto leihen?! Glaubst du, das geht so einfach? Weißt du, was das kostet? Der Papa hat auch den ganzen Tag gearbeitet. Warum fragt ihr nicht den Herrn Superkoch? Der hat doch sicherlich mehrere Luxuskarossen in seiner Garage stehen. Der soll mal seinen Chauffeur schicken und …«
    »Ida kann ihren Vater nicht erreichen«, rufe ich aufgeregt. Meine Eltern sind aber auch begriffsstutzig und kleinkariert eifersüchtig!
    Jetzt kommt mein Vater ans Telefon, wie immer, wenn meine Mutter nicht mehr weiterweiß. »Nele, ich hab dir in letzter Zeit schon öfter gesagt, dass du ruhiger werden musst. Was genau ist los? Erzählmir das noch mal. Notfalls müsst ihr zum Campingplatzbesitzer gehen, der soll dann die Polizei verständigen.«
    »Polizei? Es ist doch noch gar nichts passiert!«
    »Ja, eben.«
    Dieses Gespräch führt zu nichts. Wenn sie das Auto direkt vor der Tür stehen hätten, wenn es nicht schon so spät wäre, wenn ich etwas Konkretes vorzuweisen hätte, wenn nicht die Geschichte mit Tobias passiert wäre, wenn, wenn, wenn, dann würden sie vielleicht sogar kommen. Aber so endet das Telefonat damit, dass wir aufeinander aufpassen und zusammenbleiben sollen, dass wir uns auf Rocky verlassen und den Platzbesitzer oder die anderen Gäste ansprechen sollen, ein Auge auf uns und unsere Sachen zu haben. Das Wichtigste aber ist, dass ich mich nicht verrückt machen soll.
    »Ruf später, wenn ihr schlafen geht, noch mal an!«, zwitschert Mama in den Hörer und fügt hinzu: »Ihr seid doch große Mädchen, ihr wolltet allein Urlaub machen, jetzt schafft ihr das auch.«
    »Ja, klar«, antworte ich ernüchtert und schalte das Handy aus. Kurz sehe ich meine Eltern vor mir, wie sie sich in unserem Wohnzimmer auf die mit drei Decken gemütlich gemachte Couch pflanzen und ihren Blick auf die Flimmerkiste richten, die über unserem toskanisch-rustikalen Kamin steht, der nie an ist und nur Platz wegnimmt. Plötzlich komme ich mir so überflüssig und ungeliebt vor wie dieses Teil.
    Ida – einen Arm um Rocky geschlungen, wie umsich an ihm festzuhalten – hat das ganze Gespräch mitbekommen und sieht mich traurig an. »Jetzt sitzen wir ganz schön in der Sch… Tinte.«
    Ich lache kläglich. »Aber auch dann sind wir noch höflich und nehmen keine Schimpfworte in den Mund.«
    »Scheiße«, heult sie, steht dann auf, ballt die Fäuste und sagt: »Also müssen wir das jetzt eben alleine durchstehen!«
    »Und das schaffen wir auch!«, rufe ich. So gefällt sie mir schon besser. So macht sie mir auch wieder Mut. »Ich schlage vor, wir schauen jetzt, wo die Jungs bleiben, grillen, putzen uns nach dem Essen richtig raus und gehen ganz locker zum Flussfest. Wir müssen nur gucken, wo ich Rocky lasse, vielleicht in Fabis Auto. Mensch, Ida, wenn wir zusammenbleiben, kann uns doch praktisch nichts passieren. Oder rennt der mit ’ner Knarre hier rum?«
    »Nein, das sicher nicht, aber …« Sie stockt.
    »Du musst mich schon einweihen, sonst haben wir keine Chance«, sage ich bedeutungsvoller, als ich es eigentlich meine, doch als ich sie ernst nicken sehe, weiß ich, dass das wirklich stimmt, dass wir jetzt aufeinander angewiesen sind.

24
    Da Fabi und Hannes noch nicht zurückgekehrt sind und wir auch nicht ohne sie für uns allein kochen wollen, ziehen wir eben das Rausputzen vor. Wirverschließen das Zelt so gründlich wie möglich, kleben wie Kletten aneinander und gehen, uns immer wieder misstrauisch umblickend, Schulter an Schulter zum Waschhaus. Unser einziges funktionierendes Handy hat Ida in ihrem Waschbeutel, ebenso die Portemonnaies, Taschenlampen und das Küchenmesser, das wir mithaben.
    »Ich hab nicht daran gedacht, Waffen einzupacken«, sage ich mit einem erschrockenen Blick auf Idas Ausrüstung und sie zuckt die Achseln.
    »Mir tut’s nur leid, dass ich dich nicht vorgewarnt hab. Ich fühle mich regelrecht verantwortlich.«
    »Nun übertreib aber nicht. Wie hättest du das denn ahnen können?«
    »Hätte ich schon. Er will mich einfach nicht gehen lassen. Vor ein paar Wochen habe ich definitiv Schluss gemacht, aber letztendlich versuche ich schon seit bald einem halben Jahr, ihn loszuwerden. Es gelingt mir aber nicht. Er schüchtert mich ein und schreckt auch

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