Vogelfrei
ihn. »Dylan! Wach auf! Los, beeil dich! Steh auf! Steh endlich auf!«
Schlaftrunken sprang Dylan vom Bett und tastete nach Brigid. Sie war nicht an ihrem gewohnten Platz, und er konnte sich kaum daran erinnern, wo er sich im Augenblick befand. Verärgert drehte er sich einmal um die eigene Achse und knurrte: »Tinkerbell! Was willst du nun schon wieder?«
Sinann lachte. »Dich über deine eigenen Füße stolpern sehen. Du bist wirklich ein gehorsames Bürschchen.« Ihr melodisches Kichern reizte ihn bis aufs Blut.
Er musterte sie einen Moment lang und schnaubte abfällig, doch dann kramte er Brigid aus seiner Truhe hervor, ehe er sich bäuchlings aufs Bett fallen ließ und den Dolch unter das Kopfkissen schob, wo er hingehörte. »Ich nehme an, du bist gekommen, um deinen Sieg auszukosten.«
»Welchen Sieg? Ich bin hier, um dir etwas zu geben. Von welchem Sieg sprichst du überhaupt?«
Er drehte sich auf die Seite. »Du hast gewonnen, Triumph auf der ganzen Linie. Ich werde gegen die Engländer kämpfen. Vermutlich bin ich in eineinhalb Jahren tot, falls Artair oder Coll mich nicht vorher erwischen. Herzlichen Dank, Tink«, schloss er sarkastisch.
Sinann zerrte am Deckel seiner Truhe. »Ich bin nicht schadenfroh, mein Freund. Mir ist durchaus bewusst, in welch misslicher Lage du steckst.« Ihre Flügel flatterten heftig, als sie versuchte, die Truhe zu öffnen.
Dylan setzte sich auf dem Bett auf und kam ihr zu Hilfe. Wonach suchst du denn?«
Sie steckte den Kopf in die Truhe, förderte seinen sporran zu Tage, flatterte auf und ließ sich, die Tasche fest umklammernd, auf der Vorhangstange über seinem Bett nieder.
»Hey!«
»Ich bin nicht hinter deinem Geld her, du Schwachkopf. Wo ist die Brosche, die du getragen hast, als du hierher gekommen bist?«
»In der Tasche. Was willst du damit?«
Sie fand die Brosche, hielt sie hoch und ließ die Tasche achtlos auf die Matratze fallen. Die darin enthaltenen Münzen klimperten laut. Dylan stützte sich auf die Ellbogen und sah zu, wie sie die Brosche in beide Hände nahm und den Kopf senkte.
»Was, zum Teufel ...«
»Schscht.« Sinann hielt die Brosche in die Höhe und begann, leise vor sich hin zu murmeln. Nach einiger Zeit fing der Stahl in ihren Händen an zu glühen. Das Licht wurde immer heller, bis Dylan die Augen zusammenkneifen musste, um nicht geblendet zu werden. Nachdem es wieder erloschen war, nahm Sinann neben Dylan auf der Matratze Platz und streckte ihm die Brosche hin.
»Was hast du da gerade gemacht, Tink?« Dylan traute ihr nicht über den Weg, schon gar nicht, wenn es um Magie ging.
»Diese Brosche ist jetzt ein mächtiger Talisman. Sie bedeutet dir doch etwas, oder? Sie ist das Symbol deines Clans.«
Dylan nickte.
»Der Clan schützt dich. Niemand kann ohne die Unterstützung seiner Familie überleben.«
Wieder stimmte Dylan ihr zu. »Was hast du denn nun mit meiner Brosche angestellt?«
»Sie wird dich jetzt genauso beschützen, wie der Clan das tut. Wenn du sie trägst, können dich die, die dir Böses wollen, nicht sehen.«
Dylan nahm die Brosche wieder an sich. »Mich nicht sehen? Du meinst, sie macht mich unsichtbar?«
»Vollkommen unsichtbar - solange du dich nicht von der Stelle rührst.«
Er hatte schon geahnt, dass die Sache einen Haken hatte. »Unbemerkt Leute auszuspionieren fällt damit wohl flach, nehme ich an.«
»Allerdings. Mit der Brosche verhält es sich wie mit deinem Clan. Der Schutz wirkt nur, wenn du an Ort und Stelle bleibst.«
Dylan kicherte. »Aha, ein Wink mit dem Zaunpfahl. Aber beruhige dich, ich habe vor, noch geraume Zeit hier in der Gegend zu verbringen.«
Sinann lachte vor Freude laut auf und flatterte mit ausgebreiteten Armen in die Höhe. »O ja!«, rief sie ins Leere. »Du wirst den Mathesons zu einem großen Sieg über die Engländer verhelfen!«
Dylan grunzte, rollte sich auf den Bauch und vergrub das Gesicht in den Armen.
Beim Abendessen saß er neben Cait, und obwohl alle Anwesenden ihn anstarrten, gelang es ihm nicht, sein glückliches Grinsen zu unterdrücken, sosehr er sich auch bemühte. Caits sonniges Lächeln erwärmte sein Herz; er konnte den Blick einfach nicht von ihr wenden.
Zum ceilidh ah diesem Abend hatten sich die Mathesons nahezu vollständig eingefunden, und als Iain Mór sich erhob, um die Neuigkeit zu verkünden, schien jeder schon zu wissen, was kommen würde. Dylan saß breitbeinig auf einer Bank. Cait hatte es sich zwischen seinen Knien bequem gemacht und kuschelte
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