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Vogelfrei

Titel: Vogelfrei Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julianne Lee
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langsam, dann fragte er nach der Ricke.
    »Malcolm hat sie niedergestreckt, und Coll hat sie mit seinem Schwert getötet. Wir werden ein paar Tage hier bleiben, bis du dich ...«
    »Mir geht es gut. Ich kann den Rückweg sofort antreten.«
    »Möchtest du nicht lieber ...«
    Dylan bemühte sich, seiner Stimme einen festen Klang zu verleihen, obwohl er seine eigenen Worte nur wie aus weiter Ferne hörte. »Ich möchte zur Burg zurück.«
    »Nun gut«, gab Iain nach, »im Morgengrauen brechen wir auf.«
    Dylan musterte den glücklosen Artair scharf und schwor sich, ihn in Zukunft im Auge zu behalten.

15.
    Der Marsch zurück zur Burg fiel Dylan schwer. Die ganze Zeit musste er gegen seine Benommenheit ankämpfen: Er konzentrierte sich mit aller Kraft darauf, bei Bewusstsein zu bleiben und einen Fuß vor den anderen zu setzen, und als sie sich Ciorram näherten, ließ die Übelkeit allmählich nach. Dafür hatte ihn eine bleischwere Müdigkeit überkommen. Artair und Coll trugen die an einer Stange aufgehängte Ricke zwischen sich, und bei jeder sich bietenden Gelegenheit witzelte Artair darüber, dass aus der Gruppe nur er und sein Bruder in bester körperlicher Verfassung seien. Bei Sonnenuntergang hätte Dylan beiden mit Wonne den Hals umgedreht, und Iain befahl Artair, endlich den Mund zu halten, sonst werde er persönlich ihn ihm stopfen.
    Ihre Ankunft in der Burg löste allgemeine Aufregung aus. Von überall her strömten Leute herbei, um die Beute zu bestaunen und Dylan über seine Verwundung auszufragen. Die Ricke wurde in die Küche geschafft, um dort gehäutet und zerlegt zu werden, Artair und Coll verschwanden eilig, und Malcolm folgte Iain in die große Halle, wo der Laird seinen Clansleuten vom Verlauf der Jagd berichtete. Dylan nahm die besorgten Fragen nach seinem Befinden nur am Rande wahr, denn er hielt in der Menge nach Cait Ausschau.
    Plötzlich drang ein schriller Schrei an sein Ohr. Er drehte sich um und sah, wie Sarah sich mit weit aufgerissenen Augen einen Weg durch die Zuhörerschaft bahnte. »Dylan! O nein, Dylan!« Bei ihm angelangt, warf sie ihm die Arme um den Hals und begann zu schluchzen.
    »Sarah ...« Behutsam machte er sich von ihr los und hielt ihre Hände fest, damit sie nicht erneut nach ihm greifen konnte. »Sarah, so beruhige dich doch.«
    Ihr Schluchzen wurde nur noch lauter. »Du bist verwundet!«
    »Halb so schlimm.« Am liebsten hätte er ihr gesagt, sie habe keinerlei Recht, sich dermaßen anzustellen, aber er wollte auch nicht zu hart zu ihr sein. Obwohl ihn ihr Gejammer in Verlegenheit brachte, rührte ihn ihre offensichtliche Sorge um ihn. Wieder hielt er nach Cait Ausschau. Er wollte Sarah so schnell wie möglich loswerden. »Wo ist Caitrionagh?«, fragte er.
    »Ich bin hier.« Cait stand direkt hinter ihm. Dylan schob Sarah von sich, drehte sich um und nahm Cait in die Arme. Sie flüsterte in sein gesundes Ohr: »Bist du sicher, dass du nichts Besseres zu tun hast, als mich zu begrüßen?«
    Im ersten Moment war er nicht sicher, ob die Bemerkung wirklich scherzhaft gemeint war, doch als sie schelmisch lächelte, atmete er auf. Er küsste sie lange, dann sagte er leise: »Beinahe wäre ich nicht mehr zu dir zurückgekommen. Ein Glück, dass dein Onkel ein so miserabler Schütze ist.«
    »Mir wurde gesagt, mein Vater ...«
    »Nein, es war Artair.«
    Sie schwieg eine Weile, dann sagte sie mit leiser, ängstlicher Stimme: »Wenn der es auf dich abgesehen hat, wird er nicht eher ruhen, bis einer von euch beiden tot ist.«
    Dylan küsste sie und drückte ihre Hände. »Keine Angst, mir wird nichts geschehen.« Doch ihre Augen blickten noch immer voller Sorge.
    Später am Abend, als er die Kerzen ausgeblasen hatte und im Dunkeln auf seinem Bett lag, dachte er über Sarah nach. Irgendetwas war da faul, und er nahm an, dass Si-nann dahinter steckte. Leise rief er ins Dunkel: »Tink!«
    Keine Antwort.
    »Tinkerbell!«
    Immer noch keine Reaktion.
    »Ich weiß, dass du da bist.« Sie war ihm in die Kammer gefolgt, ehe sie verschwunden war, wie sie es immer tat, wenn er zu Bett ging. Er wusste nicht, ob sie die ganze Nacht lang bei ihm blieb, aber wenn er sich schlafen legte, war sie immer da.
    Von der Vorhangstange her erklang ihre Stimme: »Was ist denn? » »Was hast du mit Sarah gemacht?«
    Eine lange Pause entstand. Gerade als Dylan seine Frage wiederholen wollte, erwiderte sie: »Sie hätte sich ohnehin in dich verliebt.«
    Er seufzte. »Was hast du getan?«
    »Es war nur ein

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