Vogelfrei
Angst und vor Kälte am ganzen Leibe. Er hielt die Kette straff gespannt, damit sie nicht klirrte, und atmete tief und gleichmäßig durch.
Bedford umkreiste Dylan mit langsamen Schritten. »Wir alle wissen doch, dass Iain Matheson von Ciorram mit den Jakobiten sympathisiert. Ihr wisst es, ich weiß es, sogar die Hottentotten in Afrika wissen es. Wir haben ihn allein deshalb bislang noch nicht verhaftet und sein Land konfisziert, weil er sich weitgehend zurückgehalten und uns noch keine ernsthaften Schwierigkeiten gemacht hat.«
»Und weil der Spion, den Ihr in der Burg sitzen habt, Euch noch nicht genügend Informationen geliefert hat«, fügte Dylan hinzu.
Bedford hüstelte und sprach weiter, ohne auf Dylans Bemerkung einzugehen, aber seine Stimme klang nun merklich schärfer. »Jedenfalls haben wir guten Grund zu der Annahme, dass Euer Laird zu einer Rebellengruppe gehört, die in den Highlands ein Nachrichten- und Versorgungsnetz aufgebaut hat. Ich will die Namen von Iain Mathesons Gesinnungsgenossen wissen. Ich will wissen, welche Decknamen sie benutzen, wenn sie ihre aufrührerischen Machenschaften planen, und ich will wissen, wer geheime Informationen an die Jakobiten weitergibt.«
Dylan hätte beinahe vor Überraschung nach Luft geschnappt, bezwang sich aber. Ramsay! Bedford sprach von Connor Ramsay. Völler Wonne malte Dylan sich aus, wie er Bedford alles über diesen Mann erzählte. Ramsay würde verhaftet und vielleicht sogar hingerichtet werden. Cait würde frei sein, und er auch. Schon öffnete er den Mund, um zu einer Antwort anzusetzen, doch dann dachte er an die möglichen Folgen seines Tuns.
Wenn er Ramsay des Verrats bezichtigte, würde er dadurch zugleich auch Iain Matheson, den Empfänger der Informationen, ans Messer liefern. Beide würden gehängt und ihr gesamter Besitz konfisziert werden. Cait würde alles verlieren: ihren Vater, ihr Heim und auch ihren Mann. Außerdem würden sämtliche Pächter aus Glen Ciorram vertrieben werden und ein Leben in bitterer Armut fristen müssen. Dylan konnte den Clan nicht diesem Schicksal ausliefern. Er holte tief Luft, dann sagte er: »Ich weiß nichts, absolut nichts.«
Bedford seufzte, schwieg einen Moment, als müsse er nachdenken, und meinte dann bedächtig: »Ich bin nicht sicher, ob Ihr begreift, in welcher Lage Ihr Euch befindet, Matheson. Seht Ihr, Ihr werdet nämlich nicht vor Gericht gestellt werden. Ihr werdet auch nicht gehängt. Im Grunde genommen seid Ihr gar nicht hier. Was die Bewohner dieses gottverlassenen Nestes betrifft, das Ihr als Eure Heimat betrachtet - für die seid Ihr auf dem Weg hierher an Wundbrand gestorben und irgendwo verscharrt worden, wo noch nicht einmal ein Stein Euer Grab markiert.
Ihr seht also, wir können Euch bis zum Jüngsten Tag hier behalten, ohne befürchten zu müssen, dass Eure Verwandten Gnadengesuche für Euch einreichen. Niemand wird Euer Schicksal öffentlich anprangern, wir haben also keinerlei Konsequenzen zu erwarten. Euer Leben liegt jetzt in meiner Hand.« Er kicherte böse. »Nicht, dass es noch besonders viel wert wäre ...«
Dylan erwiderte nichts darauf. Bedfords Spott hatte er nichts entgegenzusetzen, und überdies loderte in den Augen des Offiziers ein Hass auf, für den er keine Erklärung fand.
Der Captain fuhr fort: »Die meisten Männer in Eurer Situation würden mir mit Freuden alles erzählen, was sie wissen. Nur wenn Ihr redet, habt Ihr eine Chance, mit dem Leben davonzukommen. Außerdem ist es allgemein bekannt, dass die Schotten keine Skrupel haben, sich gegenseitig an ihre Feinde auszuliefern, ihr seid und bleibt nun einmal eine Rotte von unzivilisierten Barbaren. Vielleicht interessiert es Euch, dass es Euer junger Verwandter gar nicht erwarten konnte, Euch im Gefängnis zu sehen. Kam höchstpersönlich zu mir und berichtete, Ihr würdet Geheimberichte nach Killilan schmuggeln. Leider handelt es sich bei diesen Briefen um bloße Hetzschriften, die zwar ausreichen, um Euch an den Galgen zu bringen, aus denen aber nicht die Namen der wirklich Schuldigen hervorgehen. Aber da ich ein Mann bin, der glückliche Gelegenheiten beim Schopf zu fassen versteht, habe ich Euch trotzdem verhaftet. Vielleicht seid Ihr mir ja doch noch nützlich.«
Dylan biss sich auf die Unterlippe und schwieg beharrlich.
Nach einer langen Pause, während der Bedford unsichtbare Staubkörner von seinem Uniformrock klopfte und Dylans Anwesenheit völlig vergessen zu haben schien, sagte der Offizier endlich:
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