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Vogelfrei

Titel: Vogelfrei Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julianne Lee
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Schotten gleich welchen Geschlechts anrühren. Dass meine Vorlieben ohnehin nicht in diese Richtung gehen, brauche ich wohl nicht zu erwähnen.« Er nickte dem Soldaten zu, schlenderte zu dem Tisch hinüber, lehnte sich dagegen und fuhr fort: »Da Ihr Euch so wenig kooperationsbereit zeigt, bleibt mir nichts anderes übrig, als Euren Widerstand mit Gewalt zu brechen. Denkt immer daran, dass Ihr das, was Euch gleich geschieht, allein Euch selbst zuzuschreiben habt.« Mit einer knappen Geste winkte er den Soldaten zu sich heran.
    Tief fraß sich die Peitschenschnur in Dylans Rücken ein. Der sengende Schmerz entlockte ihm einen unterdrückten Aufschrei, seine Knie gaben unter ihm nach, und einen Augenblick lang hing er wie paralysiert vor Qual an den Handgelenken, ehe er wieder Boden unter die Füße bekam. Wiederholt nickte Bedford, die Peitsche pfiff durch die Luft, wieder verlor Dylan den Halt. Mit zitternden Armen zog er sich an dem Pfahl hoch, doch da traf ihn auch schon der dritte Hieb.
    Bald wünschte er sich nichts sehnlicher, als das Bewusstsein zu verlieren. Jeder von geübten Händen ausgeführte Schlag traf einen bislang unversehrten Teil seines Rückens. Die Haut platzte auf, Blut durchtränkte die Peitschenschnur und bewirkte, dass sie sich tiefer und immer tiefer in sein Fleisch fraß. Schon bald hatte sich im Stroh zu seinen Füßen eine dunkle Pfütze gebildet, in der seine Füße immer wieder ausglitten. Die Schläge erfolgten in unregelmäßigen Abständen, jeder traf ihn vollkommen unvermutet und jagte neue Schmerzwellen durch seinen Körper, bis sich ein roter Schleier vor seine Augen senkte und er bereit war, den Tod als Erlöser willkommen zu heißen.
    Mit fest zusammengekniffenen Augen versuchte er, den Schmerz auszuschalten. Er konzentrierte all seine Gedanken auf Cait; auf ihre weiche Haut, ihre melodische Stimme und die Gefühle, die ihre Berührungen in ihm ausgelöst hatten. Sein Geist löste sich von seinem Körper, trieb fort von Fort William, den Rotröcken und der Peitsche, die erbarmungslos auf ihn niederzischte. Allmählich ließ der Schmerz nach.
    Als Bedford zufrieden oder einfach nur der Sache überdrüssig geworden war, befahl er, eine Pause einzulegen, und verließ den Raum; sein Folterknecht blieb an der Tür stehen, die aufgerollte Peitsche in der Hand. Schlagartig wurde Dylan wieder in die Gegenwart katapultiert, und im selben Moment kehrte auch der Schmerz mit Macht zurück. Er schlang die Arme um den Pfahl, um seine Schultergelenke zu entlasten, und presste den Mund fest gegen das Holz, um zu verhindern, dass sich ihm auch nur ein einziger Laut entrang. Er fürchtete, den Sassunaich alles zu verraten, was sie wissen wollten, wenn er etwas sagte. Tränen traten ihm in die Augen, rollten über seine Wangen und brannten salzig in seinem Mund. Er achtete nicht darauf, er achtete auf gar nichts mehr. Die Loyalität gegenüber seinem Volk lag ihm im Blut, das wusste er, und daran konnte auch die Tatsache, dass er in Amerika geboren und aufgewachsen war, nichts ändern. Er würde lieber sterben, als Cait und ihre Familie an die Rotröcke zu verraten.
    Die Zeit verstrich. Wasser wurde gebracht, der Wachposten abgelöst. Die Welt um Dylan wurde grau, und er fiel in einen schwerelosen Zustand zwischen Benommenheit und Schlaf. Zwar trugen ihn seine Beine jetzt wieder, doch er hielt noch immer den Pfahl umklammert, um seine inneren Organe zu schützen. Das Holz fühlte sich glatt und samtig an seinem Bauch an, blank poliert von den Leibern unzähliger anderer Opfer. Er fragte sich müßig, wie viele Männer hier wohl schon ihr Leben ausgehaucht haben mochten.
    Eine eisige Kälte hatte sich in seinem Inneren ausgebreitet; seine Zähne klapperten unaufhörlich, ohne dass er etwas dagegen tun konnte. Das angetrocknete Blut auf sei- nen Gesäßbacken und Beinen rief einen quälenden Juckreiz hervor, auch wurden seine geschundenen Muskeln allmählich steif.
    Und er wartete.
    Ihm war, als habe er sein ganzes Leben an diesem Ort verbracht, als sei seine ganze Existenz auf diese Stunden der Qual zusammengeschrumpft. Hier und jetzt, das war die Ewigkeit. Aber wie lange befand er sich wirklich schon in diesem Raum? Verzweifelt zermarterte er sich den Kopf, um sich zu erinnern. Auf einmal erschien es ihm unendlich wichtig zu wissen, welches Datum man heute schrieb. Wenn ihm das Datum des heutigen Tages wieder einfiel, dann war das der Beweis, dass die Außenwelt noch existierte und er ein Teil von

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