Vogelfrei
gestatten. »Lieber nicht«, winkte er ab. »Es ist ein Familienerbstück. Mein Ur-Ur-Ur...« Er hielt einen Moment inne und zählte an den Fingern ab. »Na ja, einer meiner Vorfahren diente zu Regierungszeiten von Königin Anne in der englischen Armee und erbeutete dieses Schwert irgendwo in Schottland. Bis vor zehn Jahren hing es in Kent, in dem Haus, in dem mein Großvater aufwuchs. Als sein Bruder starb, bat mein Großvater seine Neffen, ihm die Waffe zu überlassen, weil er sie später mir übergeben wollte.«
»Eigentlich gehört dieses Schwert in ein Museum.« Dylan konnte die Augen nicht von der herrlichen Waffe losreißen.
»Da kommt es hin, wenn ich mal das Zeitliche gesegnet habe, es sei denn, einer meiner Söhne möchte es behalten.« Bedford hatte eine eigentümliche Art zu sprechen; klar und deutlich, aber mit so lang gezogenen Vokalen, dass es schon fast träge klang. Er war der ruhigste und ausgeglichenste Yankee, den Dylan je gesehen hatte.
»Wie haben Sie das Schwert denn über die Grenze geschafft? Die Ausfuhr von Antiquitäten aus England ist doch sicherlich verboten?«
Bedford grinste und antwortete mit passablem englischen Akzent: »Hab's mir in den Hintern geschoben und rausgeschmuggelt.«
Dylan und seine Begleiter lachten, dann sah Dylan dem Mann offen in die Augen und sagte: »Ich möchte das Schwert für mein Leben gern einmal in die Hand nehmen. Wie viel verlangen Sie für fünf Minuten?«
Die Frage hatte nicht das erwartete Gelächter zur Folge, stattdessen musterte Bedford ihn aus schmalen Augen. »Ich habe mir vorhin Ihre Vorführung angeschaut. Sie sind gar nicht schlecht. Sind Sie Schwertkampfexperte oder so was?«
Dylan spitzte interessiert die Ohren. »Ja, ich gebe sogar Unterricht.«
»Wie wär's dann mit einer kleinen Sparringsrunde? Kampf bis zum ersten Treffer. Wenn Sie mich besiegen, dürfen Sie mein Schwert aus dem Kasten nehmen.«
»Und wenn Sie gewinnen?« Dylan schätzte den Mann rasch als potenziellen Gegner ab: hoch gewachsen, breitschultrig, große, kräftige Hände, wendig und beweglich.
Bedford grinste. »Dann gewinne ich eben. Wir tun so, als ob wir einen weiteren Schaukampf vorführen, damit sich die Versicherungsfritzen nicht in die Hose machen.«
Dylan wusste sehr wohl, auf was er sich da einließ. Sparring ohne entsprechende Sicherheitsvorkehrungen war nie ganz ungefährlich, aber gerade in der Gefahr bestand ja der Reiz eines solchen Kampfes. Dylan erklärte sich sofort einverstanden und verschob jeden Gedanken an mögliche böse Folgen auf später.
Sie gingen hinüber zu einem leeren Feld direkt hinter dem Eingang. Dylan ließ das Schwert an seiner Seite durch die Luft kreisen. Adrenalin strömte durch seine Adern, sein Puls beschleunigte sich, und seine Muskeln vibrierten vor Vorfreude auf den Kampf. lief sog er die frische Herbstluft in seine Lungen. Ein Schauer lief ihm über den Rücken, und ein leises Lächeln spielte um seine Lippen.
Bedford schwang ein italienisches Langschwert über seinen Kopf, um sich warm zu machen. Dylan hielt es für eine Kopie; eine echt antike Waffe wie diese war zu wertvoll, um in einem Kampf eingesetzt zu werden. Sein eigenes Schwert war leichter und besser zu handhaben, aber die Klinge des Italieners war länger, was hieß, dass sein Gegner eine größere Reichweite hatte. In einem richtigen Kampf konnte dieses Schwert großen Schaden anrichten, aber hier ging es nur um Treffer; sie würden mit der flachen Klinge zuschlagen, daher konnte eigentlich nicht allzu viel passieren.
Hoffentlich. Dylan wurde das unangenehme Gefühl nicht los, dass heute Blut fließen würde.
Die beiden Gegner stellten sich auf, nahmen Haltung an und kreuzten die Klingen. Bedford wirkte selbstsicher und entspannt, fast schon überheblich, als sei er von seinem Sieg überzeugt. Blitzschnell griff er an. Dylan parierte seine Hiebe, konnte aber nicht verhindern, dass er fast bis zur hinteren Linie zurückgetrieben wurde. Wieder und wieder prallten die Schwerter klirrend aufeinander, dann täuschte Dylan einen Scheinangriff vor, sprang beiseite und griff Bedford von der Seite an. Dieser parierte, Dylan unternahm einen neuen Vorstoß, nur um abermals zurückgeschlagen zu werden. Daraufhin wich Bedford zurück, um sich Luft zu verschaffen, aber Dylan drang augenblicklich wieder auf ihn ein. Er hatte nicht die Absicht, dem Gegner eine Verschnaufpause zu gönnen.
Bedfords Schwert pfiff durch die Luft. Er handhabte die mächtige Waffe mit
Weitere Kostenlose Bücher