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Vogelfrei

Titel: Vogelfrei Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julianne Lee
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vergleichen ließen. Einige Gipfel verschwanden gar in den tief hängenden Wolken, andere hoben sich bedrohlich von dem dunkelvioletten, sternenübersäten Himmel ab.
    Ein scharfer Geruch nach verbranntem Holz stieg ihm in die Nase, und als er sich umdrehte, sah er die verkohlte Ruine einer ... Scheune vielleicht? »Ach du grüne Neune«, brummte er. »Was ist denn bloß passiert?«
    In der Ferne war Stimmengewirr zu hören. Er blickte auf und sah schattenhafte Gestalten auf sich zukommen. Vier oder fünf Männer, die sich ihm rasch näherten. Ausgezeichnet. Vielleicht konnte ihm einer von ihnen ein paar Fragen beantworten.

3.
    Die Männer sahen aus wie Nachzügler von dem Festival, alle trugen Kilts und Leinenhemden. Authentische Kleidung, wie Dylan feststellte, als sie näher kamen. Es beeindruckte ihn, dass sie sich in ihren Kilts so unbefangen bewegten, als hätten sie nie etwas anderes getragen. Zögernd ging er auf sie zu, aber sie achteten nicht auf ihn, ihre Aufmerksamkeit galt etwas anderem.
    Einer von ihnen, ein großer, rotnackiger Kerl mit blonden Haaren und einem schmutzig blonden Bart, sagte etwas, was Dylan nicht verstand, und kniete neben einem schwarzen Bündel am Boden nieder. Der Mond war inzwischen aufgegangen, spendete aber nur schwaches Licht. Dylan erkannte, dass zwei der anderen Männer sehr jung waren, fast noch Teenager; ihre Stimmen klangen unsicher und zittrig. Der vierte Mann war wesentlich älter als die anderen und groß und hager.
    Alle vier flüsterten so leise miteinander, dass Dylan nur das Wort Sassunach aufschnappen konnte. Dieser abfällig gemeinte Begriff bedeutete >Engländer< und gehörte zu den wenigen gälischen Worten, die Dylan kannte. Er fragte sich, ob diese Burschen das Festival nicht vielleicht eine Spur zu ernst nahmen. Immer noch klammerte er sich an den Gedanken, sich tatsächlich noch im Park bei den Highland Games zu befinden, obwohl ihm klar war, dass hier einige sehr merkwürdige Dinge vor sich gingen. Nun, da die Sonne untergegangen war, musste er schleunigst zusehen, dass er zu seinem Auto kam, um nach Hause zu fahren. Natürlich nur, wenn es ihm gelang, Ronnie zu finden, denn der hatte ja die Schlüssel.
    »Hey!«, rief er, als er die Männer fast erreicht hatte.
    Alle vier blickten erschrocken auf. »Och!«, entfuhr es dem Rotnackigen, er sprang auf und über das Bündel hinweg auf Dylan zu. Die anderen unterhielten sich aufgeregt, was in Dylans Ohren wie sinnloses Gebrabbel klang, und der große Bursche zog einen Dolch aus dem Gürtel und fuchtelte bedrohlich damit herum.
    Sogar in dem schwachen Licht konnte Dylan sehen, dass der Mann mit Sicherheit nicht vorhatte, ihm zur Begrüßung die Hand zu schütteln. Dylans Augen weiteten sich, er blockte den Angriff ab, packte den Arm, der das Messer hielt, und warf den Gegner über seine Hüfte zu Boden. Rotnacken war erstaunlich behände für seine Größe; noch im Fallen trat er Dylan mit aller Kraft in die Nierengegend, dann schlug er mit dumpfem Klatschen auf der Erde auf.
    Einen Moment lang wurde es Dylan schwarz vor Augen. Wäre es ihm nicht gelungen, den Dolchstoß abzuwehren, hätte ihn die Klinge direkt ins Herz getroffen. Schlagartig ging ihm auf, dass der Kerl versucht hatte, ihn zu töten. Sparringskämpfe hatte Dylan schon häufig bestritten und sich dabei auch nie allzu zimperlich angestellt, aber er war noch nie gezwungen gewesen, wirklich um sein Leben zu kämpfen. Energisch schüttelte er den unerfreulichen Gedanken ab, holte tief Atem und bereitete sich auf den nächsten Angriff vor.
    Rotnacken rappelte sich hoch und ging erneut auf ihn los, doch wieder blockte Dylan ab. Er bekam den Angreifer am Arm zu packen, ließ sich rücklings zu Boden fallen und riss Rotnacken mit sich, dann trat er ihm wuchtig in den Magen und stieß ihn von sich.
    Nun sah sein Widersacher rot. Er holte schon mit dem Dolch aus, noch ehe er wieder auf den Füßen stand. Dylan sprang zurück und blickte sich suchend um, hoffte, irgendetwas zu finden, was sich als Waffe verwenden ließ, aber da war nichts, noch nicht einmal ein starker Ast oder ein Stein.
    Er sah, dass die anderen drei Männer Anstalten machten, ihn zu umzingeln, und wich zurück, damit sie ihm nicht in den Rücken fallen konnten. Wieder stürmte Rotnacken mit gezücktem Dolch auf ihn los. Dylan empfing ihn mit einem Tritt in den Magen, der den Angreifer zurücktaumeln ließ. Dann drehte er sich zu den anderen dreien um und hob die Hände. »Moment mal. Was

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