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Vogelfrei

Titel: Vogelfrei Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julianne Lee
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übermütiger.
    »Auf dass Argyll mit George im Bett ertappt wird und wegen Verrats baumeln muss!«
    »Auf Argylls Nasenhaar! Möge es üppig wuchern!«
    »Auf das Geschwür an Montroses Arsch! Möge es wachsen und gedeihen!«
    »Auf dass George in seine Latrine fällt und darin ersäuft!« Die Männer lachten, bis ihnen die Tränen über die Wangen strömten.
    Das Trommelgedröhn, das in der Ferne ertönte, dämpfte die ausgelassene Stimmung ein wenig, kündigte es doch das Herannahen englischer Truppen an. Prickelnde Erregung durchströmte Dylan, und er fragte sich, ob es wohl zu einem Kampf kommen würde. Seine Finger schlossen sich um das Heft seines Schwertes - er war bereit. Doch Rob ergriff das Wort und hob erneut seinen Becher. »Auf das Wohl der tapferen Burschen, die diesem Hund von Steuereintreiber das Ohr abgeschnitten haben!« Unter röhrendem Beifall tranken die Männer ihm zu, dann flohen sie in alle Himmelsrichtungen.

20.
    Im November setzte Schneefall ein, und nach einem letzten Überfall in der Gegend um Menteith stellte Rob seine Raubzüge ein. Dylan und seine Barackengenossen erhielten nur selten Gelegenheit, sich ein paar Pennys zu verdienen; sie blieben in ihrer Unterkunft und wurden von Rob gut verpflegt, doch das Bargeld blieb aus. Dylan hatte ein paar Shilling in seinem Leinenbeutel gehortet, dazu kam sein Anteil aus dem Viehverkauf. Er hütete sein Geld wie seinen Augapfel.
    Murchadh und Cailean, deren Frauen in den Trossads lebten, verbrachten den Winter zu Hause, und so blieben nur Dylan, Alasdair Og und Seamus Glas übrig. Fast jeden Abend fanden sich die drei in Robs Steinhaus ein, die Tradition des ceilidh wurde hier ebenso gepflegt wie in anderen Landesteilen, und jeder, der die umliegenden Häuser zu Fuß erreichen konnte, schaute ab und zu bei seinen Nachbarn vorbei.
    Diese Unterhaltungen bildeten die einzige Abwechslung in dem eintönigen Alltag der Männer, und so war es nicht weiter verwunderlich, dass jeder Neuankömmling freudig begrüßt und nach allen Regeln der Kunst ausgefragt wurde. So wurde berichtet, dass Zwangsräumungen jetzt den liebsten Zeitvertreib der Whigs darstellten. Öffentliche Sympathiebekundungen für James waren an der Tagesordnung und wurden häufig gar nicht mehr geahndet; ganz Schottland lebte in der Erwartung eines neuen Jakobitenaufstandes.
    Der Winter verstrich, und die Unruhe wuchs.
    Ende Februar saß Dylan eines Abends auf seiner Pritsche und schärfte sein Schwert; das war zwar nicht nötig, aber er hatte sonst nichts zu tun. Plötzlich hörte er Stimmen draußen vor der Baracke; er blickte auf und sah, wie die Tür aufflog und Schneeflocken hereinwirbelten. Alasdair Roy trat ein, in seiner Begleitung ein junger Mann, dessen Gesicht Dylan merkwürdig bekannt vorkam.
    »Mac a'Chlaidheimh, besorg diesem Burschen hier eine Decke und etwas zu essen.« Ehe Dylan etwas erwidern konnte, war Alasdair schon wieder verschwunden.
    »Aye«, rief Dylan ihm nach, dann starrte er den Besucher an: Dieses Gesicht hatte er schon einmal gesehen. Der Neuankömmling nickte ihm zu und legte sein Bündel auf eine leere Pritsche. Dylan musterte ihn immer noch forschend, und plötzlich kehrte die Erinnerung zurück. Er legte sein Schwert beiseite und sprang auf. »Robin!«
    Robin Innis blinzelte im Dämmerlicht, doch endlich erkannte er den jetzt glatt rasierten Dylan wieder. Seine Augen wurden groß, er sprang auf, um dem Freund die Hand zu schütteln, dann umarmte er ihn heftig. »A Dhilein! Du lebst! Dem Herrn sei Dank! Es hieß, du wärst am Wundbrand gestorben, ehe du die Garnison erreicht hättest.«
    Dylan lachte. »Wie du siehst, bin ich nicht tot. Die Sassunaich hatten mich aber fast so weit, dass ich es mir gewünscht hätte. Was tust du denn hier?«
    Robin sah sich in der Baracke um. »Ich übernachte hier. Ich bin unterwegs, um für Iain Mór Botschaften zu überbringen.«
    Dylan ließ sich auf seine Pritsche sinken und bedeutete Robin, sich einen Stuhl heranzuziehen. »Was gibt es Neues in Tigh a'Mhadaidh Bhàin?«
    Robin nahm Platz, dann berichtete er ausführlich über die jüngsten Todesfälle in Glen Ciorram. Auch Marsaili war gestorben; einerseits stimmte diese Nachricht Dylan traurig, andererseits war er erleichtert, denn sie hatte so lange gelitten. Ihre älteste Tochter arbeitete in der Burgküche, sie hatte den Platz eines Mädchens eingenommen, das im August geheiratet hatte. Der Junge war bei Tormod, dem Schmied, in der Lehre. Zwei Kinder waren in

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