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Vogelfrei

Titel: Vogelfrei Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julianne Lee
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Jakobitenaufstand mehr gegeben.«
    Ein seltsames Licht leuchtete in den Augen der Fee auf; ein Licht, das Dylan Angst einjagte, obgleich er nicht recht wusste, weshalb. Ein leiser Zweifel klang in Sinanns Stimme mit, als sie sagte: »Seit damals nicht mehr? Und wie lange soll das jetzt her sein?«
    Dylans Augen wurden schmal. »Das weißt du nicht?«
    Die blassen Wangen der Fee röteten sich; Ärger blitzte in den blauen Augen auf. Sie stemmte die Hände in die Hüften und beugte sich vor. »Verrate mir doch bitte, wie viele Jahre für dich seit diesem berühmten Aufstand von 1745 vergangen sind.«
    »Mehr als zweihundertfünfzig auf jeden Fall.«
    Ihr Gesicht verschloss sich, sie begann, etwas auf Gälisch vor sich hin zu murmeln, dann wandte sie sich abrupt ab.
    »Hey! Hey, Sinann! Kleine Fee!« Sie reagierte nicht.
    »Hey!«
    »Was ist?« Zögernd drehte sie sich wieder zu ihm um.
    »Warum bist du so überrascht? In welchem Jahr lebst du denn?« Ein leises Unbehagen beschlich ihn, als ihm bewusst wurde, was er da gerade gesagt hatte.
    Zuerst dachte er, sie würde ihm keine Antwort geben, aber schließlich murmelte sie: »Heute schreiben wir den ersten Tag im Oktober des Jahres 1713.« Dann fuhr sie mehr zu sich selbst fort: »Fast drei Jahrhunderte hat es gedauert, bis dieser claidheam mór dich ausfindig machen konnte! Das ist schlecht! Das ist furchtbar! Wäre doch nur dieser englische Bastard nicht zurückgekommen!«
    Dylan interessierte es nicht sonderlich, welchen englischen Bastard sie meinte. Er stieß ein gezwungenes Lachen aus. »Du machst dich über mich lustig, nicht wahr?«
    Sie funkelte ihn erbost an. »Lustig? Vielleicht findest du die ganze Angelegenheit lustig, ich jedoch vermag nicht darüber zu lachen.«
    Das Datum schien bedrohlich vor ihm aufzuragen, sobald er begriffen hatte. 1713. Er war nicht nur tausende von Meilen, sondern auch hunderte von Jahren von seiner Heimat entfernt. Nachdenklich musterte er seine Häscher. Er zweifelte nicht daran, dass die Fee die Wahrheit sprach. All diese Kleidungsstücke sahen so authentisch aus, weil sie echt waren. Diese Männer waren daran gewöhnt, Kilts zu tragen, deswegen bewegten sie sich so unbefangen darin. Plötzlich wurde ihm bewusst, in welcher Gefahr er schwebte. Rotnacken hatte vorhin ernsthaft versucht, ihn zu töten. Vielleicht gelang es ihm beim nächsten Mal.
    Er zischte der Fee zu: »Psst! Sinann! Sprich leise!«
    Sie blickte ihn mit einem geistesabwesenden Ausdruck an. »Wieso?«
    »Damit sie dich nicht hören.«
    »Keine Angst. Dich können sie hören, mich nicht.«
    »Wie das?«
    Seine Begriffsstutzigkeit schien sie zu ärgern. Gereizt zischte sie zurück: »Weil ich es nicht wünsche, deshalb!
    Über eine gewisse Macht verfüge ich immer noch, musst du wissen.«
    »Ich bin beeindruckt. Wie wäre es denn dann, wenn du beim nächsten Mal jemandem aus deinem eigenen Jahrhundert ein magisches Schwert auf den Hals hetzt?«
    »Glaub nur nicht, dass ich auf die Hilfe von Männern wie dir Wert lege. Du bist ja sogar innerhalb deines eigenen Clans in Schwierigkeiten geraten!«
    »Ich hab nicht darum gebeten, hierher geholt zu werden!«
    »Und ich wollte dich bestimmt nicht hier haben!«
    »Dann schick mich nach Hause!«
    Auf diese Forderung hin schnippte sie nur unwillig mit den Fingern und verschwand. Dylan sackte in sich zusammen und presste die Stirn gegen die Knie; er war so gut wie verloren.
    Doch der menschliche Geist hat nun einmal die Gabe, in Stresssituationen die seltsamsten Gedankensprünge zu vollziehen. So erging es auch Dylan, der sich plötzlich dabei ertappte, dass er an eine Zeichentrickserie dachte, die er als Kind oft gesehen hatte. Sie hatte von einer Schildkröte und einem Zauberer gehandelt; die Schildkröte geriet ständig in Schwierigkeiten, und am Ende einer jeden Folge musste der Zauberer sie daraus befreien. Ohne zu überlegen, murmelte er: »Na, komm schon, Zauberer, hilf mir hier raus ...«
    Aber nichts geschah, kein Zauberer schickte ihn mit einer Handbewegung ins 21. Jahrhundert und nach Tennessee zurück. Da er aber nicht vorhatte, sich kampflos in sein Schicksal zu ergeben, musste er wohl selbst etwas unternehmen. Vielleicht würde Rotnacken ihn umbringen, vielleicht auch nicht. Er holte tief Atem und rappelte sich hoch, obwohl es ihm mit seinen gefesselten Händen schwer fiel, das Gleichgewicht zu bewahren, dann fragte er laut: »Ciamar a tha sibh?«
    Die Männer verstummten und blickten ihn an. Auch die beiden

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