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Vogelfrei

Titel: Vogelfrei Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julianne Lee
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perverser Sterblicher herab, ehe sie sich wieder auf ihrem Stein niederließ und mit ihrer Geschichte fortfuhr. »Donnchadh vermählte sich zwei Mal. Seine erste Frau gebar ihm Iain, starb aber kurz darauf. Er heiratete erneut. Viele Kinder aus dieser Ehe starben kurz nach ihrer Geburt, nur Coll und Artair überlebten. Aber ich habe ihn über alles geliebt; mehr als irgendein Sterblicher, noch nicht einmal Donnchadh selbst, je verstehen kann. Ich liebte ihn, wie nur eine Fee zu lieben vermag, und so betrauere ich ihn jetzt auch. Nur er hat mein unnützes Leben lebenswert gemacht.«
    »Wie ist er denn gestorben?«
    Die Fee schloss einen Moment lang die Augen. »Donnchadh war ein Mann, der von seinen Leuten zugleich geliebt und gefürchtet wurde, so wie sein Sohn Iain heute. Er sorgte für seinen Clan, behandelte die Menschen gut und bewahrte sie vor Unheil. Eines Tages kam er zu diesem broch und bat um Hilfe, da zeigte ich mich ihm zum ersten Mal. Zwei Jahre nacheinander hatte eine große Dürre fast die gesamte Ernte vernichtet, und die Bewohner des Tals begannen langsam zu verhungern. In seiner Verzweiflung kam Donnchadh zu diesem Turm. Er hoffte, dort Hilfe zu finden.«
    »Und er fand dich.« Ein Hauch von Sarkasmus schwang in Dylans Stimme mit. Sinann runzelte missbilligend die Stirn.
    »Seit vielen Jahrhunderten, seit die Priester mit ihren Kirchen und ihrer Verachtung für die Kräfte der Natur immer mehr an Einfluss gewonnen hatten, hatte mich niemand mehr um Hilfe gebeten. Daher war ich sehr über- rascht, als der junge Laird kam und sich an die Sidhe wandte. Er war ein hübscher Bursche, so groß und kräftig wie du. Sein Haar glänzte wie poliertes Kupfer, seine Augen leuchteten so blau wie der See und gaben ebenso wenig Geheimnisse preis. Er war ein kluger Mann mit einem außergewöhnlichen Gespür für die wahre Natur mancher Dinge, das er aber leider nicht an seine Söhne weitergegeben hat. Er wusste, dass ich hier war, und er kam zu mir, weil seine Leute ohne meine Hilfe gestorben wären.«
    »Und? Hast du ihm geholfen?«
    »Selbstverständlich. Ich ließ es regnen.«
    Dylan kicherte und stupste die Pilze vor ihm mit der Spitze seines Schuhs an. »Du hast es in Schottland regnen lassen? Wie viele Menschen sind denn ertrunken?«
    Sie musterte ihn vorwurfsvoll. »Niemand, du Dummkopf. In diesem Jahr gab es eine gute Ernte, und der Clan gelangte wieder zu Wohlstand. Und das alles hatten die Menschen ihrem Laird zu verdanken, der weise genug war, dort um Hilfe zu ersuchen, wo er sie bekommen konnte.«
    »Und wie starb er?«
    Wieder verdüsterte sich ihr Gesicht. »Dieser rot berockte Bastard hat ihn auf dem Gewissen; der, der immer so steif auf seinem Pferd hockt, als hätte er einen Ladestock verschluckt, und die Nase gar nicht hoch genug tragen kann. Bedford heißt er. Damals war er noch Lieutenant und hatte gerade das Kommando der hier stationierten Dragonerkompanie übernommen. Die Soldaten hatten die Rinder beschlagnahmt, die der Clan von den nördlichen Weiden ins Tal getrieben hatte, weil sie geschlachtet und ihr Fleisch für den Winter eingesalzen werden sollte. Die Engländer beanspruchten die Hälfte aller Herden für sich - um damit zwanzig Männer durch den Winter zu bringen. Sie fressen wie die Schweine, die Rotröcke, von dem, was ein einziger Soldat pro Tag verspeist, könnten drei kräftige Schotten satt werden.«
    »Haben sie denn für das beschlagnahmte Vieh nicht bezahlt?«
    »Doch, aber hungernde Menschen können keine Schillinge essen. Sie brauchen Nahrung.«
    »Und Donnchadh starb, weil er ...«
    »Er starb, weil er sich sein Eigentum zurückholen wollte. Er und seine Söhne überfielen die Garnison, um das Vieh Richtung Norden fortzutreiben.«
    »Nicht zur Burg zurück?«
    »Natürlich nicht. Donnchadh wusste, was er tat. Er wollte das Vieh nach Ross-Shire schaffen und dort gegen weniger auffällige Vorräte eintauschen.«
    »Er wollte? Demnach ist es ihm nicht gelungen?«
    »Nein. Bedford wartete schon mit fünf Männern auf ihn. Er ließ die Mathesons das Vieh von der Weide treiben und eröffnete dann das Feuer. Donnchadh wurde sofort niedergestreckt und lag lange Zeit todkrank darnieder. Als ich davon hörte, flog ich sofort zu ihm. Iain und Coll waren unerkannt entkommen, aber ohne das Vieh und ohne die Leichen derer, die im Kampf umgekommen waren. Artair war erst vor kurzem aus dem Norden zurückgekommen, ich glaube nicht, dass er an dem Raubzug teilgenommen hatte.«
    Dylan senkte

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