Vogelfrei
es dort, wo du herkommst, etwa kein Geld?«
Dylan seufzte. »Wir haben eine andere Währung. Englisches Geld unterscheidet sich ja auch von französischem oder italienischem. Übrigens haben bei uns sogar die Engländer Vernunft angenommen und sich zum Dezimalsystem bekehren lassen. Und jetzt sag mir schon, wie viele Shilling auf ein Pfund gehen.«
»Auf ein schottisches oder auf ein englisches Pfund?«
»Das sind doch wohl englische Münzen, oder nicht?«
Sie seufzte. »Zwanzig Shilling.«
»Und wie viele Shilling sind dann ein schottisches Pfund?«
»Auch zwanzig.«
Dylan warf ihr einen strafenden Blick zu.
Die Fee zuckte mit den Achseln. »Aber ein schottischer Shilling ist nur so viel wert wie ein englischer Penny. Zweihundertvierzig schottische Shilling ergeben ein englisches Pfund. Ein schottisches Pfund ist einen Shilling acht Pence in englischem Geld wert.«
Dylan schwirrte der Kopf. Diese Umrechnerei würde sogar einen erfahrenen Banker in den Wahnsinn treiben, dachte er. Er winkte ab und nickte. »Okay, schon gut. Bleiben wir bei der englischen Währung, weil ich im Moment nur englische Münzen habe. Wie viel würde denn ein brauchbarer Mantel kosten?«
»Drei englische Shilling, wenn du einen aus gutem und warmem Stoff ohne überflüssige Verzierungen möchtest. Du kannst auch einen billigeren bekommen, aber es wäre hinausgeworfenes Geld, für den Winter einen dünnen Tuchmantel zu kaufen.«
»Und ein neuer Kilt?«
»Kostet so um die elf Pence, vielleicht ein bisschen mehr, vielleicht ein bisschen weniger. Am billigsten kommst du weg, wenn du Sarah bittest, dir einen anzufertigen.«
Dylan grinste. »Lieber nicht.«
»Und warum nicht?«
»Ich würde vielleicht Geld sparen, aber ich müsste anderweitig teuer dafür bezahlen ...«
Sinann lachte. »So mancher Mann hätte gegen diese Art von Bezahlung gar nichts einzuwenden.«
Dylan beschloss, das leidige Thema sofort zu beenden. »Vergiss es. Ich werde im Dorf schon jemanden finden, der mir einen Kilt macht. Und einen Mantel.«
»Wie du willst.« Ihr Ton besagte klar und deutlich, dass sie mit seiner Entscheidung nicht einverstanden war.
Die Tür zu Caitrionaghs Kammer öffnete sich leise knarrend, und sie steckte den Kopf heraus. Ihre Augen waren vom Schlaf verquollen, trotzdem fand Dylan sie so hübsch wie nie zuvor. Er verstummte und starrte sie voller Bewunderung an. Sie rieb sich verwundert die Augen. »Ich dachte, ich hätte Stimmen gehört.«
Dylan warf Sinann einen flüchtigen Blick zu, sagte aber ganz ruhig: »Ich habe mich gerade laut gefragt, wo ich einen Mantel und vielleicht einen neuen Kilt kaufen kann.«
»Für einen Kilt muss man nur eine Bahn Stoff weben und zusammennähen. Jede Frau im Dorf könnte das für dich tun. Aber was den Mantel betrifft... ich kenne da eine ausgezeichnete Schneiderin. Ich werde dich zu ihr bringen.«
Dylan wertete ihre Anrede als gutes Omen und dankte ihr lächelnd, ohne auf Sinanns missbilligende Miene zu achten. Die Fee zischte ihm böse zu: »Du verschwendest nur deine Zeit, du Narr!«
Caitrionagh zog sich in ihre Kammer zurück und schloss die Tür hinter sich. Augenblicklich wandte Dylan sich gereizt an Sinann: »Lass das mal meine Sorge sein! Schließlich ist es ja meine Zeit. Und wenn dir das nicht passt, dann schick mich halt endlich nach Hause!«
Sinann erwiderte nichts darauf, sondern schnippte nur mit den Fingern und verschwand.
Dylans Aufgabe bestand darin, Caitrionagh zu begleiten, wohin sie auch ging, und am nächsten Tag beabsichtigte sein Schützling, einer verarmten Familie im Dorf, wo die Mutter im Sterben lag, einen Korb mit Esswaren zu bringen. Dylan eskortierte sie zu den Toren der Burg hinaus und bemühte sich, sich seine Freude über den Ausflug nicht anmerken zu lassen.
In der Nacht war der erste Schnee gefallen. Wie eine dünne weiße Decke lag er über dem Land, nur hier und da ragten ein paar dunkle Steine oder vorwitzige Gräser heraus. Dylan schlang sich sein Plaid enger um die Schultern, er brauchte wirklich dringend einen warmen Mantel.
Caitrionagh trug ihren schweren wollenen Reiseumhang nebst Schal und schien in Gesprächslaune zu sein. »Marsaili war Artairs, Colls und meine Amme«, erzählte sie ihm munter. »Später hat sie dann einen Mann aus dem Dorf geheiratet.«
»Du meinst den Kerl, der dieses Mädchen geschwängert und dann ...« Dylan wurde blass und biss sich auf die Lippen. »Den Mann, der kurz nach Iseabail Wilkies Verbannung spurlos
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