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Vogelfrei

Titel: Vogelfrei Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julianne Lee
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wenigstens mit Whisky.
    Caitrionagh sprach mit sanfter Stimme auf Marsaili ein, was diese zu beruhigen schien. Dylan mischte sich in ihre Unterhaltung nicht ein, sondern beobachtete Caitrionagh nur unauffällig. In ihren Augen las er Kummer und aufrichtiges Mitleid, und er begriff, dass sie sich nicht aus Pflichtgefühl, sondern aus echter Zuneigung um die Kranke kümmerte. Obwohl sie sich während des Besuchs so heiter und unbeschwert wie möglich gab, verrieten die feinen Fältchen, die sich allmählich in ihr Gesicht gruben, ihre innere Anspannung. Sie litt darunter, ihre Freundin sterben zu sehen, ohne ihr helfen zu können; der Besuch dauerte bis zum späten Nachmittag.
    Nachdem sie sich verabschiedet hatte, trat Caitrionagh aus dem Haus, blieb einen Moment stehen, starrte zu den Bergen hinüber, die das Tal einschlossen, und holte ein paarmal tief Atem. Sie sah aus, als wollte sie am liebsten in Tränen ausbrechen, doch sie riss sich zusammen und wandte sich an Dylan. »Komm, wir wollen uns um deinen Mantel kümmern, ehe dein dünnes Kolonistenblut einfriert und wir dich vor dem Feuer wieder auftauen müssen.« Sie kicherte über ihren eigenen Witz, aber er war nicht sicher, ob ihre Bemerkung nicht ein Fünkchen Wahrheit enthielt.
    Sie führte Dylan zu einem Haus in der Nähe der Burg und fragte die Schneiderin nach dem Preis für einen Mantel und einen Kilt. Der vordere Bereich des Hauses war wie ein Geschäft eingerichtet - naturbelassene und gelb eingefärbte Woll- und Leinenstoffballen stapelten sich an den Wänden, und große Bögen groben braunen Papiers lagen auf dem Boden. Neben einem großen Holzstuhl standen Kisten mit Rohwolle und Knäueln ungefärbten Garns. Auf dem Stuhl lag ein dickes Kissen; das erste, das er in diesem Land zu Gesicht bekam.
    Die Schneiderin, die ihm Caitrionagh als Nana Pettigrew vorstellte, war klein, untersetzt und der fröhlichste Mensch, der ihm in Schottland bisher begegnet war. Sie schnatterte so schnell auf Gälisch auf ihn ein, dass er kein Wort verstand und demzufolge auch keine Antwort gab, was sie aber nicht zu stören schien. Sie musterte ihn von Kopf bis Fuß und bedeutete ihm dann, sich umzudrehen, damit sie Maß nehmen konnte. Dazu benutzte sie einen mit Knoten versehenen Strick, und als sie fertig war, verkündete sie auf Englisch, als habe sie die ganze Zeit gewusst, dass er ihrem Gälisch nicht folgen konnte: »Vier Shilling drei Pence für den Mantel und einen Shilling zwei Pence für den Kilt.« Sie sprach so schnell und mit einem so ausgeprägten Akzent, dass er auch ihr Englisch kaum verstand.
    Er zählte die Summen rasch zusammen und erbleichte: fünf Shilling und fünf Pence. So viel Geld besaß er nicht.
    Caitrionagh sah seine Bedenken und sagte: »Er ist kein Prinz und braucht keine aufwändige Kleidung. Außerdem kann er nur drei Shilling ausgeben.« Dylan wollte Einwände erheben, doch sie warf ihm einen warnenden Blick zu, also schwieg er lieber. »Drei Shilling für beides zusammen, oder wir gehen zu einer anderen Näherin.«
    Nana Pettigrew blieb unvermindert freundlich. »Wie Ihr wollt.«
    Caitrionagh nahm Dylan am Arm und machte Anstalten, das Haus zu verlassen, doch die Frau hielt sie zurück. »Na schön, drei Shilling acht. Ich kann die Sachen in vier Tagen fertig haben.« Vier Tage? Dauerte es so lange, einen Mantel zu nähen? Nana lächelte immer noch.
    »Drei Shilling vier«, sagte Caitrionagh.
    Die Frau überlegte eine Weile. »Nun gut, um Eures Vaters willen. Die Hälfte jetzt, den Rest, wenn Ihr die Sachen abholt.« Dylan zog das Tuch mit seinem Geld hervor und zählte zwanzig Pence ab. Er hatte immer noch Mühe, den Wert der Münzen zu bestimmen. Noch nie hatte er lediglich vierzig Pence für Kleidung ausgegeben. Aber in Arbeitstagen gerechnet hatte er soeben mit fünf Tagen seines Lebens für einen Mantel und einen Kilt bezahlt und war dieselbe Summe noch einmal schuldig. So gesehen kamen ihn seine neuen Sachen verdammt teuer zu stehen.
    Das Tageslicht wurde bereits schwächer, als sie die Zugbrücke überquerten und die Insel betraten, auf der Tigh a 'Mhadaidh Bhàin erbaut worden war. Doch statt direkt durch das Tor zu gehen schlug Caitrionagh den Weg zum Seeufer ein, wo die große Weide stand.
    »Wo willst du denn hin?«, fragte Dylan auf Gälisch.
    »Nur zu dem Baum hinunter.«
    »Bei der Eiseskälte?«
    »Es ist höchstens ein bisschen frisch. Komm mit.« Sie rannte die Böschung hinunter, und er folgte ihr seufzend. Der Baum

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