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Vogelstimmen - Bernemann, D: Vogelstimmen

Titel: Vogelstimmen - Bernemann, D: Vogelstimmen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dirk Bernemann
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schnarchte leicht säuselnd, und es war eins der schönsten Geräusche, die ich jemals gehört habe. Es glich ein wenig dem Geräusch von Chipstütengeraschel. Nur gut, dass ich nicht im Kino war, aber dieser Film hier gefiel mir. Ich legte mich zu ihr, roch an ihrem Rücken, küsste Klaus auf die wulstigen Lippen und verschwand mit der Decke über ihr und mir in einen unglaublich trägen Schlaf.
    ***
    Sie war noch warm in meinem Arm. Ich roch die Ungewöhnlichkeit in meinem Bett. Caro. Sie war noch zugegen. Ungefähr vier Stunden später wachte ich wieder auf. Jemand hatte meine Zunge mit Pelz überzogen. Es fühlte sich an, als kröche ein Rudel Iltisse langsam über meine Zunge. Irgendwie roch es auch so, und außerdem hatte ich einen Harndrang, der nicht von dieser Welt war, und es schien, als wäre mir während des Schlafs jegliche Körperflüssigkeit in die Blase abgesackt, die jetzt ungefähr ein Drittel meines Gesamtkörpers ausmachte. Es tat weh. Ich hatte außerdem eine Erektion, von der ich glaubte, sie sei eine mit Urin gefüllte Wurst. Meine Augen waren verklebt vom Dreck der Nacht. Aber sie war noch warm in meinem Arm. Caro lag noch da, genau wie gestern. Unverändert.
    Sonderbare Sonnenstrahlen schlichen zielsicher in mein Schlafzimmer, um die vor mir liegende, ruhig atmende Caro zu beleuchten. Ich klebte an ihr, der Schweiß der Alkoholausdünstung hatte uns beide aneinandergetackert, und da lag ich jetzt an ihrem Arsch, an ihrem Rücken und löste zögernd zärtlich meine Umarmung. Meine genitale Nacktheit und Caros nackter Arsch waren ebenfalls zusammengewachsen vom Schweiß der Zuneigung zueinander und der Zuneigung zum Alkohol. Als ich mich langsam von ihr löste, machte das ein Geräusch wie ein leiser Klettverschluss. Aber es tat nicht weh, sondern es war einfach nur schön. Caro machte ein verbales Geräusch, das aber anscheinend kein Wort darstellen sollte. Ich stand auf und suchte meine Unterhose. Ich fand sie im Flur, direkt neben Caros Klamottenhaufen, den wir gestern wegen erwartungsfroher Geilheit dorthin geworfen hatten. Ich strich kurz mit der Hand über den kleinen Bekleidungshügel, der irgendwie nach Frühling roch, und schlich mich ins Badezimmer.
    Dort sah ich mein Gesicht im Spiegel an und in der Mitte meines fast konturenlosen Kopfes wurde ein Lächeln reflektiert, das wie angeklebt aussah. Es war einfach da, einfach so in meinem Mittelpunkt und es stand mir hervorragend. Ich ließ es da, war eh unfähig, meine Mimik zu kontrollieren. Ich setzte mich auf die Toilette und bemerkte, dass sich das Sitzen gut anfühlte, und ich pisste und pisste und pisste und guckte so vor mich hin. Fühlte sich aber gut an, komplett leer gepinkelt zu sein. So irgendwie nach Neuanfang, so fühlte es sich an.
    Zurück zu ihr. Zunächst schwiegen wir. Aber die Langsamkeit des Schweigens tat gut, es machte was mit meinem Bewusstsein, es machte mir deutlich, dass das, was da passiert war, etwas war, worüber wir beide nachdachten. Ich fühlte mich gefühlsschnell, wie wir etwas später auf meinem Bett saßen und zum frischen Kaffee Zigaretten rauchten. Gefühlsgeschwindigkeit bis zur Gefühlsschwindeligkeit. Da saß sie, die Caro, zusammengepresst von der letzten Nacht, gefickt, gekreuzigt und neben mir eingeschlafen. Dann aufgewacht und mit Kaffee versorgt. Und jetzt gehen ihre Augen nicht ganz auf und sie lächelt versonnen in die schwarze Koffeinsuppe. «Guck mal, mein Augenaufschlag dauert fünf Sekunden», sagte sie zu mir und demonstrierte mir diese Tatsache. Ich zählte nicht mit, aber sie war eindeutig sehr langsam geworden, die Caro. Ich lächelte in ihre immer noch leicht vorherrschende Besoffenheit. «Dein Kinski hat mich gestern vollgelabert», erzählte ich ihr, und ihr Ausdruck wurde ein Fragezeichen, aber dann schien sie zu verstehen. «Das macht er mit mir auch öfter; wenn ich betrunken bin, dann sagt er schlaue Sätze, der Klaus, und ich muss dann in meiner Besoffenheit mit seiner krassen Art klarkommen, manchmal gar nicht so einfach, aber genau aus diesem Grund ist er bei mir.» Genau jetzt hatte ich mich eindeutig verliebt. Jetzt war es klar, jetzt spürte ich meinen Herzschlag, der zu stolpern begann, der wie ein behindertes Kind in alle Richtungen gleichzeitig lief. Ich war aber unsicher. Was war, wenn sie das hier alles bereute: den Sex, mich, ihr Hiersein. Sie trank besonnen Kaffee, also eilig schien sie es nicht zu haben, hier zu verschwinden.
    Wir schwiegen. Ab und zu sah sie

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