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Vogelstimmen - Bernemann, D: Vogelstimmen

Titel: Vogelstimmen - Bernemann, D: Vogelstimmen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dirk Bernemann
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Unaufhaltsamkeit. Caro wand sich wie ein Maulwurf am Taschenmesser, und ich hatte einen Orgasmus, der sich wie der Pulsschlag eines Dinosauriers anfühlte. Kinski schwieg und hatte recht. Mit allem. Ich brach formlos, aber immerhin geschmeidig auf Caros Rücken zusammen.
    Vor meinen Augen flimmerte was, mein Körper hatte Stress mit mir, weil ich ihn nicht mehr regelmäßig beatmete, und mein Herzschlag war ein dünner Faden aus purem Glück und Seide. Ich war zufrieden, verließ ganz langsam ihre Geschlechtszone und legte mein Gesicht auf ihren Arsch. Caro. Da war so viel Ruhe in diesem Arsch, das spürte ich, und ich brauchte diese Ruhe, ich wollte diese Ruhe, die aus ihrem Körper, aus ihrem Leben in meines treten konnte.
    So vergingen einige Minuten des intensiven Daliegens. Wir atmeten währenddessen wild durcheinander in der zerwühlten Bettwäsche. Ich hatte meinen Kopf auf ihren Arsch gebettet und sah noch einmal hoch zu Klaus Kinski, der in seinen wütenden Konturen auf Caros Rückseite tätowiert war. Er lächelte jetzt und dieser Ausdruck sah aus wie Verständnis. Sein Lächeln glich einem warmen Händedruck, der mir ein «Willkommen an diesem Körper» signalisierte. Ich wurde ruhiger, schloss die Augen und die Summe der Momente, die durch meinen Kopf schossen, ergänzten sich in einem Feuerwerk der Endlosigkeit. Wir wurden beide ruhiger und irgendwann atmeten wir synchron, und ich hoffte, dass dieser Arsch genau hier morgen auch noch liegen würde.
    Caro war jetzt sehr ruhig geworden, atmete kaum, vielleicht war sie in einer Art Dämmerzustand wegen der Mixtur aus exklusiver Besoffenheit und kreislaufantreibendem Sex oder einfach eingeschlafen. Es flimmerte immer noch vor meinen Augen, einen winzigen Moment dachte ich über Kotzen aus Erschöpfung nach, ließ es dann aber bleiben, und ich entschied mich, vor dem Sterben noch etwas zu leben, und zwar so gut und so extrem wie heute. Besoffen ficken, schwitzen, auf dem wunderbarsten Frauenarsch der Welt einen Halbschlaf finden, das waren glückliche Minuten, die ich hier verlebte. Das Leben war trotz immer noch immenser Drehbewegung ein sehr konkretes und vor allem ein überaus korrektes. Es hatte mir ein Geschenk gemacht, über dessen Tragweite ich mir noch nicht bewusst war, aber diese Erkenntnis würde noch kommen ...
    Caro war eingeschlafen, und ich deckte ihren flach atmenden Körper zu. Ich stand noch einmal auf und betrachtete Caro im Halbdunkel meines Schlafzimmers. Ihre Friedlichkeit, ihre Niedlichkeit, ihre Weiblichkeit. Die Atmosphäre roch so frisch gefickt und auch so wunderbar natürlich. Das war eh das Schönste: Caro hatte trotz ihrer unglaublich platzeinnehmenden Körperbildern die mädchenhafte Ausstrahlung einer Obstverkäuferin auf dem Wochenmarkt. Und das war mir immer an Menschen wichtig, die ich kennenlernte: Natürlichkeit. Man muss nicht aussehen, wie vom Baum gepflückt, aber man sollte seine Eigentlichkeit nicht mit zu viel Künstlichkeit verdecken. Caros auftätowierter Körperschmuck unterstrich ihre Natürlichkeit, er ergänzte nur das, was ohnehin schon glänzte.
    Ich hatte Durst und schwindelte mich durch meinen Flur, der mir länger als sonst vorkam, in die Küche. Bis auf das Kondom, das noch meinen Schwanz umhüllte, war ich komplett nackt. Auch seelisch war ich nackt, aber es tat gut, so nackt zu sein. Ich kam in die Küche und sah aus dem Fenster die herannahende Dämmerung, die auf uns zukam. Ein neuer Morgen, ein purer Morgen war das. Ich stand da in der Küche und starrte nach draußen und war mit mir bei mir und um mich. Alle Empfindung war ich selbst, und das war so ein intensiver Moment, dass ich dachte, wenn dieser Moment nicht sofort aufhört, will ich Kasper heißen. Oder Oleg. Der Moment gab dann nach, und ich wurde halb wach in einer Welt, die nur aus Gefühlen bestand, und das war auch das Gute an dieser Art von Empfindlichkeitswelt.
    Dann rollte ich mir erst mal das Kondom vom Schwanz und roch daran. Intensiver Moment, dachte ich, und der Moment dachte bestimmt: intensiver Mensch. Ich warf es in den Restmüll. Dann trank ich einen Schluck Wasser und der schmeckte, wie Wasser nur ganz selten schmeckt. Erfrischend, kühl und schmeichelhaft. Ich spürte, wie Frische in meinen Körper zurückkehrte. Ich stellte die Wasserflasche auf die Arbeitsplatte und ging zurück ins Schlafzimmer.
    Caro lag da und schlief. Sie war in exakt der Position eingeschlafen, in der ich sie vor einigen Minuten verlassen hatte. Sie

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