Vogelweide: Roman (German Edition)
zu.
Natürlich hatte er sich immer wieder gefragt, warum er sich auf diesen Mann eingelassen hatte, aber das war sieben Jahre nach der Gründung in Abstimmung mit seinem Partner geschehen, um die Kapitaleinlage zu erhöhen. Damals hatte er gedacht, seine Abneigung könne sich, wenn nicht in Zuneigung, so doch in ein sachliches Miteinander verwandeln.
Der englische Freund, dem er bei dessen Besuchen in Berlin gelegentlich von diesem Schwalm erzählte, sagte, dem Typus begegne er an der Uni, in der UNESCO, Wirtschaft, Männer wie Frauen, die haben sich diese Lebensform erarbeitet: Distanz und Distinktion. Alles, was gegen das von ihnen verachtete linke Milieu gerichtet ist, das sie als verschwitzt und anbiedernd deklarieren, das Duzen, das Angebot von solidarischem Verhalten, das Abschleifen sichtbarer sozialer Unterschiede in Kleidung und Sprache, das mögen die Performaten nicht. Das sind übrigens nicht die Konservativen, mit denen kommt man aus, die sind manchmal schrullig, aber meist großzügig im Denken, mit denen kann man reden, nein, es sind die, die alles optimieren wollen, auch sich selbst. Und als der Freund die Irritation Eschenbachs, die er wohl nicht hatte verbergen können, bemerkte, fügte er hinzu, ich weiß, du warst ja auch in dem Gewerbe, aber du warst schon immer von des Gedankens Blässe angekränkelt.
Eschenbach ging zu der Wasserpumpe, die er vor ein paar Tagen repariert hatte. Das Brackwasser war ungenießbar und nur zum Waschen zu gebrauchen. Er war überzeugt, dass es in der Nähe der Hütte auch Süßwasser geben müsse. Man hätte dann aber das Bohrgestänge herbringen müssen, was für die Naturschutzbehörde zu kostspielig war. Früher wäre es für ihn ein Leichtes gewesen, die Bohrung und Installation zu stiften. Die Summe hätte er – und er musste bei dem Gedanken lachen – auch noch absetzen können. Er pumpte, und neben ihm stand Fred, sein Partner.
Den du mir da reingesetzt hast, den verzeih ich dir nicht, sagte Eschenbach.
Fred hatte, merkwürdig genug, kurz bevor er sich aus dem Geschäft zurückzog, einen großen Auftrag, bei dem es um eine Mülldeponie in Vorpommern ging, platzen lassen, kaum hatte er den Planungsauftrag von der Regierung bekommen. Er hatte darauf bestanden, den Auftrag wieder abzugeben. Eine Entscheidung, die Fred damit begründet hatte, die Deponie sei neuerdings für Sondermüll vorgesehen. Das Planungsverfahren erschien ihm nicht sauber. Ich habe meine Gründe, hatte er gesagt. Ihr müsst mir das einfach so glauben.
Die Nase hatte dagegen angeredet und immer wieder gesagt, das ist ein Großauftrag, der uns auf zwei Jahre saniert. Eschenbach hatte mit Fred Schwalm überstimmt. Wenig später zog Fred sich aus der Firma zurück und bot seine Anteile zu gleichen Teilen seinen Partnern an.
Meine Güte, du kannst mich mit dieser Nase doch nicht allein lassen, das halte ich nicht aus, ich habe Tötungsphantasien.
Wie kann man sich nur so über den erregen, sagte Fred und lachte, sehr laut und nicht gekünstelt.
Er hatte gut lachen, legte seinen Verkaufserlös sicher an und heiratete eine schöne und kluge Inderin. Er sammelte Zeichnungen der Nazarener und antike Seladon-Vasen aus Korea.
Eschenbach hatte noch versucht, ihn vom Verkauf abzuhalten. Was machst du zu Hause? Dir fällt doch die Decke auf den Kopf.
Wer sagt dir, dass ich zu Hause bin? Nein, wir reisen, und ich werde irgendetwas finden. Was anderes, aber in einem warmen Klima. Blauer Himmel. Palmen. Wüsten. Gärten. Die Büsche resedagrün.
Ein Jahr danach wollte auch die Nase ihren Anteil verkaufen. Eschenbach war derart erleichtert, dass er, obwohl er wusste, dass Gefühle wie Sympathie oder Antipathie bei ökonomischen Entscheidungen nichts zu suchen haben, ein wenig zu bereitwillig und schnell in den Verkaufspreis einwilligte, der in drei Tranchen zu zahlen war. Kaum war der Vertrag unterzeichnet, zog einer der Großkunden, eine Baufirma, deren Logistik für eine Großbaustelle sie ausarbeiten sollten, den in Aussicht gestellten Auftrag zurück. Die Nase hatte, wie sich später herausstellen sollte, den Kunden mitgenommen und sich in eine andere Softwarefirma eingekauft.
Wenn der mir über den Weg läuft, reiß’ ich ihm die Goldknöpfe vom Blazer, tobte Eschenbach.
Die sind doch eh nicht echt. Reiß ihm was anderes ab, riet der Freund.
Nein, das wäre ein Griff ins Leere.
Und dann lachten sie beide, der Freund irgendwo in der Ferne und Eschenbach in seinem Berliner Büro. Mir
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