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Vogelwild

Vogelwild

Titel: Vogelwild Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Auer
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geschenkt bekommen hatte, und dann röhrten sie
gemeinsam Richtung Norden, hinauf zur kargen Hochebene des Jura.
    Auf dem flachen Landstück waren weit um sie herum die
Kirchtürme der Dörfer zu sehen, dazu ragten Wassertürme, aus deren Fenstern
jeden Augenblick Rapunzel ihr Haar herablassen könnte, so schien es jedenfalls,
in den Himmel. In der Ferne glänzten silbern die Getreidesilos eines
Raiffeisen-Zentrallagers. Kurz vor Erkertshofen wurde die Straße von einer
parallel verlaufenden Schotterpiste begleitet. Ein riesiger Muldenkipper fuhr
auf der Trasse, anscheinend ein Privatweg, etwa fünfzig Meter vor ihnen her.
Seine drei Meter hohen Reifen, die mit Ketten ummantelt waren, wirbelten in der
flirrenden Sommerhitze viel Staub auf, der Morgenstern fast die Sicht nahm. »Wo
will denn dieser Monstertruck hin?«, fragte er.
    »Wir sind hier doch von Steinbrüchen umgeben, hast du
das noch nicht gesehen?«, meinte Hecht. Dann deutete er nach vorne: »Was das da
drüben ist, weiß ich aber auch nicht.«
    Vor ihnen erhob sich ein dreißig Meter hohes
Industriegebäude. Es war ein mit weißem Blech verkleideter Klotz, dessen
Dimensionen exakt zu dem des Muldenkippers zu passen schienen.
    »›Jura-Schotter‹«, las Lars Maier vor. »Ein
Schotterwerk also. Das ist ja ein riesiges Ding.«
    »Da vorne kommt auch schon Erkertshofen«, sagte Hecht,
als der Muldenkipper nach rechts zum Werksgelände abbog.
    »Gott sei Dank sind wir den los«, seufzte Morgenstern.
»Endlich habe ich wieder freie Sicht.«
    Hecht und Maier drehten sich nach dem Fahrzeug-Ungetüm
um, das nun vor einem gigantischen Förderband anhielt, das bis zur Spitze des
Gebäudequaders lief.
    »So machen die das also«, meinte Hecht beiläufig. »Das
ganze Restzeug aus den Steinbrüchen wird mit dem Förderband in den Schredder
transportiert.«
    Neugierig drehte sich auch Morgenstern schnell noch
einmal um. »So fette Maschinen, die würden gut nach Australien passen«,
kommentierte er. »Irgendwo ins Outback. Da wollte ich auch schon immer mal
hin.«
    »Pass du lieber auf die Straße auf«, zischte ihm Hecht
zu, als der Landrover langsam, aber sicher nach rechts zog. Morgenstern riss
sich vom Anblick des Schotterwerks los und korrigierte im letzten Augenblick
das Lenkrad. Dann hielt er abrupt an.
    »Was ist denn jetzt los?«, fragte Hecht verblüfft.
»Ich wollte dich ehrlich nicht erschrecken, aber ich hab’s einfach nicht gern,
wenn man mich in den Graben fährt.«
    »Klappe halten!«, raunzte Morgenstern. »Schau lieber
mal da rüber, hinter das Förderband. Das schwarze Auto. Ist das nicht unser
studentischer Leichenwagen?« Beide sahen Lars Maier an. »Ist das das Auto Ihres
Kollegen?«, wiederholte Morgenstern seine Frage.
    »Ich glaube schon.« Maier kniff die Augen zusammen.
»Doch, das ist es.«
    Unter mühsamen Körperdrehungen im Sitzen kramte
Morgenstern in seiner Hosentasche herum. Er musste erst seinen Hausschlüssel,
dann ein Taschentuch und eine Packung Kaugummis herausbefördern, bis er endlich
sein Handy in der Hand hielt. Hastig tippte er die Nummer der Eichstätter
Polizeiinspektion ein. »Ist die Streife schon in Erkertshofen? … Nein? … Sie
soll gleich direkt zum Schotterwerk fahren, zu Jura-Schotter, kennt ihr das? …
Wir sind auf dem Werksgelände bei einem schwarzen Mercedes Kombi, und daneben
steht noch ein zweites Auto, ein dunkelgrüner Audi.« Morgenstern stopfte das
Handy ebenso kompliziert in seine Hose zurück, wie er es herausgeangelt hatte.
»Sie kommen sofort«, informierte er Hecht und Maier. »Und sie kennen sich so
gut aus, dass sie schon bei meiner Frage, ob sie Jura-Schotter kennen,
eingeschnappt waren.«
    »Ist doch klar, sind ja auch die hiesigen Sheriffs«,
sagte Hecht. »Die kennen die Gegend wie ihre Hosentasche.« Und mit einem
süffisanten Blick fügte er hinzu: »Besser jedenfalls, als du deine Hosentasche
zu kennen scheinst.«
    Es erwies sich als äußerst günstig, dass sie mit
Morgensterns Wagen und nicht mit einem Polizeiauto unterwegs waren. Wie schon
in den Solnhofener Steinbrüchen fiel auch auf dem riesigen Gelände des
Schotterwerks ein geländegängiger, dick eingestaubter Jeep niemandem auf.
Langsam ließ Morgenstern den Wagen zum Ausgangspunkt des Förderbands rollen, wo
ein ebenso monströser Radlader wie zuvor schon der Muldenkipper Abraum auf das
Band schob. Von den Insassen des Mercedes, der etwa zweihundert Meter entfernt
leicht verdeckt hinter einer Schotterhalde abgestellt war,

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