Volk der Finsternis - Horrorgeschichten (H. P. Lovecrafts Bibliothek des Schreckens) (German Edition)
vor ihr und beschützte sie, so gut er konnte. Im Stillen war ich, John O’Brien, dankbar dafür, dass ich das, was ich, Conan der Plünderer, diesen Liebenden vor so vielen Jahren angetan hatte, endlich wiedergutmachen konnte.
Das Ungeheuer richtete sich auf und mit dem Mut der Verzweiflung griff Brent es mit bloßen Händen an.
Ich zielte kurz und feuerte. Der Schuss hallte von den hohen Klippen wider, erschütternd wie am Tag des Jüngsten Gerichts, und mit einem furchtbar menschlichen Schrei begann das grauenhafte Biest wild zu taumeln und zu zucken, es kippte vornüber, schlängelte und wand sich wie ein verwundeter Python, glitschte über den Rand des abschüssigen Felsvorsprungs und stürzte, schwer wie Blei, auf die Felsen in der Tiefe hinab.
Schaufelt mir kein Grab
Das Donnern meines altmodischen Türklopfers hallte unheimlich im ganzen Haus wider und riss mich aus unruhigem, von Albträumen geplagtem Schlaf. Ich blickte aus dem Fenster. Vom schwindenden Licht des untergehenden Mondes erhellt, sah das bleiche Gesicht meines Freundes John Conrad zu mir herauf.
»Darf ich hereinkommen, Kirowan?« Er klang angespannt.
»Selbstverständlich!« Ich hörte ihn bereits zur Tür herein- und die Treppe heraufkommen, als ich meinen Morgenmantel anzog.
Nur einen Augenblick später stand er vor mir, und als ich das Licht anschaltete, sah ich, dass seine Hände zitterten und sein Gesicht unnatürlich blass war.
»Der alte John Grimlan ist vor einer Stunde gestorben«, sagte er unvermittelt.
»Wirklich? Ich wusste nicht, dass er krank geworden ist.«
»Er hatte plötzlich einen seiner heftigen, eigenartigen Anfälle, fast so wie ein epileptischer Anfall. Er litt schon seit einigen Jahren darunter, wusstest du das nicht?«
Ich nickte. Ich wusste ein paar Dinge über den alten Mann, der wie ein Einsiedler in dem großen finsteren Haus auf dem Hügel gelebt hatte. Ich hatte sogar schon einmal einen dieser Anfälle miterlebt: Der Alte hatte sich gekrümmt, geheult und gejammert und sich wie eine verwundete Schlange auf dem Boden gewunden, dabei waren entsetzliche Flüche und schreckliche Blasphemien aus ihm herausgesprudelt, bis seine Stimme mit einem wortlosen Schrei brach und Schaum aus seinem Mund quoll. Damals verstand ich, weshalb die Menschen früher glaubten, solch arme Teufel seien von Dämonen besessen.
»… ein erblicher Defekt«, fuhr Conrad fort. »Der gute alte John hat wohl irgendeine innere Schwäche geerbt oder eine abscheuliche Krankheit, vielleicht sogar von einem ganz entfernten Vorfahren – so etwas passiert manchmal. Oder es war etwas anderes – du weißt ja, dass der alte John sich in seiner Jugend in den geheimnisvollsten Ecken der Welt herumgetrieben und den gesamten Osten bereist hat. Gut möglich, dass er von seinen Reisen irgendeine mysteriöse Infektion mitgebracht hat. In Afrika und im Orient gibt es schließlich immer noch zahllose unerforschte Krankheiten.«
»Aber du hast mir noch immer nicht gesagt, was dich um diese Zeit zu mir führt – es muss doch schon nach Mitternacht sein.«
Mein Freund schien ziemlich verwirrt.
»Nun, John Grimlan ist einsam gestorben – außer mir war niemand bei ihm. Er hat jegliche medizinische Hilfe abgelehnt, und in seinen letzten Momenten, als er bereits im Sterben lag, wollte ich trotzdem Hilfe holen gehen, aber er hat so fürchterlich geheult und geschrien, dass ich seine flehentliche Bitte nicht ablehnen konnte – er wollte nicht alleine sterben.
Ich habe schon andere Menschen sterben sehen …«, Conrad wischte sich den Schweiß von seiner blassen Stirn, »… aber der Tod von John Grimlan war das Furchtbarste, was ich je miterlebt habe.«
»Hat er sehr gelitten?«
»Bestimmt durchstand er schreckliche körperliche Qualen, aber die schienen von einer entsetzlichen geistigen oder seelischen Pein fast völlig überschattet zu werden. Sein Schreien und die Angst in seinen weit aufgerissenen Augen gingen über jeden fassbaren weltlichen Schrecken weit hinaus. Glaub mir, Kirowan, Grimlans Angst war viel größer und tiefer als die gewöhnliche Angst vor dem Jenseits, die jeder spürt, der sich irgendwann einmal etwas hat zu Schulden kommen lassen.«
Ich trat unruhig von einem Bein auf das andere. Die finstere Bedeutung, die in diesen Worten steckte, jagte mir einen Schauer namenloser, dunkler Vorahnung über den Rücken.
»Ich weiß, dass die Leute auf dem Land immer behaupten, dass er als junger Mann seine Seele dem Teufel verkauft hat
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