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Volk der Verbannten

Titel: Volk der Verbannten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ange Guéro
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einen Schritt …
    Und mit einem durchdringenden Brüllen stürzte sich die erste Raubkatze auf ihn.
    Arekh hörte irgendwo hinter sich Lionor schreien, dann Amîn Alarm geben; darauf folgten die entsetzten
Schreie der Flüchtlinge und die Befehle der Nâlas. Im Nebel schien alles ineinander überzugehen: Alles vermischte sich zu einer Folge seltsamer Bilder. Das leuchtend blaue Gesicht des Raubtiers. Die beiden kurzen Dolche, die auf Arekhs Brust niederfuhren, die geschmeidigen, raschen Hiebe der anderen Raubkatzen, die rings um ihn aus dem Nichts auftauchten. Arekh wehrte die Dolche ab, schleuderte sein Schwert nach vorn und spaltete das Gesicht der ersten Raubkatze, die mit einem sehr menschlichen Schrei zusammenbrach. Dann wirbelte er herum, stieß eine weitere Raubkatze aus dem Weg und wich noch einem Hieb aus, während der Blutschwall des Mannes, den er getötet hatte, gar nicht enden wollte und die blauen Gesichter und silbrigen Gräser scharlachrot bespritzte. Und plötzlich bestand alles nur noch aus Abwehr und Gegenangriff, stählernen Klingen und feixenden blauen Gesichtern. Arekh schlug rechts und links um sich, schnitt, tötete, während ringsum halb erstickt vom Nebel Schreie, Hufgetrappel, Wiehern, das Aufeinanderprallen von Schwertern und das dumpfe Brechen von Knochen ertönten.
    Arekh führte im Zurückweichen einen letzten Hieb. Er setzte einen Fuß auf die Straße, und die Umgebung wurde heller, als hätte der Nebel nur auf ein Zeichen gewartet, sich zu verziehen. Die Raubkatzen … die Raubkatzen waren natürlich nur Menschen, Menschen mit blonden Haaren und blau bemalten Gesichtern: Es waren kaum zwanzig gewesen, und die Nâlas metzelten gerade die letzten nieder. Drei blaue Männer flohen nach Norden; der letzte von ihnen, ein Verwundeter, war nur wenige Schritte von Arekh entfernt. Arekh sprang ihm nach und hastete den Hang hinauf, während der Mann,
der spürte, dass er verfolgt wurde, seinen unbeholfenen Lauf beschleunigte. Blut strömte ihm aus Schenkel, Arm und Brust. Er wird ohnehin nicht lange überleben , dachte Arekh, als er auf seiner Höhe angekommen war, sprang und drückte den Mann zu Boden. Die Raubkatze wälzte sich, zog den Dolch und führte einen raschen, verzweifelten Stoß gegen Arekhs Kehle. Arekh konnte gerade noch ausweichen. Er presste die Hände des Mannes zu Boden und schrie: »Wer hat dich geschickt? Wo kommst du her?«
    Der Mann mit dem blauen Gesicht und der Raubkatzenbemalung lachte nur; dann wehrte er sich mit überraschender Heftigkeit, so dass Arekh ihn beinahe losgelassen hätte.
    »Wer …«
    » Ayesha! «, schrie der Mann, als sei es ein Kriegsschrei, bäumte sich ein letztes Mal auf, bekam die rechte Hand frei, stieß ein letztes Mal zu und streifte Arekhs rechte Schulter. Arekh reagierte instinktiv und schlug ihm mit aller Kraft gegen den Kopf.
    Das Genick des Mannes brach mit einem dumpfen Knacken, und er sackte tot zusammen.
    Arekh stand langsam auf und musterte das türkisfarbene Gesicht.
    Dann drehte er sich um und sah die Leichen, die im hohen Gras verstreut lagen.
    »Scheiße«, murmelte er, während Amîn mit einem triumphierenden Lächeln auf den Lippen auf ihn zutrat. »Scheiße.« Er versetzte einem Stein einen wütenden Fußtritt und eilte dann den Hang hinab auf sein Pferd zu. »Wir müssen hier weg«, erklärte er, als er an Amîn vorbeikam. »Schnell!«
    Die Reiter, die sie als Kundschafter vorausgeschickt
hatten, meldeten bei ihrer Rückkehr, dass sich fünf Meilen entfernt ein Dorf befand. Der Ort war verlassen - wie überall im Westen hatte die Furcht mehr Einwohner in die Flucht getrieben, als die Sakâs getötet hatten.
    Die Flüchtlinge legten die Strecke umringt von den Reitern im Laufschritt zurück. Der nächste Angriff konnte jederzeit erfolgen. Wenn die zwanzig Männer Späher gewesen waren, würde die Haupttruppe nicht lange auf sich warten lassen. Die Männer, die hatten fliehen können, würden berichten, zu wievielt sie waren und wie sie organisiert waren.
    Der nächste Angriff würde nur ein Ziel haben: zu töten.
    Und die Raubkatzen würden, erzürnt über den Tod ihrer Freunde, kaum verhandlungsbereit sein.
    Arekh hatte zwei Nâlas, die sich freiwillig gemeldet hatten, als Unterhändler nach Norden vorausgesandt, um vor dem Angriff alles zu erklären. Die beiden Reiter waren nicht zurückgekehrt, und Arekh hatte beschlossen, nicht noch das Leben eines dritten zu riskieren. Jeder Mann war wertvoll. Die Ayesha-Krieger hatten die

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