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Volk der Verbannten

Titel: Volk der Verbannten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ange Guéro
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standen. Sessel und Sofas.
    Und Laosimba, der auf einer Art Lehnstuhl saß und die Stiefel lässig auf das seidene Tischtuch gelegt hatte.
    Eine Frau und ein Mann warteten neben ihm: Vashni, eine der einflussreichsten Adligen am Hofe von Harabec, und Banh, der Erste Ratgeber des Königreichs, der Marikani lange gedient hatte, bevor er in Harrakins Dienste getreten war.

    Vashni saß angespannt auf einer Stuhlkante, als sei sie bereit, jederzeit aufzuspringen. Banh stand aufrecht der Tür zugewandt und rieb sich nervös die Hände.
    Er ließ sie sinken, als er die Gefangenen bemerkte.
    »Mögen die Götter uns beschützen!«, entfuhr es ihm. Er starrte Lionor und Arekh mit offenem Mund an, sah ihre hageren Gesichter, die Blutflecken auf ihren Kleidern, die schlecht verheilten Wunden, die Spuren von Peitsche und Klingen, die Verbrennungen. Den mageren Säugling in den Armen seiner Mutter. Dann wandte er sich Laosimba zu. »Was habt Ihr ihnen angetan?«
    Laosimba blieb zurückgelehnt sitzen. Mit einem Lächeln auf den Lippen und einem amüsierten Ausdruck in den schwarzen Augen ließ er die Stiefelspitze kreisen und bewunderte das Leder seines Schuhwerks. Dann wurde sein Lächeln breiter, und er ließ träge den Blick zu Banh hinübergehen. »Wir haben ihnen die Gerechtigkeit der Götter widerfahren lassen. Ganz, wie es Ketzern gegenüber unsere Pflicht ist. Wir reinigen sie mit Wasser, Feuer und Stein, denn allein das Leid unter diesen drei Hauptelementen kann Erlösung bringen. Verderbte Seelen sinken sofort nach der Hinrichtung in die Abgründe hinab … In unserer unendlichen Güte bewahren wir sie vor diesem Schicksal. Wenn Ihr sie liebt, solltet Ihr uns danken«, schloss Laosimba mit einem kleinen Lachen und stand dann aus seinem Sessel auf, sinnlich wie eine Raubkatze und erfüllt von einer unterdrückten Freude, die Arekh noch nie an ihm beobachtet hatte, nicht einmal während der »Reinigungen«.
    Trotz seiner Erschöpfung und seiner Schmerzen spürte Arekh, wie seine Neugier erwachte. Warum war Laosimba so glücklich?

    Die Antwort folgte auf dem Fuße. Laosimba trat auf Banh zu, der kein Wort herausbrachte. »Was ist, Gesandter des Hofs von Harabec?«, fuhr Laosimba fort; das Wort »Harabec« klang aus seinem Mund wie eine Beleidigung. »Habt Ihr etwa vergessen, was die Menschen den wahren Göttern schulden - und welche Strafen sie erleiden, wenn sie sie ignorieren? Aber ja, das ist es«, fuhr er fort und begann, mit einem hasserfüllten Funkeln in den Augen im Vorzimmer auf und ab zu gehen. »Dort unten, im Palast von Harabec, dessen Reize man vor mir so gerühmt hat, das süße Leben ebenso wie die Leichtigkeit der Religion … Ja, Leichtigkeit , dieses Wort ist hier, in Reynes, gefallen. ›In Harabec lasten die Götter weniger schwer auf allem.‹ Wisst Ihr, dass es das ist, was manche Gesandte sich lachend erzählen? Lachend! «, schrie er mit solcher Heftigkeit und so plötzlich, dass Vashni und Banh zurückzuckten. » Lachend! Ja, Ihr habt vergessen, wozu wir in der Lage sind, wozu ich in der Lage bin.« Er wies auf Arekh und Lionor. »Nun - seht !«
    Banh starrte ihn einen Moment lang mit offenem Mund an; in seinen Augen stand Entsetzen.
    » Savignia! «, murmelte Vashni mit gesenkter Stimme. Gossensprache aus Sleys, eine Beleidigung, die Arekh dann und wann gehört hatte, wenn er sich in Wirtshäusern herumgetrieben hatte. Ein wohlklingender, aber deftiger Ausdruck, zusammengesetzt aus »jemand, der sich Süßwasserpflanzen in die intimsten Körperöffnungen schiebt« und »bösartiger Trottel«. Das Wort war nur regional in Gebrauch und sehr bäurisch; es war höchst unwahrscheinlich, dass Laosimba es kannte.
    Er wirbelte herum und warf Vashni einen finsteren Blick zu. »Was habt Ihr gesagt?«

    »Ich kommentiere die Situation nur auf meine Weise«, entgegnete Vashni, in deren Augen eine Flamme loderte. »Verleiht Fîr Euch etwa nicht die Macht, Kraftausdrücke zu verstehen?«
    »Nehmt Euch in Acht, Ehari«, sagte Laosimba und trat näher an sie heran. Vashni wich zurück, aber ihr Blick war noch immer zornig. »Nehmt Euch in Acht! Ihr wisst schließlich, wie nahe auch Ihr am Abgrund steht. Spielt nicht mit mir, oder auch Ihr …«
    Er unterbrach sich - und plötzlich spuckte ihm Vashni zur Überraschung aller Anwesenden ins Gesicht. Laosimba stieß eine Art Quieken aus und hob die Hand, um sie zu schlagen. Dann ging alles sehr schnell. Mit erstaunlicher Kraft für einen Mann, der stets so matt

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