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Volksfest

Volksfest

Titel: Volksfest Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rainer Nikowitz
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freuen.»
    Suchanek war im Prinzip ja auch felsenfest davon überzeugt, dass dem so war. Auch wenn er keine Ahnung hatte, wer und warum nicht.
    «Wer denn, Milli?», fragte Susi sanft.
    «Na, der Mörder. Wenn ihn der da gesehen hat.»
    Suchanek wurde von einem Gefühl befallen, das er von diesen Jännernächten kannte. Wenn es draußen minus zehn Grad hatte und ihm gerade die Zigaretten ausgegangen waren. «Ich hab überhaupt nichts gesehen», knurrte er.
    «Aber geh!», sagte Milli spitz. «Da erzählt die Nidetzky aber was anderes.»
    Zum Glück sprang jetzt die Susi Suchanek zur Seite. «So, Milli», sagte sie gütig. «Und jetzt die Jacke.»
    Milli wirkte mit einem Mal hochgradig unerfreut. «Ich hab aber heute nichts drin. Ehrlich nicht!»
    «Die Jacke, Milli.»
    Milli machte einen Schritt näher zum Pult und hob mit beleidigtem Gesicht ihre Arme. Susi begann, die Taschen der Jacke zu durchstöbern, und förderte einen Alleskleber, ein Duschgel, eine Packung Batterien, einen Nagelzwicker und einen in rotes Wachs eingelassenen Laib Butterkäse zutage. Ungerührt schrieb sie die Preise auf die Liste.
    «Den Kleber und den Nagelzwicker brauch ich aber gar nicht», protestierte Milli.
    Susi riss den Zettel von ihrem Block ab und hielt ihn Milli entgegen. « 23  Euro  40 », sagte sie freundlich.
    Milli zahlte ohne weiteres Murren, packte die Sachen in ein Plastiksackerl und wandte sich dann noch einmal Suchanek zu. «Das eine sag ich dir: Das war kein Fremder! Und er wird sich gar nicht freuen.»
    Dann drehte sie sich um und verließ grußlos das Geschäft. Hinten im Bund ihres Rocks steckte ein Korkenzieher.
    «Mit irgendwas lass ich sie jedes Mal davonkommen», sagte Susi und lächelte.
    «Wie? Die macht das immer?»
    «Ach, die ist eine arme Haut. Zuerst hat sich ihr Bub mit dem Auto erschlagen, und zwei Jahre später ist ihr der Mann auch noch gestorben, an seinem gebrochenen Herz wahrscheinlich. Da ist bei ihr dann irgendwie der Film gerissen.»
    «Und deswegen klaut sie jetzt?»
    «Nicht nur. Die macht alle möglichen durchgeknallten Sachen. Aber sie tut keinem was, und ich kann ja gut nachvollziehen, wie es ihr geht. Außerdem muss sie schließlich irgendwo einkaufen. Sonst darf sie ja eh schon in kein Geschäft mehr rein in der Gegend.»
    Suchanek ertappte sich dabei, dass er Susi am liebsten noch einmal umarmt hätte, war aber nach Sekundenbruchteilen der Entwurzelung zum Glück gleich wieder ganz Suchanek.
    «Bis Sonntagabend, sagst du …», sinnierte Susi. «Na ja, da die Chance groß ist, dass ich dich dann wieder fünfzehn Jahre lang nicht sehe: Magst du nicht zu mir zum Abendessen kommen? Morgen vielleicht?»
    Diesmal freute sich der Suchanek ganz ehrlich. Schon wieder so ein ungewohntes Gefühl. «Sehr gern.»
    Wieder kamen zwei Kunden herein, die Pregesbauer Trude und der Einser-Neuhold. Das konnte der Suchanek jetzt aber gar nicht brauchen.
    «Hallo, Susi!», rief der Einser. Und die Trude erkannte Suchanek und sagte, bevor sie in den ersten Gang abbog: «Ah, der kleine Suchanek! Lang nicht gesehen! Ich muss dich dann unbedingt was fragen. Wegen dem Feuer gestern!»
    30  Sekunden später war Suchanek draußen bei der Tür, sprang ins Auto und fuhr los.

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6
    Zwanzig Feuerwehrmänner mit erhobenen Händen.
    Hatten sie sich ergeben? In die Enge getrieben vom Spitzencop des niederösterreichischen Landeskriminalkommandos, einem grimmigen Gruppeninspektor mit Toupet und Prostataproblemen, der in seiner Freizeit gerne eigenhändig Dumdumgeschosse ohne Narkose aus seinem Abdomen wieder zutage förderte und die Wunde anschließend lächelnd mit rostigem Draht verschloss? Waren die zwanzig unter seinem gekonnten Waterboarding zusammengebrochen? Hatten sie gestanden, kollektiv den Schuppen ihres Kommandanten während dessen Abwesenheit angesteckt zu haben, weil sie ihm mittels eines wie am Schnürchen ablaufenden Löscheinsatzes beweisen wollten, aus welchem Holz sie geschnitzt waren – wobei die zweite Hälfte des Plans halt leider eher mangelhaft funktioniert hatte?
    Suchanek war von dem Bild, das sich ihm beim Betreten des Route  66 b bot, dermaßen überrascht, dass er sofort das Gehen einstellte. Was wiederum zur unangenehmen Folge hatte, dass ihm die wahrscheinlich aus der Konkursmasse irgendwelcher Karl-May-Festspiele im Steinfeld stammende doppelte Saloon-Schwingtür, von der der Grasel fand, dass sie das insgesamt an ein irisches Pub in der Ostukraine erinnernde

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