Volksfest
natürlich schrecklich rächenden Nachlässigkeit im Telefonbuch stand, war ja das allein schon hochgradig gefährlich.
Und dann war da natürlich auch noch der Hund. Den konnte er jetzt unmöglich in die Stadt schleppen. Das hatte er echt nicht verdient. Nicht mehr. Und wahrscheinlich hatte dieser unnötige Kieberer ja recht. Wahrscheinlich war er wirklich nicht mehr in Gefahr. Der Mörder konnte ja in der Zwischenzeit davon ausgehen, dass Suchanek der Polizei nichts Erhellendes zu erzählen hatte.
Suchanek nestelte sein Handy aus der Tasche der Jogginghose, die er immer noch trug. Warum Susi von allen Sachen, die ihrem Mann gehört hatten, ausgerechnet eine verbeulte, mintgrüne Scheußlichkeit aufgehoben hatte, war interessant, ging ihn aber nun wirklich nichts an. In der Nacht war er jedenfalls ziemlich froh darüber gewesen, auch wenn ihm das schöne Stück doch entschieden zu kurz war. Und als er den blutenden Hund gesehen hatte, hatte er nicht daran gedacht, sich jetzt auch noch umzuziehen.
Susi war ziemlich außer Atem, als sie sich meldete. «Ich hab nicht viel Zeit», keuchte sie. «Ich mach gerade den Umsatz meines Lebens.»
«Wieso? Hat die Lengauer Milli ein paar Freundinnen mitgebracht?»
«Die Leute rennen mir die Bude ein, weil sie alle die Geschichte von letzter Nacht erzählt haben wollen.»
«Ich hoffe, du lässt ein paar Details aus.»
«Nur die unwichtigen. Also, mein nackter Arsch kommt nicht vor. Deiner schon.»
«Beim nächsten Überfall flüchte ich in die andere Richtung.»
«Untersteh dich. Sag, wie geht es dem Hund?»
«Der Hund hat sieben Nähte und einen Trichter am Kopf. Und auch einen nackten Arsch. Wegen der Familientradition.»
«Manche Traditionen sind es halt wirklich wert, dass man sie pflegt. Und wie geht es dir? Hast du dich schon erfangen?»
Suchanek war in der Zwischenzeit aufgestanden und in die Küche gegangen. Das Fenster war überraschenderweise immer noch kaputt.
«So einigermaßen. Ich werd mich dann ein bisschen hinlegen. Was sagt eigentlich der Dorftratsch? Neue Verdächtige oder was?»
«Nicht wirklich. Aber wenigstens bist jetzt du einigermaßen aus dem Schneider.»
«Es wird doch wohl niemand ernsthaft geglaubt haben, dass ich das war.»
«Der Kanschitz war sich nicht sicher.»
«Na schau. So hat eben alles sein Gutes», lächelte Suchanek.
«Du, ich muss hier jetzt weitertun. Ja, ich komm eh schon, Erna. Was? Ja, das ist er. Gut, sag ich ihm. Ich soll dich von der Nidetzky Erna schön grüßen lassen.»
«Fein. Sag der alten Dreckschleuder, sie soll sich über die Häuser hauen.»
«Er lässt dich auch schön grüßen, Erna. Also dann …»
«Susi?»
«Was ist noch?»
«Warum haben wir eigentlich damals nichts miteinander angefangen?»
«Jetzt komm, Suchanek. Du hast noch einen Schock und bist ein bissl anlehnungsbedürftig.»
«Nein, im Ernst. Warum nicht?»
«Ich war dir zu schiach.»
«Also nein, das habe ich nie …»
«Und du warst mir zu blöd. Und jetzt aus!»
Nachdem er aus der Leitung geschmissen worden war, wählte Suchanek sofort wieder. Diesmal aber Grasels Nummer. Der hob wie schon gewohnt nach dem ersten Klingeln ab. «Ja, natürlich», sagte er anstelle eines Grußes. «Ich hab dir schon eine Ration hergerichtet. Wann, wenn nicht jetzt?»
«Ach so. Ja. Aber deswegen ruf ich gar nicht an.»
«Du rufst nicht deswegen an? Dann ist es wohl schlimmer, als ich gedacht hab. Die Susi hat mir eh schon alles erzählt. Wie geht’s dir? Bist du halbwegs beieinander?»
«Na ja. Ich hab mich vor einem Polizisten in den Staub geworfen und ihn angefleht, mir Bruce Willis als Gorilla zu schicken. Geht das noch als halbwegs durch?»
«Unter normalen Umständen keinesfalls. Aber heute kann ich ein Auge zudrücken. Und was tut Bruce jetzt? Im Garten Sprengfallen zwischen die Stiefmütterchen pflanzen?»
«Es gibt keinen Bruce. Der Krimineser konnte mich nicht leiden und hat beschlossen, dass ich nicht mehr in Gefahr bin. Weil ich ja jetzt sowieso schon mit der Polizei geredet habe. Und weil der Mörder jetzt weiß, dass ich nichts weiß.»
«Das klingt eigentlich hochgradig vernünftig dafür, dass es von einem Schergen des Systems kommt.»
«Findest du echt? Im Ernst jetzt.»
«Ja, im Ernst», sagte Grasel. «Ich meine, es ist ja klar, dass du mit den Nerven am Ende bist. Ich wäre an deiner Stelle vor Angst gestorben. Aber denk doch einmal nach: Was hätte der Typ denn davon, wenn er dich jetzt noch umbringt?»
«Stimmt schon.
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