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Volksfest

Volksfest

Titel: Volksfest Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rainer Nikowitz
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angedrückt …»
    «Geht das so leicht?»
    «Wenn es keinen Extra-Einbruchsschutz hat – überhaupt kein Problem. Das Fenster da knack ich dir auch in null Komma nichts.»
    «Aha. Na, ist doch schön, wenn man was Ordentliches gelernt hat. Die Nidetzky würde jetzt sagen: Handwerk hat goldenen Boden.»
    Keller bekam den nächsten Schlaganfall. Suchanek leistete einen stillen, aber deshalb nicht weniger heiligen Eid, keine Witze mehr zu machen.
    «Der eine Schließbolzen ist abgebrochen», sagte Gerry, als er sich wieder erholt hatte. «Und der hier ist verbogen. Wenn ich den gerade biege, sollte das Fenster zumindest wieder schließen.»
    Das war so ziemlich die erste erfreuliche Nachricht, seit Susi in der Nacht gesagt hatte: «Ich hab da eine Hose für dich.»
    Keller holte eine Zange aus seinem Werkzeugkasten und betrachtete sie gedankenverloren. «Und du hast keine Ahnung, wer das gewesen sein könnte?», fragte er dann.
    Suchanek schnappte sich den Besen, der in der Ecke neben dem Kühlschrank lehnte, und begann, die Scherben zusammenzukehren. «Nein. Du?»
    «Ich? Wieso sollte ich?»
    «Du kennst dich im Dorf besser aus. Wer könnte denn was gegen die Johanna gehabt haben?»
    «Der war gut! Alter, wie lang bist du weg aus Wulzendorf? Muss ich bei Pontius und Pilatus anfangen?»
    «Sind es leicht so viele?»
    Keller zog ein paar Mal hintereinander durch die Nase auf, wie ein Kreativer aus der Werbung nach einer arbeitsreichen Nacht.
    «Na ja. Die Fünfer sind Großbauern. Und die Reichen glauben halt gern einmal, sie sind was Besonderes. Und außerdem können sie oft den Hals nicht vollkriegen, obwohl sie eh schon so ein fettes Konto haben.»
    «Und die Fünfer konnten den Hals auch nicht vollkriegen?»
    «Manche würden das sicher so sehen.»
    «Wer denn zum Beispiel?»
    Ein kleines Lächeln verbog Gerrys dünne Lippen. «Also, ich nenne da jetzt sicher keinen Namen. Dann heißt es ja gleich, ich beschuldige wen. Da muss man schon vorsichtig sein, gerade in einem kleinen Dorf. Und außerdem: Man hat ja bald einmal gegen wen was. Ich meine, ich kann auch einen Haufen Leute nicht leiden. Du ja sicher auch, oder?»
    Das konnte gerade Suchanek nicht unbedingt in Abrede stellen.
    «Aber, deswegen wen verbrennen», sinnierte Gerry weiter. «Da gehört echt was dazu.»
    «Muss ein schlimmer Tod sein», sagte Suchanek.
    «Ja. Wenn man von den Gasen nicht schnell ohnmächtig wird, kann sich das ziehen. Bei den Hexenverbrennungen früher war es eine Gnade, wenn sie feuchtes Holz genommen haben. Das macht mehr Rauch. Und man erstickt, bevor man verbrennt. Aber in so einem Stadl … Da ist das Stroh ja ganz trocken.»
    Der Keller Gerry konnte nicht nur Fenster knacken. Der war echt ein vielseitig talentierter Bursche.
    «Was du alles weißt. Lernt man das heutzutage in der Berufsschule?»
    Keller gab sich einen Ruck und ging wieder zum Fenster. «Ich interessier mich ein bisschen für Geschichte und alles. Und im Internet, da gibt es so Seiten mit den verschiedenen Hinrichtungsarten und Foltermethoden und so. Sehr interessant.»
    «Interessant.»
    «Ja.»
    Suchanek stellte sich neben Gerry, der jetzt den Schließbolzen wieder gerade bog. Auf seinen Unterarmen waren ganz viele kleine weiße Striche. Narben.
    «Glaubst du eigentlich, dass es einer von euch Feuerwehrmännern war?»
    Keller schaute entsetzt auf. «Nein! Auf keinen Fall!»
    «Aber die meisten Brandstifter sind Feuerwehrmänner. Zündeln halt gern.»
    Keller richtete sich auf und warf beleidigt seine Zange wieder in den Werkzeugkasten. «Hör einmal, ich wollte dir einen Gefallen tun und komm in meiner Freizeit hierher, und dann kann ich mir von dir diesen Mist anhören? Von uns war das sicher keiner! Frag doch lieber den Sechser-Hartl, was er für ein Problem mit den Fünfern hat.»
    «Was für ein Problem?»
    «Ich hab gehört, dass er dem Gregor letztens bei der Bauerntankstelle eine runtergehaut hat. Weil ihm der Gregor einen Grenzstein eingeackert hat.»
    Der Sechser-Hartl war schon immer bekannt dafür gewesen, seinen Gefühlen gern freien Lauf zu lassen. Bei seiner Frau, aber auch bei allen anderen.
    «Deswegen legt er ihm gleich eine auf? Das kann doch sogar dem Pflügerweltmeister einmal passieren.»
    «Einmal schon.»
    «Also war es öfter?»
    «Angeblich viel öfter. Sagen wir, du hast 50  Hektar. Wobei die Mantlers sicher mehr haben, aber egal. Ist ja nur ein Beispiel. Jeder von denen ist so … 200  Meter lang. Und auf jeder Seite verpflügst

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