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Volksfest

Volksfest

Titel: Volksfest Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rainer Nikowitz
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ist meiner!»
    Weil ihn, wie man nicht oft genug erwähnen konnte, angesichts der Gärtner-Brüder immer das Gefühl befiel, er habe an ihnen etwas gutzumachen und müsse deshalb besonders nett zu ihnen sein, sagte Suchanek: «Ja. Ur. Voll. Tolles Auto.»
    Dann wies er mit dem Kopf auf seine eigene Schüssel und sagte: «Ich hab auch einen Japaner.»
    An sich wäre der Vergleich dieser beiden Autos, die so etwas von nicht in derselben Liga spielten, eine üble Beleidigung für den Bertl gewesen. Aber der Suchanek war ja jetzt schließlich ein Star. Also nickte ORF   2 stolz. «Man kann sagen, was man will: Nur ein Japaner ist ein Japaner.»
    Es war ganz offensichtlich, dass Suchanek sein restliches Leben mit dem schrecklichen Wissen bestreiten müssen würde, an der Hervorrufung irreparabler Schäden an dem armen Kerl beteiligt gewesen zu sein. Obwohl die Nidetzky ja möglicherweise gefunden hätte: Was einen nicht umbringt, macht ihn nur härter.

[zur Inhaltsübersicht]
10
    Als Suchanek seinen ersten Ball hielt – er ging elastisch in die Knie, erreichte dabei nahezu mühelos mit den Händen den Boden und arretierte das Ledersubstitut, das ungefähr auf Höhe des Elfmeterpunkts in seine Richtung abgefeuert worden war, mit an Verhöhnung des Gegners grenzender Leichtigkeit, was allerdings, da es sich um einen Rückpass handelte und diese korrupte Funktionärsbande bei der FIFA offenbar kürzlich die Regeln geändert hatte, ohne es Suchanek zu sagen, dummerweise zu einem indirekten Freistoß in seinem Strafraum führte – als also Suchanek auf diese überzeugende Weise seinen ersten Ball hielt, stand es schon 2 : 0 für die anderen.
    Das war natürlich pure Taktik. Denn solcherart wurde nicht nur dem Gegner das trügerische Gefühl haltloser Überlegenheit vermittelt. Sondern auch das Publikum, das ja – wenn man von den Ehefrauen der Verheirateten einmal absah, die natürlich von Anfang an zu den Ledigen gehalten hatten – ursprünglich beide Mannschaften angefeuert hatte, zur Gänze ins Lager des vermeintlich Schwächeren gezogen.
    Für Suchanek hatte dies allerdings unangenehme Folgen. Zum einen steigerte sich der ohnehin schon beträchtliche Starrummel um ihn in neue Höhen. Der hatte schon dazu geführt, dass der Nummer eins der Ledigen auf dem Weg vom Auto aufs Spielfeld, der nun wirklich nicht weit war, weil sich die Teams so geschickt eingeparkt hatten, dass nicht etwa unnötig Kraft mit Lauferei verprasst wurde, dermaßen ausgiebig die Schulter geklopft wurde, als handle es sich um einen Parteitag.
    Der Achter-Hiefler hatte den Suchanek gleich eingefangen, nachdem der aus dem Auto gestiegen war. Sein Gesicht war noch blauer als sonst, was in Verbindung mit dem Satz «Viel Glück, mein Sohn!» möglicherweise als Hinweis darauf verstanden werden konnte, dass er hochgradig gerührt war. Gut, da musste man jetzt nicht so sein. Immerhin war ja der richtige Sohn vom Achter auch auf dem Altar der Automobilität geopfert worden, genau wie der Hansi-Burli, der diese schöne Wulzendorfer Tradition vor Jahrzehnten begründet hatte. Außerdem konnte man das jahrelange Milchholen, das Suchanek bei ihm absolviert hatte, ja zumindest als entfernte Verwandtschaft gelten lassen, denn immerhin sagte er ja auch zu Tante Anni Tante Anni, obwohl sie gar keine war und er bei ihr nie eine Milch geholt hatte.
    Der Einser-Neuhold war hingegen gar nicht verwandt, nicht einmal über den Umweg einer Milchkanne oder einer sie beide verbindenden Psoriasis, nein, da war gar nichts. Das hielt ihn aber nicht davon ab, sich von seiner Frau mit erhobenem Daumen neben dem Suchanek fotografieren zu lassen. Wahrscheinlich dachte er sich: Was weiß man. Das könnte noch einmal was wert sein. Also jetzt oder, wenn das mit dem so weitergeht, nie.
    Am ergriffensten war aber die Burli-Urli. Als Hansi-Burlis Fußballschuhe damals im Straßengraben für immer an den Nagel gehängt worden waren, hatte er ja mit seiner Freundin Ursula die heißeste Disco-Kellnerin des Bezirks quasi verwitwet zurückgelassen. Jetzt, mit Mitte fünfzig oder mehr, war die Burli-Urli zwar keine Urgroßmutter, wie ihr lautmalerisch zwar hübscher, ansonsten aber doch etwas unglücklicher Spitzname hätte vermuten lassen können, aber Disco-Kellnerin war sie immer noch. Und weil der Lauf der Welt manchmal leider kein gerader ist, funktionierte das mit der Solariumsbräune, den pinken Fingernägeln und den engen Raubtiertops irgendwie nicht mehr so wie früher.
    «Ihr

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