Voll auf Ex-Kurs Roman
opulent verzierten Fassade zugehe. Die Außenbeleuchtung taucht alles in ein feierliches Licht, ich fühle mich glatt ins vergangene Jahrhundert zurückversetzt.
Na ja, denke ich, während ich auf die Klingel mit dem Namen »Becker« drücke. Vielleicht hat Lars hier nur ein kleines Hinterzimmer in der Wohnung einer älteren Dame. Sonst bekomme ich Depressionen!
Kaum hat sich die Tür geöffnet, stolpere ich in eine Eingangshalle mit hellem Marmorboden und Stuckverzierungen an der Decke, links und rechts von mir befinden sich riesige antike Spiegel. »Wow!«, entfährt es mir. Dann höre ich auch schon die Stimme von Lars. »Erster Stock«, ruft er mir von oben zu.
Er steht bereits in der geöffneten Tür und begrüßt mich mit Küsschen links und rechts auf die Wange und einem »Schön, dass du da bist«. Ein Hauch seines Aftershaves steigt mir in die Nase, ich widerstehe der Versuchung, bewusst an ihm zu schnuppern, so lecker frisch geduscht riecht er. Die
Haare trägt er wie beim letzten Mal sehr ordentlich gekämmt, er steckt in Jeans und wieder in einem Pullover mit V-Ausschnitt, was erneut einen Blick auf seine behaarte Brust zulässt. Auweia, meine Hormone waren in letzter Zeit nicht sehr ausgelastet, ich kann nichts dafür, aber sofort beschleunigt sich mein Herzschlag.
»Willkommen in meiner bescheidenen Hütte!« Galant tritt er einen Schritt zurück und bedeutet mir hineinzugehen.
Doch. Ich bekomme Depressionen. Und zwar augenblicklich. Von dem großzügigen Flur, der mit Pitchpine ausgelegt ist, gehen vier Zimmer ab. Mein Blick fällt nach links in eine riesige Küche, das Zimmer direkt vor mir scheint das Wohnzimmer zu sein, denn durch die Tür kann ich ein rotes Designersofa erkennen. Auf dem Tisch davor steht ein silberner Leuchter mit fünf brennenden Kerzen.
»Äh«, bringe ich stotternd hervor, »du hast es aber echt schön hier.«
»Danke. Die Wohnung gehört meiner Großmutter, sie hat sie mir vermietet.« Na gut, zwar nicht das Hinterzimmer bei der alten Dame, aber immerhin doch familiäre Beziehungen. »Gibst du mir deine Jacke?« Ich ziehe sie aus, Lars hängt sie an die Garderobe neben der Tür mit der Aufschrift »Gästebad« und mustert mich dabei relativ unverhohlen. »Toll siehst du aus.«
»Hm, ja, danke«, murmele ich, weil ich mich plötzlich ganz schüchtern fühle. Was mache ich eigentlich hier? Und warum habe ich vorhin mein schwarzes Kleid mit dem tiefen Dekolleté angezogen, das genau genommen eher etwas für eine Cocktail-Bar als für einen Hausbesuch bei einem nahezu fremden Mann ist? Das böse Unterbewusstsein, das muss es gewesen sein, anders kann ich mir das nicht erklären.
»Lass uns ins Wohnzimmer gehen«, schlägt Lars vor. »Da
ist es am gemütlichsten.« Ich folge ihm und nehme in einer Ecke des wirklich riesigen Sofas Platz, von irgendwoher dringt leise Jazz-Musik an mein Ohr. Neben den Kerzenleuchter auf dem Tisch hat Lars drei Schälchen mit Knabberzeug gestellt, vor lauter Nervosität verleibe ich mir sofort eine Handvoll Erdnüsse ein. »Was möchtest du trinken? Wein? Sekt? Bier?«
»Wein, bitte«, nuschele ich wenig damenhaft mit vollem Mund und versuche gleichzeitig, die Erdnussmasse hinunterzuwürgen. Eine Minute später sitzt Lars gefährlich nahe neben mir, schon wieder werden meine Sinne von seinem Aftershave umnebelt, aber weiter kann ich in meiner Ecke gar nicht von ihm abrücken. Er reicht mir ein Glas und prostet mir mit seinem zu.
»Also«, fängt er an, »wie war dein restlicher Tag?« Erleichtert darüber, dass er ein unverfängliches Thema anschneidet, plappere ich los und erzähle nach Philip und Clemens Schüttler zum dritten Mal innerhalb kürzester Zeit jemandem von der Kampagne, für die ich als Testimonial herhalten soll. Und natürlich erkläre ich Lars meine Bedenken, die ich bei der ganzen Sache habe.
»Verstehe.« Er nickt und betrachtet nachdenklich sein Weinglas. »Aber wenn du glaubst, dass du Basti dann nicht zurückbekommst, musst du es halt bleiben lassen.«
»Das stellst du dir so einfach vor, der Chef hat mich ja total unter Druck gesetzt. Wenn ich das nicht mache, wird er mir die Hölle auf Erden bereiten.«
»Hm.« Jetzt sieht er mich direkt an, und zum ersten Mal fällt mir auf, dass seine Augen fast so blau wie die von Basti sind. Aber nur fast. Trotzdem wird mir gerade ziemlich warm. »Vielleicht«, setzt er an, »vielleicht willst du deinen Ex ja doch gar nicht so gern zurück, wie du denkst?«
»Wie soll ich
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