Voll auf Ex-Kurs Roman
Richtung Maske. Bevor ich die Tür öffne, lausche ich einen Moment. Telefoniert Barbara noch? Dann möchte ich sie natürlich nicht stören, zumal ich davon ausgehe, dass es Jens ist, der sie angerufen hat. Aber ich höre nichts, also klopfe ich an und trete – nachdem ich keine Antwort erhalte – ein.
Barbara hat mir den Rücken zugewandt, und ich will mich schon bemerkbar machen, als ich sie mit einem Mal zischen höre: »Das hab ich dir jetzt schon dreimal gesagt, natürlich gibt es keine Garantien. Aber einen Versuch ist es meiner Meinung nach wert.« Auf so leisen Sohlen wie möglich will ich mich wieder hinausschleichen, da blickt Barbara in den Spiegel und entdeckt mich. Ich will ihr mit einer Geste deuten, dass sie ruhig weiter telefonieren soll, aber sie winkt mich zu sich heran. »Du«, sagt sie in ihr Handy, »ich muss jetzt auch aufhören, Pia kommt gerade herein.« Kurzes Schweigen. »Ja, mach das. Wir telefonieren später noch einmal.« Sie legt auf.
»Du hättest Jens jetzt aber nicht für mich abwürgen müssen«, meine ich.
»Wieso Jens?«, fragt sie. »Das war gar nicht Jens.«
»Ach so, ich dachte …«
»Nein, das war nur eine Freundin von mir.« Sie lächelt mich an, und ich bin mehr als erstaunt, wie gut gelaunt sie aussieht. Vorhin noch ganz das jammernde Elend hat Patrizia mit ihren Zauberkünsten sämtliche Spuren ihres Weinkrampfes verschwinden lassen. War ich eben noch Lauren Bacall, bin ich im Vergleich zu der gestylten Barbara plötzlich
wieder nur Cindy aus Marzahn. Die Welt ist wirklich nicht gerecht.
»Geht’s denn einigermaßen?«, will ich wissen. »Die anderen scheinen sehr zufrieden zu sein.«
»Ja«, nun wird aus ihrem Lächeln ein breites Grinsen, »bin offenbar ein Naturtalent.«
»Und das in deiner Lage!«, stelle ich beeindruckt fest. Noch immer grinst sie – und prustet dann mit einem Mal laut los. »Was ist so lustig?«
»Na«, Barbara schnappt nach Luft und kann sich gar nicht wieder beruhigen, »du hast mir die Nummer von vorhin doch wohl nicht ernsthaft abgekauft, oder?«
»Welche Nummer meinst du denn?«
»Ich meine die Jens-hat-mich-für-eine-andere-verlassen-Nummer.« Sie setzt eine gespielt traurige Miene auf und lässt wie auf Befehl eine kleine Träne aus ihrem rechten Augenwinkel kullern. Ich bin wie vom Donner gerührt, das glaube ich jetzt nicht!
»Das war alles nur gespielt?« Barbara nickt begeistert.
»Nicht schlecht, oder? Ich sollte vielleicht ans Theater wechseln, wenn ich sogar dich überzeugen konnte. Bei Behrmann und den anderen hatte ich da keine Sorge, die kennen mich ja nicht so gut. Aber wenn selbst du es geglaubt hast, muss ich ja echt richtig gut gewesen sein!«
»Äh, also«, ich ringe mit den Worten, »du siehst mich sprachlos. Ich hab wirklich gedacht, dass du verzweifelt bist.« Ich gehe zu einem der Stühle, die vor dem Schminktisch stehen, lasse mich darauf nieder und stütze meinen Kopf in die Hände. Barbara setzt sich zu mir.
»Bist du sauer?«, fragt sie unsicher nach. Ich schweige, weil ich nicht so recht weiß, was ich dazu sagen soll. »Ich dachte, ich tu dir einen Gefallen. Wegen Basti, du weißt schon.«
»Hm.« Mehr bringe ich nicht raus, so perplex bin ich immer noch.
»Ich wollte dich noch anrufen, aber die Idee ist Jens und mir erst gestern ganz spät nachts gekommen«, meint Babara. »Wir haben mal wieder darüber gesprochen, dass du den Job eigentlich gar nicht machen willst und wir aber so dringend Geld brauchen. Tja, und dann hatte Jens irgendwann die Idee, dass ich ins Studio geschneit kommen und so tun soll, als hätte er mich verlassen. Ich fand den Vorschlag gut, weil es ja für uns alle eine Win-Win-Situation ist. Außerdem«, sie zupft mich am Ärmel, damit ich sie endlich ansehe, was ich auch tue, »werde ich das Honorar natürlich mit dir teilen, schließlich hast du die ganze Sache angeschoben. Aber vorhin im Studio konnte ich dir das vor den anderen natürlich nicht erklären.«
»Nein, natürlich nicht.« Und während ich das noch sage, merke ich, wie mein Zwerchfell zu hüpfen beginnt und meine Mundwinkel sich nach oben ziehen. »Du hast uns allen vorhin wirklich nur vorgemacht, dass Jens abgehauen ist?«
»Ja, das sagte ich doch.«
»Du«, nun kann ich ein Kichern nicht mehr länger unterdrücken, »bist wirklich die unmöglichste Nudel, die ich je kennengelernt habe.«
»Unmöglich«, stimmt sie mir zu, »und unmöglich pleite noch dazu.«
»Dann wollen wir nur hoffen, dass das alles
Weitere Kostenlose Bücher