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Voll daneben

Voll daneben

Titel: Voll daneben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: K. L. Going
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schreiben lassen. Am oberen Rand steht eine Drei Minus mit der Bemerkung: »Noch detaillierter schreiben!«
    Na toll.
    Und das ist erst der Anfang. Zuerst heißt es: »Setz dich aufrecht hin, Liam«, und dann: »Die Tafel ist vorne, nicht draußen vor dem Fenster« und schließlich: »Wo ist dein Schreibzeug?« Er hat dauernd was an mir auszusetzen und zwingt mich sogar, laut vorzulesen. Was den Unterricht betrifft, hatte ich eigentlich vorgehabt, den Mund zu halten, weil andere immer davon ausgehen, stille Menschen wären klug und fleißig, aber Orlando ruft mich dreimal auf, und jedes Mal ist meine Antwort falsch.
    Was die Sache noch schlimmer macht: Jen fängt mich nach der Stunde ab.
    »Mr DeSoto ist total streng«, sagt sie, »aber wenn du in seinem Unterricht mitkommst, wirst du ihn mögen.« Es ist zwar nett gemeint, aber gerade, als sie es sagt, läuft Darleen vorbei. Jen beugt sich gerade zu mir und sieht mich mitfühlend an, und Darleen grinst wissend. Ich weiß genau, was sie denkt.
    Tu bloß nicht so, als seist du nicht bei allen beliebt.
    Mein Schicksal ist besiegelt.

19
    ALS AM NÄCHSTEN MORGEN DER WECKER KLINGELT, zwinge ich mich, nicht auf ›Snooze‹ zu drücken. Ich krieche aus dem Bett, gehe mit dem Handtuch ins Bad und bereite mich auf das Duschen vor. Ich drehe das Wasser so heiß, dass der Dampf den ganzen Raum füllt, aber bevor ich mich unter die Dusche stelle, wische ich mit der Hand über den Spiegel und betrachte mein Spiegelbild. Ich will, dass irgendein Gesichtszug meines Vaters zurückstarrt, aber ich sehe nur meine Ähnlichkeit zu Mom.
    Der Spiegel beschlägt wieder, und für einen Augenblick wird mir so übel, dass ich mich übergeben könnte. Doch stattdessen gehe ich unter die Dusche und lasse den heißen Wasserstrahl alles wegschwemmen.
    Während ich unter der Dusche stehe, mache ich mir mit einer anfeuernden Selbstrede Mut. Sie lautet:
    Verdammt noch mal, Liam, so schwer kann das doch gar nicht sein! Hör verflucht noch mal endlich auf, immer alles zu vermasseln.
    Sie wirft einen zwar nicht gerade vom Hocker, aber als ich aus der Dusche komme, habe ich beschlossen, dass die anderen heute wirklich erkennen werden, wie uncool ich bin.
    Wieder einmal fängt alles ganz gut an. Als Pete gerade nicht hinsieht, schleiche ich mich an seinen Kleiderschrank und wühle darin herum, bis ich Klamotten entdecke, die sogar noch schlimmersind als mein Outfit von gestern. Ich habe Glück: Er hat eine echte Fransenweste und eine uralte Schlaghose. Die ist fast zu gut, um wahr zu sein, und als ich sie anprobiere, ist sie mir zu kurz und viel zu groß, was sogar noch besser ist, denn jetzt kann ich auch noch einen hässlichen Gürtel anziehen. Ich mache mir wieder eine platte Frisur, forme mit Gel den Wirbel, stecke die Stifte sichtbar in die Westentasche und warte auf den Schulbus.
    Der Busfahrer fährt an Petes Mobilheim vorbei und hält vor Darleens Zuhause an, also renne ich hinüber und stolpere beim Einsteigen. Zur Sicherheit stolpere ich noch mal, als sich die Türen schließen. Der Fahrer funkelt mich wütend an, als hätte mein Stolpern ihn persönlich beleidigt.
    »Keine Faxen«, ermahnt er mich, und ich nicke, während ich mich auf den Platz neben Becky sinken lasse. Es ist seltsam: Gestern saßen alle hinten im Bus, als ich einstieg. Aber heute sitzen sie alle vorne – fast, als hätten sie auf mich gewartet.
    Ein Typ in einer Footballjacke nickt mir zu und legt die Füße auf den Sitz.
    Hinter mir sitzt ein Mädchen, das ganz in Schwarz gekleidet ist und sich perfekt gothicmäßig geschminkt hat. Sie mustert mich von oben bis unten und starrt dann wieder aus dem Fenster.
    »He, Liam, ich hab gehört, du bist in Jen Van Sants Englischklasse«, sagt ein Junge, der einen Filzhut trägt. »Die ist echt heiß, stimmt’s?«
    »Ja, der Unterricht ist toll«, versuche ich dem heiklen Thema auszuweichen. »Dieses Jahr werde ich in Englisch topp sein.«
    »Bist du sicher?«, fragt Becky. »Weil ich dir Nachhilfe geben könnte, falls du welche brauchst.«
    Darleen dreht sich zu mir um und grinst verächtlich.
    »Das ist schon okay, ich brauche keine Hilfe«, lüge ich, aber der Junge mit dem Filzhut unterbricht mich.
    »Ich habe gehört, dass Mr DeSoto mit deinem Onkel in einer Band spielt. Warst du schon mal dabei?«
    Jetzt gibt es zwei Möglichkeiten, meine Karten auszuspielen. Ich kann entweder so tun, als würde ich Petes Band schrecklich finden, in der Hoffnung, dass mich das unbeliebt

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