Voll daneben
machst du denn hier?«, fragt er. »Solltest du nicht in der Schule sein?«
Hmmm. Stimmt ja, die Schule.
»Ja schon, aber heute früh ist im Schulbus was vorgefallen ...«
In dem Augenblick, in dem ich ›vorgefallen‹ sage, lässt Eddie einen ganzen Stapel bunter Tangas auf die Theke fallen.
»Oh nein«, sagt er. »Sag bloß nicht, sie haben dich aus dem Bus geworfen.«
»Na ja, das wäre nicht passiert, wenn nicht ...«
»Warum? Was hast du angestellt? Oh Gott! Petey wird ausrasten, und dann wird dein Vater durchdrehen!«
Das ist nicht gerade hilfreich.
»Mein Vater braucht es nicht zu erfahren«, sage ich hastig. »Und außerdem war es nicht meine Schuld. Das schwöre ich! Ich bin wegen Rauchens rausgeworfen worden, aber ich habe gar nicht geraucht. Ich wäre auch schnurstracks zur Schule gegangen, wenn ich mich nicht verlaufen hätte.«
Als Beweis, dass ich die Wahrheit sage, greife ich in die Tasche. Eine Zigarette. Nicht angezündet. Eddie nimmt sie, lässt sie zwischen zwei Fingern baumeln und wirft sie dann in einen Papierkorb, der unter der Kasse steht.
»Ekelhaftes Zeug. Du solltest sie gar nicht haben.« Er schüttelt seine Hände aus, als wären sie verseucht. Dann setzt er sich auf einen Hocker an der Kasse.
»Was sollen wir denn jetzt machen?« Er sieht aus, als wäre er einem epileptischen Anfall nahe, und als sei ich daran schuld.
»Vielleicht könntest du mich zur Schule fahren?«
Eddie überlegt. »Nein. Das geht nicht«, sagt er unglücklich. »Mabel Merriman lässt sich heute die Haare machen, und vorher schaut sie immer vorbei und gibt einen knisternden Hunderter aus. Ich kann es nicht riskieren, sie zu verpassen.« Er wedelt sich frische Luft zu. »Ich könnte Petey anrufen.«
Jetzt bin ich derjenige, der unglücklich ist. »Nein, tu das nicht. Schließlich schläft er, und da sollten wir ihn doch nicht stören, stimmt’s?«
Wenn Tante Pete diese Geschichte erfährt, fliege ich mit Sicherheit raus.
»Ich könnte die Schule anrufen. Vielleicht kommt jemand dich abholen?«
Ich denke über den Vorschlag nach, aber er passt mir nicht.
»Ich glaube nicht, dass jemand das machen würde«, sage ich zu ihm. »Vielleicht sollte ich hier einfach ein paar Stunden schlafen. Du könntest mich mittags nach Hause fahren, und dann werde ich allen sagen, dass es mir heute nicht gut ging.«
Es ist zwar kein toller Plan, aber ich weiß nicht, was ich sonst tun soll. Eddie seufzt laut. Er sieht sich suchend im Laden um, als ließe sich in der Abteilung Damenbadeanzüge eine bessere Idee finden.
»Also gut«, gibt er schließlich nach. »Aber wenn Petey ausflippt, ist es allein deine Schuld.«
Davon muss ich sowieso ausgehen.
Eddie und ich lehnen missmutig am Kassentisch. Ich fühle mich elend, weil ich ihn in die Sache reingezogen habe. Daher versuche ich, mich mit ihm zu unterhalten.
»Gehört dir das Geschäft?«, frage ich und sehe mich um. Eddie nickt.
»Es ist cool. Es gefällt mir, wie du die Damenwäsche mit den Schlafanzügen und Badeanzügen kombinierst. Ich wette, auf diese Weise erweiterst du deinen Markt.«
Eddie richtet sich kurz auf, aber gleich darauf sinkt er wieder matt gegen die Theke.
»In Wahrheit«, flüstert er, »kauft hier kaum jemand ein, außer ein paar von den Frauen, die sich in Mavis’s Beauty Shop die Haare schneiden lassen.« Er hält inne. Dann nickt er, obwohl ich noch gar nichts erwidert habe. »Ich weiß«, sagt er. »Der Laden ist eine Schande. Vidal-Sassoon-Poster von Neunzehnhundertfünfundneunzig? Hallo? Was denken die sich dabei?«
»Und ein Schnitt für zehn Dollar?«, füge ich hinzu. »Nichts drückt schlecht so deutlich aus wie billig.«
Eddie nickt mit sehr ernster Miene. »Ach, Schätzchen«, sagt er. »Du kennst ja noch nicht mal die halbe Wahrheit. Die Kundinnen lassen sich dort eine Dauerwelle für zwanzig Dollar machen, und dann stolzieren sie hier herein und erwarten, ein anständiges BH-und-Höschen-Set für unter fünfzehn Mäuse zu finden. Ich sage ihnen – ich sage: Schätzchen, das da zwischen Ihren Fingern ist Seide. Reine Seide mit zartem Spitzenbesatz und Glitzerpailletten. Das da ist Spitze mit Satin, das darf nur von Hand gewaschen werden, ein importiertes Korsett und Strapse mit passendem Tanga. Diese Sachen sind nicht billig! Und dann fragen sie mich, wannsie die Ware um fünfzig Prozent reduziert bekommen können. Kannst du dir das vorstellen?«
»Aber das ... tust du doch nicht, oder?« Ich bemühe mich, die Frage
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