Voll erwischt
wogenden Brüsten und üppigen Hüften.
Jennie schüttelte den Kopf. «Nein», sagte sie.
«Ich bitte dich nicht», sagte er und setzte sich zu ihr in Bewegung. «Ich befehl’s dir gottverdammt.» Sie erinnerte sich aus dem Gefängnis an ihn. Die unverblümte Entschlossenheit in seinen Zügen. Die überwältigende Willenskraft. Jemand hatte es mal Anziehungskraft genannt. Einen Moment lang erlaubte sie sich den Gedanken, ihm nicht widerstehen zu können, und für diesen einen Augenblick war sie verloren. Sie besaß einen unverwüstlichen Kern, der nicht kampflos untergehen würde, und diese innere Kraft ließ sie auch jetzt nicht im Stich. Aber er war sehr stark. Mein Gott, er war stark. Er war dämonisch. Sie bezweifelte keine Sekunde, daß er beabsichtigte, ihr soviel Schmerz wie nur möglich zuzufügen, und anschließend würde er sowohl sie als auch Celia umbringen. Falls nötig, würde er sie mit bloßen Händen zerreißen.
Doch bevor er sie erreichen konnte, klopfte es an der Haustür, gefolgt von dem Geräusch der sich öffnenden Tür.
Maries Stimme drang ins Wohnzimmer. «Hallo? Celia, ich bin’s.»
Celia hob matt ihren Kopf vom Boden. «Das ist Marie», sagte sie. «Ich werde den Kessel aufsetzen.» Aber sie rührte sich nicht.
Norman wechselte blitzschnell die Richtung und wollte auf den Flur hinaus, um Marie abzufangen. Sobald er durch die Tür war, schnappte sich Jennie ein Kuchenmesser vom Tisch und schob es sich unter den Rockbund. Noch während sie dies tat, erkannte sie, wie völlig unzulänglich das war. Ein Kuchenmesser. Aber angesichts eines Menschen wie Norman war alles besser als gar nichts.
Norman kehrte mit Marie und Sam vor der Mündung seiner Kanone zurück. Marie hatte einen knallroten Kopf bekommen. «Ich hab hier eine fette Kuh und einen Detektiv», sagte Norman ganz belanglos in den Raum. «Runter auf den Boden», befahl er Marie und stieß ihr seine Waffe ins Genick, wobei er die Augen jedoch unverwandt auf Sam behielt.
Marie ging auf alle viere, und Norman stieß ihr die Pistole brutaler in den Nacken. «Auf den Bauch», sagte er, und Marie sackte nach vorn. «Auf die Hände», sagte er, und Marie hob den Kopf, um ihn einen Moment anzusehen, schob dann jedoch die Arme unter sich.
Dann sah er zu Sam hinüber. «Da haben wir ja den großen Meisterdetektiv», spottete er. «He, du schuldest mir noch Geld.»
Jennie beobachtete Sam aufmerksam. Sie wollte zu ihm. Nah bei ihm sein. Sie wollte ihm von dem Messer unter ihrem Rockbund erzählen. Wollte seine Pläne hören, wie sie den Spieß gegen Norman Bunce umkehren konnten. Aber sie wußte, daß sie es nicht wagte, sich zu bewegen. Wußte, daß sie abwarten mußte und sich nicht rühren durfte.
«Sag nichts», sagte Norman und schaute von Jennie zu Sam. «Laßt mich raten. Wischwusch und der Meisterdetektiv sind ein Paar. Na, hab ich recht?»
Weder Sam noch Jennie hatten irgend etwas dazu zu sagen.
Sam wollte, daß Jennie mit dem Kerl redete. Seine Aufmerksamkeit lange genug ablenkte, damit er versuchen konnte, sich die Kanone zu schnappen. Wenn Norman nur einen einzigen Fehler machte, konnten sie ihn überwältigen. Vier gegen einen müßte genügen. Dann sah er wieder zu Celia hinüber und gelangte zu einer Neueinstufung. Drei gegen einen.
«Ich sehe ganz klar und deutlich, was du denkst, Meisterdetektiv. Aber du weißt, daß ich fähig bin, dieses kleine Baby hier auch zu benutzen.» Norman deutete auf seine Kanone. «Falls du irgendwas versuchen willst, jage ich dir ein Loch ins Fell. Und der Alten hier gleich mit», sagte er und schlug Celia mit der freien Hand auf den Kopf. «Deine Oma oder weiß ich, wer die ist.»
Sam wollte ihn mit diesem ekelhaften Schlips erwürgen, den er um den Hals trug. Er wollte für Waffengleichheit sorgen, Normans Pistole aus der Gleichung herausnehmen und dann dort hinübergehen und den Kerl am Genick packen. Er wollte ihn hochheben und das Leben aus ihm herausquetschen. Ihn mit dem Riemen seiner Kamera erdrosseln. Doch er rührte sich nicht. Er wußte, daß Norman ihn erschießen würde, sobald er etwas versuchte, daß nicht unmittelbar zum Erfolg führte, und anschließend würde er Celia ebenfalls erschießen, und wenn nur aus dem einen Grund, weil er es gesagt hatte.
Man mußte eine Entscheidung treffen, und wie auch immer diese Entscheidung ausfiel, man mußte dabei bleiben.
Genau das verlangte die Situation. Und genau das tat Sam auch. Er beschloß, auf seine Chance zu warten.
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