Voll gebissen
für einen war, für die man alles getan hätte, einen belügt und hintergeht, und dein Glück plötzlich mit einer Anderen teilt, ist es, als würde man dir bei lebendigem Leibe das Herz herausreißen und du müsstest zusehen, wie es wie ein alter Fußball getreten wird.
Mir war zwar klar, dass meine Heulerei die Sache nicht besser machte, doch sie verschaffte mir wenigstens Erleichterung.
7.
Ich wusste nicht, wie lange ich dort gelegen hatte. Es war zwar noch nicht dunkel, aber dennoch kam es mir wie eine halbe Ewigkeit vor. Als ich mich wieder aufrappelte, waren Amilia und Liam nicht mehr auf der Lichtung.
Sie hatten mich einfach liegen lassen.
Liam hatte mich einfach liegen lassen.
Erneut spürte ich einen Stich i n meinem Herzen. Allein der Gedanke daran und dass er stattdessen mit Amilia heimgegangen war, zerriss mein Herz in tausend Stücke und schon wieder füllten sich meine Augen mit Tränen, die still und heimlich über meine Wangen kullerten.
Nachdem ich mich halbwegs wieder beruhigt hatte, ging ich zurück zu unserem Haus. Gott sei Dank traf ich weder m eine Mom noch meinen Dad. Ich hätte auch keinen von beiden ertragen können. In meinem Kopf hörte ich schon ihre Fragen: Schatz, was ist denn los? Was hast du denn gemacht? Wie siehst du denn aus? Warum weinst du? Und so weiter und so fort.
Ich schlich hinauf in mein Zimmer, da fiel mein Blick auf die Sachen, die ich e xtra gekauft hatte, um Liam besser zu gefallen. Besser? Vielleicht hätte ich sagen sollen, um ihm überhaupt zu gefallen. Verärgert feuerte ich sie in eine Ecke des Zimmers und verkroch mich unter der Bettdecke.
W ieder begann ich zu weinen. Ich wollte es gar nicht, doch ich konnte nichts dagegen tun. Zu quälend waren die beißenden Warum-Fragen. Wie schnell man doch von absolutem Glück in ein tiefes Nichts stürzen konnte. Ich verstand das alles nicht. Warum hatte er mir nicht einfach gesagt, dass er lieber mit Amilia zusammen war? Warum traf er sich schon monatelang mit ihr hinter meinem Rücken? Und warum ausgerechnet nur an den Vollmondtagen? Ich verstand die Welt nicht mehr …
Aber eigentlich konnte ich mir die Fragen auch selbst beantworten. Er hatte es mir nicht gesagt, weil er mich nicht verletzen wollte. Was hatte ich mir überhaupt jemals eingebildet, dass jemand wie Liam mit MIR zusammen sein wollte, wo er doch Amilia haben konnte? Und die Vollmondnachmittage hatte er mit Sicherheit gewählt, da es dort nicht so sehr auffiel, wenn er mal etwas früher ging. Immerhin hatte er ja bis dato ganz passable Ausreden gehabt, die ich bis vor kurzem auch noch geglaubt hatte. Dämlich, wie ich war.
Doch was hatte ich falsch gemacht, dass er mich nicht mehr liebte? Dass er mich mit Amilia hinterging? Wo er doch genau wusste, dass Amilia schon immer ein r otes Tuch für mich gewesen war?
Nachdem ich mir immer und immer wieder das Hirn zermarterte, wie das alles geschehen konnte, glaub te ich plötzlich zu wissen, was ich falsch gemacht hatte. Ich erinnerte mich, wie Liam und ich damals in meinem Zimmer waren, er mich küsste und ich ihn, als er mir zu weit ging, abgewiesen hatte.
Ich schluckte schwer.
Ob das der Grund war? Aber er hatte doch zu mir gesagt, dass es nicht schlimm sei, dass wir alle Zeit der Welt hätten, meldete sich eine Kleinmädchen-Stimme in meinem Kopf.
Oder waren das genauso leere Worte wie das „Ich liebe dich“? Es tat weh, in dieser Weise über seine Worte nachzudenken, die mir mal alles bedeutet hatten. Aber wenn man eine Person liebte, betrog man sie nicht. Ich mochte da ja altmodisch sein, aber es gab einfach Sachen, die änderten sich nicht und die würden sich auch nicht ändern. Nicht mal in einer Million Jahre.
Wenn ich Liam nicht für mich alleine haben konnte, wollte ich ihn lieber gar nicht. Das furchtbare Gefühl ihn teilen zu müssen, war stärker als die Gewissheit, ihn verloren zu haben.
Die Nacht schlief ich mehr als beschissen. Immer und immer wieder waberten mir diese quälenden Fragen durch den Kopf und ich fragte mich, warum ich eigentlich mit ihm zusammengekommen war.
Wenn ich an Liam dachte, dachte ich automatisch an sein Lächeln. Seine strahlend weißen Zähne. Sein e dunklen Wuschelhaare. Sein hübsches Gesicht und natürlich auch an seinen durchtrainierten Körper. Doch jetzt, wo ich mir mal die Zeit nahm, darüber nachzudenken, fiel mir auf, dass das alles nur Äußerlichkeiten waren.
Ich warf Amilia vor, dass sie oberflächlich war. Und was war ich dann?
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