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Voll gebissen

Voll gebissen

Titel: Voll gebissen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carina Mueller
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irgendwie hätte arrangieren können. Zumindest eher, als belogen und gedemütigt zu werden.
    „ Emma, bitte ... du fasst das alles ganz falsch auf. Sieh mich bitte an.“ Er umfasste mein Kinn und versuchte meinen Kopf sanft in seine Richtung zu drehen, doch ich entzog mich mit einer schwungvollen Kopfbewegung. „Emma, gib mir zwei Minuten. Dann kannst du mich immer noch zum Teufel jagen.“
    Doch ich schüttelte den Kopf. Ich wollte nicht hören, was er zu sagen hatte. Zumal ich merkte, dass ich meine Tränen nicht mehr unter Kontrolle hatte und sie mit aller Kraft versuchten, auszubrechen. Wenn er etwas hätte erklären wollen, hätte er es gestern schon tun können, anstatt mich wie ein altes abgetragenes Kleidungsstück im Wald liegen zu lassen und sich mit Amilia zu verpissen. Es fiel mir schwer mich zu beherrschen, doch es gelang mir. Ich wollte nicht mehr, dass er sah, wie sehr er mich verletzt hatte. Er sollte nicht sehen, wie schwach ich war.
    „Emma, es tut mir so Leid, dass du das sehen musstest, aber es ist wirklich …“
    Ich drehte den Ipod so laut, dass ich nichts mehr hören konnte, umschlang meine Knie noch fester und wiegte mich leicht hin und her, während ich weiter teilnahmslos auf den Boden starrte.
    Die Situation war eindeutig genug gewesen und obwohl ich mir zu Hause jeden möglichen Umstand ausgemalt hatte, wie es dazu gekommen sein könnte, endeten sie doch alle gleich. Er hatte mich belogen, um sich mit Amilia zu treffen. Er hatte sie mir vorgezogen und er hatte sich keine Gedanken darüber gemacht, wie sehr er mich verletzen würde, wenn das rauskam.
    Liam stand auf und ich sah aus den Augenwinkeln, wie seine Lippen die Worte „Ich liebe dich“ formten, bevor er mit hängendem Kopf wegging.
    Nun konn te ich mich nicht mehr zusammenreißen. Meine Tränen rannen sturzbachartig über meine Wangen und ich unterdrückte gerade noch mühevoll ein Schluchzen.
    Es klingelte und die Pause war zu Ende, doch ich erhob mich nicht. Wie sollte ich so in den Unterricht gehen? Ohne als Gespött der Klasse zu enden? Der Schulhof leerte sich und ich saß immer noch auf den Palisaden. Erneut griff mir eine Hand auf die Schulter.
    „Liam! Ich hab doch gesagt, du sollst mich in Ruhe la ssen!“, blaffte ich, schaffte es aber nicht, mich umzudrehen. Ich wollte nicht in sein hübsches Gesicht sehen. Schon gar nicht, nachdem seine Lippen eben diese Worte geformt hatten. Die Worte, die mich bis vor kurzem nach ganz glückselig werden ließen und jetzt so viel Leid in mir verursachten. Da sich die Hand nicht von der Stelle bewegte, ruckte ich mit der Schulter, um sie abzuschütteln, doch sie hielt mich immer noch fest
    „ Liam, geh bitte“, sagte ich mit halbwegs gefasster Stimme, doch die Hand blieb wo sie war. Ich drehte mich um, wollte ihn anbrüllen, ihm sagen, dass er abhauen und sich zum Teufel scheren sollte, aber vor Verblüffung brachte ich kein Wort heraus. Es war gar nicht Liam, der hinter mir saß.
    Es war Kyle. Er rang sich ein Lächeln ab, auch wenn es furchtbar gezwungen aussah.
    „Geht’s wieder?“, fragte er und seine Stimme klang so mitfühlend, wie ich traurig war, doch ich brachte keinen Ton heraus. Ich weiß nicht, was mich mehr schockierte. Dass Kyle Gefühle hatte oder dass er nett zu mir war, o bwohl Liam nicht mehr mein Freund war. Ich starrte ihn an. Meine Augen füllten sich erneut mit Tränen. Ich versuchte, sie wegzublinzeln, wollte mir vor Kyle die Blöße nicht geben und versuchte zu antworten.
    „Es geh …“, doch meine Stimme erstarb. Daran waren nur die blöden Tränen Schuld. Ich spürte, wie sich eine davon aus dem Augenwinkel stahl und versuchte alles erdenklich Mögliche, nicht schon wieder loszuheulen, aber ich konnte nichts dagegen tun.
    Kyle rutschte näher an mich heran, legte seine riesigen Prankenarme um meine Schultern und quetschte mich gegen seine Brust. Ich begann erneut wie ein Schlosshund loszuheulen.
    „Ist ja gut“, flüsterte er in mein Haar, während er mir sanft darüber strich, doch es wurde durch seine tröstenden Worte nur noch schlimmer. Ich weinte und weinte. Ich wusste gar nicht, wie lange wir dort so saßen, bis ich mich ein wenig beruhigt hatte und es endlich schaffte, den Kopf anzuheben, um Kyle mit meinen verheulten Augen anzusehen.
    „Du verpasst den ganzen Unterricht“, brachte ich heraus und wischte mir die Augen trocken. Doch Kyle zuckte mit den Schultern.
    „Es gibt Wichtigeres“, sagte er knapp und sah mich einfach nur an.

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