Voll gebissen
können und tatsächlich – ich fand eins! Mein Gesicht wurde heller. Sooo teuer war das Kleid gar nicht. Gut, es war jenseits von billig, aber erschwinglich. Ich sah meine Mom an, die mir aufmunternd zunickte und wir stürmten auch diesen Laden. Schnell schlüpfte ich in die Umkleide und zog mir das Kleid über. Es passte wie angegossen.
Meine Mutter reichte mir durch den Vorhang ein paar schwarze hohe Schuhe, passend zu dem Kleid. Bedacht darauf, diesmal den Vorhang nicht mehr als nötig zu öffnen.
Zuerst verzog ich das Gesicht. Absatzschuhe waren noch nie mein Fall gewesen, doch dieser Absatz hatte ungefähr die gleiche Höhe, wie meine braunen Stiefel und da ich den Ausflug mit diesen Dingern letztens auch unbeschadet überstanden hatte, könnte ich diese ja wenigstens mal anprobieren. Wieder beäugte ich mich im Spiegel.
Wow! Wenn ich das mal ganz eingebildet sagen durfte: Ich sah echt scharf aus. Rattenscharf, um genau zu sein! Die hohen Schuhe ließen meine Beine extrem lang wirken (topmodelähnlich!) und das Kleid umspielte fließend meinen Körper – wie flüssige Seide. Es war kurz, hatte aber genug Länge, damit es nicht schlampig aussah. In diesem Outfit stand ich Amilia in nichts nach. Ich zog den Vorhang zurück und präsentierte mich stolz meiner Mom, die bei meinem Anblick große Augen bekam.
„Hola , señorita!“, stieß sie hervor und ich grinste breit. „Schatz?“
„Mmh?“
„Auch wenn Mütter sowas eigentlich nicht sagen und ich wahrscheinlich nicht die Person bin, von der du dir diese Reaktion erhoffst, aber … du siehst echt heiß aus.“
Mein Grinsen wurde noch breiter (falls das ü berhaupt möglich war) und ich war mir sicher, momentan hätte eine Banane quer in meinen Mund hineingepasst. Ich hoffte nur, dass mein Gesichtsausdruck später, wenn Liam mich sah, nicht ganz so dümmlich sein würde und ich wenigstens ein bisschen Coolness wahren könnte.
Ich zog meine Klamotten wieder an und ging mit meiner neuen Errungenschaft zur Kasse. Gut, dass ich schon länger nicht mehr einkaufen gewesen war. Sonst hätte ich mir das hier nämlich nicht leisten können. Bestens gelaunt verließen wir auch dieses Geschäft und machten uns auf den Heimweg.
Im Auto merkte ich erst, wie müde ich war. Ich hatte völlig vergessen, wie anstrengend Einkaufen sein konnte. Zu Hause angekommen, futterte ich schnell ein Stück kalte Pizza vom Vortag und schlich hinauf in mein Zimmer. Meine neuen Sachen stellte ich einschließlich Tüte fein säuberlich auf meinen Schreibtisch, bevor ich mich aufs Bett plumpsen ließ. Ehe ich mich versah, schlief ich ein.
6.
Am nächsten Tag kam Liam nach der Schule wie gewohnt mit zu mir. Es war Vollmond und ich hatte mir fest vorgenommen, ihm heute zu folgen, falls er wieder auf die Idee kam, sich so früh aus dem Staub zu machen. Ich meine, was sollte das? Was gab es denn so Wichtiges? Wichtigeres als mich?! Wenn er keine Lust mehr auf mich hatte, warum sagte er es dann nicht einfach?
Wie vermutet (oder sollte ich lieber befürchtet sagen?), verabschiedete sich Liam ungewöhnlich früh.
Der werte Herr saß vielleicht 10 Minuten in meinem Zimmer, da sprang er auf und sagte: „Ich mach mich auf den Weg. Hab noch was Wichtiges zu erledigen. Tschüss, Liebste.“ Er drückte mir einen leichten Kuss auf die Stirn und verschwand.
Im ersten Moment war ich so perplex, dass ich völlig vergaß, was ich plante, doch schnell besann ich mich, nahm meine Jacke und machte mich auf den Weg. Liam hatte nicht gelogen. Er ging in Richtung Wald. Den gleichen Weg, den er beim ersten Mal auch entlanggelaufen war. Da Liam mir erzählt hatte, dass Werwölfe selbst in Menschengestalt um ein vielfaches besser hören und sehen können als Menschen, begnügte ich mich zuerst damit, nur die Richtung zu erspähen, in die Liam lief. Wenn er nicht gelogen hatte, wusste ich genau, wo ich ihn finden würde. Also warum das Risiko auf mich nehmen und erwischt werden?
Nachdem ich ungefähr eine halbe Stunde gewartet hatte, lief ich schließlich in den Wald hinein. Ich versuchte, mich an den Pfad zu erinnern, und glücklicherweise dauerte es auch nicht lange, bis ich die richtige Richtung fand. Ich folgte dem schmalen Waldweg, der zu der kleinen versteckten Waldlichtung führte und stand verdeckt zwischen zwei dicken Laubbäumen, während meine Augen über die Lichtung wanderten.
Zuerst schien alles ruhig, d och was ich dann zu sehen bekam, damit hatte ich nicht gerechnet! Zum Glück
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