Voll gebissen
waren rundherum Bäume und ich konnte mich gegen einen lehnen, sonst wäre ich bei diesem Anblick garantiert der Länge nach hingeschlagen und hätte die Besinnung verloren. Wobei ich sagen muss, dass ich trotz helfender Bäume einem Ohnmachtsanfall gefährlich nahe war.
Liam saß im Schneidersitz auf einer rotkarierten Decke. Um ihn herum etliche Teller und Döschen. Dazu ein Tablett, auf dem kleine Sektgläschen standen.
Und neben ihm?
Neben ihm saß AMILIA!
Die beiden veranstalteten mitten im Wald ein Picknick! War das noch zu fassen? Ich keuchte vor Schreck. Schlagartig überfiel mich eine Übelkeit, die mit Sicherheit nicht einmal diese stinkenden Dörrfleischdinger von Dan in mir ausgelöst hätten, und ich bekam am ganzen Körper Gänsehaut.
Amilia hatte sich vor Liam auf die Knie gesetzt, imitierte ein Flugzeug (Hallo? Wie alt sind wir denn?) und flog mit ihrer Scheißhand auf Liams Mund zu, um ihn zu füttern. Als ich mich halbwegs wieder gefangen hatte, stolperte ich auf die zwei zu. Liam schien ja mächtig beschäftigt zu sein, wenn er mich mit seinem Möchtegern-Super-Werwolf-Gehör nicht mal ansatzweise wahrnahm. Amilia holte erneut e twas aus einer Dose und steckte es ihm in den Mund.
So! Das war zuviel!
Ich begann auf die beiden zuzulaufen. Ich konnte es nicht ertragen, mir noch mehr davon anzusehen. Als ich aus dem Wald auf die Lichtung rannte, schwang Liams Kopf in meine Richtung und sofort wurde er stocksteif. Sehr gut! Wenigstens hatte er ein schlechtes Gewissen. Wobei das ja auch das Mindeste war, was ich erwarten konnte. Dann griff er sich verlegen in den Nacken.
Ich verlangsamte meine Schritte wieder und stolzierte h och erhobenen Hauptes auf die zwei zu, um mich dann direkt vor ihnen aufzubauen. Meinen vor Zorn wippenden Fuß gabʼs natürlich gratis dazu.
„Was fällt dir überhaupt ein…“, legte ich wutschnaubend los und verschränkte die Arme vor der Brust, doch Amilia lächelte mich nur mitleidig an . Bei ihrem Blick wurde ich plötzlich ganz unsicher, ob ich überhaupt hier sein sollte.
Schnell wischte ich den Gedanken wieder beiseite. Immerhin war Liam MEIN Freund und es war sehr wohl mein Recht, ihn zur Rede zu stellen, wenn ich ihn picknickend mit einer anderen Tussi vorfand.
„Ist das also das Wichtige, was du noch zu erledigen hattest?“ Scheiße! Ich merkte, wie mir eine Träne über die Backe ro llte. So viel zum Thema „demütigende Eigenschaften, die die Welt nicht braucht“.
„Emma …“, begann Liam, stand auf und schritt auf mich zu, doch jeden Schritt, den er vorwärts machte, ging ich rückwärts. Ich wollte nicht von ihm berührt werden. Schon gar nicht, wenn er womöglich (womöglich? Sehr wahrscheinlich!) vorher noch Amilia befingert hatte.
„Emma …“, begann er erneut und ich schaute ihn an, doch ich sah ihn nicht wirklich. Es war mehr, als würde ich durch ihn hindurch sehen. „Das ist ALLES nicht so, wie es aussieht. Und schon gar nicht, wie du denkst.“
„ Ach nein? Wonach sieht es denn aus? Was denke ich? Das mein arschiger Freund sich mit der größten Klassenschlampe allein im Wald trifft und bei ein paar Snacks vergnügt, vielleicht? Wie sollte ich denn auf so etwas kommen? Womöglich, weil es haargenau so ist?“
Amilia schaute pikie rt, doch das war mir grad egal.
„Emma bitte, lass ʼ es mich erklären, bevor du voreilige Schlüsse ziehst.“
Ich schnaubte erneut. Voreilige Schlüsse! Was sollte man denn sonst in einer solchen Situation denken?
„Also?“, fragte ich auffordernd. Nicht, dass das Ganze nicht eindeutig genug war, aber ich glaube, mein Herz hatte doch noch den kleinen Hoffnungsschimmer, dass es tatsächlich schlimmer aussah, als es war und Liam immer noch mein über alles geliebter Freund ist.
„ Ups … da wär ich jetzt aber vorsichtig, was genau du alles erklärst“, mischte sich nun auch Amilia ein.
„Halt die Klappe“, raunzte ich sie an, „oder hat irgen djemand gesagt, Ausspanner-Schlampe mach’s Maul auf?“
Ich glaube, so etwas Unhöfliches hatte ich noch nie zu jemandem gesagt. Gut, gedacht bestimmt schon millionenmal, aber wirklich gesagt? Nie! Dafür war ich eigentlich viel zu höflich, doch unter diesen Umständen schien meine gute Kinderstube etwas zu leiden und so dachte ich nicht großartig darüber nach, was ich sagte. Amilia schien zumindest platt zu sein und versuchte, mich mit ihrem Blick zu erwürgen .
„Emma, ich …“, Liam griff sich wieder in den Nacken, „es ist wirklich
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