Voll im Bilde
niemand um einen freien Tag!« entgegnete Tugelbend. »Ich bin schon einmal entlassen worden, herzlichen Dank.«
»Und man hat dich wieder eingestellt, und du bekommst jetzt mehr Geld. Komisch, nicht wahr?« – kratzte sich am Ohr. »Sag Schnapper, dein Vertrag sieht einen freien Tag vor.«
»Ich habe überhaupt keinen Vertrag. Das weißt du doch. Man arbeitet und wird bezahlt. So einfach ist das.«
»Ja«, brummte der Hund. »Ja. Ja? Ein mündlicher Vertrag. Du hast recht, es ist ganz einfach. Oh, ich liebe einfache Dinge.«
Als sich die Nacht ihrem Ende entgegenneigte, stand ein unsicherer Detritus vor der Hintertür des Blauen Lias. Seltsame Gefühle hatten ihn den ganzen Tag über geplagt. Wenn er die Augen schloß, sah er immer wieder eine hügelartige Gestalt.
Schließlich reifte eine Erkenntnis in ihm.
Er hatte sich verliebt.
Der Troll erinnerte sich daran, in Ankh-Morpork Leute für Geld geschlagen zu haben. Er erinnerte sich an ein freud- und freundeloses Leben. An ein Leben in Einsamkeit. Er hatte sich bereits damit abgefunden, den Rest seiner Tage als verbitterter Junggeselle zu verbringen, doch nun gab ihm Holy Wood eine einzigartige Chance.
Detritus entsann sich auch an seine strenge Erziehung und den väterlichen Rat: Wenn man eine Frau sah, die einem gefiel, so stürmte man nicht einfach auf sie zu. Nein, man mußte Anstand bewahren und die Tradition beachten.
Er war zum Strand gegangen, um dort einen Stein zu suchen. Natürlich nicht irgendeinen Stein. Schließlich entdeckte er ein vom Meer geglättetes Exemplar, mit Adern aus rosarotem und weißem Quarz. Frauen mochten so etwas.
Jetzt wartete er darauf, daß Rubin die Arbeit beendete.
Er überlegte, was er ihr sagen sollte. Niemand hatte ihm beigebracht, was er zu sagen hatte. Unglücklicherweise war Detritus nicht so redselig wie die Trolle Rock und Moräne. Bisher hatte er Sprache nie wirklich dringend benötigt. Mutlos scharrte er im Sand. Welche Möglichkeiten hatte er bei einer so schönen und intelligenten Frau?
Er hörte schwere Schritte, und dann öffnete sich die Tür. Das Objekt seiner Begierde trat in die Nacht und atmete tief durch. Bei Detritus erzielte das eine Wirkung wie ein Eiswürfel, der den Nacken eines Menschen hinunterrutscht.
Detritus starrte erschrocken auf seinen Stein. Im Vergleich zu Rubins Masse erschien er geradezu winzig. Aber vielleicht spielte die Größe keine Rolle; vielleicht ging es in erster Linie darum, was man mit dem Stein anstellte.
Jetzt kam der entscheidende Augenblick. Es hieß, das erste Mal sei unvergeßlich…
Detritus holte weit aus und traf Rubin genau zwischen den Augen.
Und dann ging alles schief.
Die Tradition verlangte folgendes: Wenn die Frau ihre Benommenheit abstreifte, und wenn der Stein ihren Ansprüchen genügte – dann sollte sie allen Vorschlägen des betreffenden Trolls zugänglich sein. Als besonders attraktiv galt das Angebot, einen Menschen in romantischem Kerzenschein zu verzehren, obwohl die Trolle inzwischen von derart unzivilisiertem Verhalten Abstand genommen hatten – es sei denn, es bestand keine Gefahr, dabei erwischt zu werden.
Die Frau sollte nicht die Augen zusammenkneifen und dem Steinwerfer eine so heftige Backpfeife verpassen, daß ihm die Ohren klingelten.
»Du dummer Troll!« rief Rubin, während Detritus im Kreis taumelte. »Was du dir dabei gedacht haben? Du mich halten für Unschuld vom Berge? Warum du es nicht richtig machen?«
»Aber, aber«, erwiderte Detritus. Rubins Zorn entsetzte ihn. »Ich nicht in der Lage, deinen Vater um Erlaubnis zu bitten, dich zu schlagen. Ich nicht wissen, wo er wohnen…«
Rubin straffte würdevoll ihre Gestalt.
»Der altmodische Kram jetzt sehr unkultiviert sein«, schniefte sie. »So etwas nicht mehr modern. Ich kein Interesse an einem Troll, der nicht mit der Zeit gehen. Stein auf dem Kopf sein sentimental…«, fuhr Rubin fort, und ein Teil der Gewißheit tropfte aus ihrer Stimme. »Aber Diamanten die besten Freunde einer Frau.« Sie zögerte – aus irgendeinem Grund kam ihr das falsch vor.
Detritus runzelte verwirrt die granitene Stirn.
»Was?« fragte er. »Du möchten, daß ich mir die Zähne ausschlagen?«
»Nun, vielleicht Diamanten nicht richtig«, räumte Rubin ein. »Aber jetzt alles modern. Heute Frauen verlangen mehr als nur Stein auf dem Kopf.«
Detritus’ Miene erhellte sich. »Vielleicht zwei?« hoffte er.
»Nein«, erwiderte Rubin streng. »Eine moderne Frau wollen umworben werden.
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