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Voll Speed: Roman (German Edition)

Voll Speed: Roman (German Edition)

Titel: Voll Speed: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Moritz Matthies
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gekommen, an dem Rufus sich auf Nino stürzen, seinem Rivalen die Augen auskratzen und ihm ein halbes Ohr abbeißen müsste. Im Geiste bereite ich mich deshalb darauf vor, hier gleich die Fetzen fliegen zu sehen.
    Umso erstaunter bin ich, als mein Bruder, das Superhirn, sagt: »Ach so.«
    Und es kommt noch besser: »Weshalb hast du mich nicht gefragt?«
    Natalie steht auf, stakst auf einem unsichtbaren Strich durch die Kammer, bleibt höllisch dicht vor Rufus stehen und nimmt seine Klaue. »Du hast doch immer so viel zu tun, Schatz«, erklärt sie. »Da wollte ich dich nicht noch mehr belasten …«
    Ach, Rufus.
    »Das war echt lieb von dir.«
    Erbarmen.
    Mein Bruder stochert noch hilflos in seinem Synapsenquark herum, als ich bereits wieder zum eigentlichen Grund unseres Kommens zurückgefunden habe.
    »Nino?«
    Der scheint zu glauben, dass wir ihn nicht sehen können, solange er sich nicht bewegt.
    »Nino!«, rufe ich.
    »Hm?«
    »Rufus und ich führen eine Befragung durch.«
    »Ah.«
    »Frage Nummer eins: Du warst dabei, als das mit Nick passiert ist?«
    »Na ja, also so direkt nicht …«
    »Frage Nummer zwei: Was habt ihr vorher gemacht? Habt ihr euch mal wieder irgendwas eingeworfen? Was anderes als Traubenzucker diesmal?«
    »Nee, Mann, Alter. Echt nicht. Ich hab … Wir haben … Also nichts, ehrlich. Da war nichts. Ich hab ihn ja auch nur gefunden – so eher zufällig sozusagen … Vorher, da weiß ich nicht …«
    Ich halte durch bis Frage Nummer zwölf, weiß aber bereits bei Frage drei, dass die mich nirgendwo hinführen werden. Einen aus dem vierten Wurf zu befragen ist wie einen Flamingo zu befragen. Am Ende ziehen Rufus und ich uns ergebnislos in das neu eingerichtete Headquarter zurück und besprechen die weitere Vorgehensweise.

    Seit unserem ersten gemeinsamen Kriminalfall im Sommer haben Rufus und ich ein eigens für unsere Zwecke eingerichtetes Büro, das durch eine App-gesteuerte Lichtschranke gesichert ist. Eine Sechser-Bordeauxkiste dient als Konferenztisch, zwei halb aufgeblasene Schwimmflügel als Sitzsäcke.
    Rufus lehnt am Konferenztisch und lässt seit Minuten eine blaue Glasmurmel von einer Klaue in die andere rollen. Logisch könnte ich ihm sagen, was ohnehin alle wissen: dass Natalie eine versaute Mieze ist, die mit so ziemlich jedem rummacht, und dass er besser heute als morgen sein Herz an eine andere hängt. Aber es gibt eben Dinge, die man nur begreift, wenn man selbst draufkommt. Also sehe ich der Murmel zu, wie sie hin und her und hin und her und hin und her rollt.
    Endlich hält Rufus sie fest. »Für einen Moment«, sagt er, »hab ich echt gedacht, Nino und Natalie hätten was miteinander.«
    Ich hebe zu einer Erwiderung an, doch es kommt nichts raus. Am Ende sage ich: »Können wir jetzt mal über den Fall reden?«
    Die kleine Glaskugel beginnt wieder, über den Kistenboden zu rollen. »Natürlich.«
    »Und leg endlich die bescheuerte Murmel weg!«
    Folgsam lässt Rufus die Murmel in einer der Buntstiftkisten verschwinden, die ihm als Ablage dienen. Stattdessen zieht er zwei Videotheksausweise hervor und beginnt mit Hilfe seiner Krallen und eines Cutters, die Laminierung aufzutrennen. Ich frag nicht nach. Ganz offensichtlich ist der Gute woanders, und wo immer das ist, will er nicht gestört werden. Das Bild seiner Verlobten und dem hinter ihr stehenden Nino verfolgt ihn. Es wird dauern, ehe es zu verblassen beginnt. Ich weiß, wovon ich rede. Elsa. Und Giacomo. Im Mondschein, in einer heißen Sommernacht, auf dem kalten Waschbeton ihres Käfigs … Was ich eigentlich sagen will, ist: Schätze, wir sind beide nicht richtig bei der Sache.
    Rufus hat etwas mit Fineliner auf die Karten gekritzelt, sie in ihre Hüllen zurückgeschoben und mit Sekundenkleber die Schutzhüllen in ihren Ursprungszustand zurückversetzt.
    »Hier.« Er schiebt mir einen der beiden Videotheksausweise über die Bordeauxkiste. »Besser, du hast den ab jetzt immer dabei.«
    Ich drehe den Ausweis zwischen meinen Krallen, während sich Rufus den anderen hinter seinen Brustgurt klemmt, direkt neben seine bescheuerte Rosa-Herzchen-Uhr. Er will mal wieder gefragt werden. Na schön.
    »Und was soll ich damit?«
    »Unsere Dienstausweise.« Logisch. »Du bist Ermittler Nummer eins und ich Ermittler Nummer zwei – steht doch drauf.«
    Schon klar – ich könnte ihm jetzt zum hundertsten Mal sagen, dass er das einzige Tier in diesem Zoo ist, das lesen kann, weshalb es völlig gleichgültig ist, was er auf

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