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Voll Speed: Roman (German Edition)

Voll Speed: Roman (German Edition)

Titel: Voll Speed: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Moritz Matthies
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morsches Holz.
    »Von allen Qualen, die den Menschen heimsuchen, ist die Selbstverachtung die schreck… Aua! Was war das denn?«
    Ich mache auf ahnungslos: »Keine Ahnung. Wahrscheinlich hast du dir mal wieder auf die Ohren gehauen.«
    »Das war ich nicht!«
    »Dann muss ich es wohl gewesen sein.«
    »Du hast mir auf die Ohren geschlagen?«
    Ich wende mich dem Bau zu. »Auf ein Ohr.«
    »Was soll denn das , bitte? Fängst du jetzt auch schon an wie Rocky?« Während ich den Bau ansteuere, überlegt Rufus, womit er mich wirklich ins Mark treffen kann. Dann ruft er mir nach: »Mann, musst du frustriert sein!«
    Treffer.
    »Da wäre ich dann ja wohl nicht der Einzige im Clan«, entgegne ich.
    Versenkt.

Kapitel 13
    »Was hast du denn da um den Hals?«, fragt Phil, während wir uns in seinem Volvo durch den morgendlichen Berufsverkehr kämpfen.
    »Hab ich mir fast gedacht, dass du das nicht kennst«, erwidere ich. »Das nennt man: Krawatte.« Ich schlage meinen Klappzylinder lässig gegen das Handschuhfach, damit er sich öffnet. Tut er aber nicht. Stattdessen springt das Handschuhfach auf.
    »Dann hab ich mich ja doch nicht verguckt«, sagt Phil, schließt das Handschuhfach und nimmt mir den Zylinder aus der Klaue. Mit einer beneidenswert beiläufigen Bewegung bringt er meinen Hut dazu, sich mit einem leisen »Plopp« zu entfalten.
    »Wieso gibt es diese Dinger überhaupt in deiner Größe?«, will Phil wissen und gibt mir meinen Chapeau claque zurück.
    »Hat Jerry letzten Sommer einer Bauchrednerpuppe geklaut. Soviel ich weiß am Tag der offenen Tür.«
    »Ach, deswegen ist die Krawatte so breit. Und wer ist Jerry?«
    »Ein Kapuzineraffe mit einem klitzekleinen Alkoholproblem«, erkläre ich und füge hinzu: »Wo wir gerade davon sprechen: Kannst du mir bei Gelegenheit eine Flasche Bananenlikör besorgen?«
    »Klaro. Soll ich auch noch Blumenkränze und ’ne Hula-CD kaufen?«
    »Gute Idee, aber lass mich das lieber zuerst mit Jerry besprechen«, erwidere ich und verstehe nicht, warum Phil jetzt genervt seufzt. War ja schließlich sein Vorschlag.
    Ich setze meinen Zylinder auf und schiebe die Krempe mit der Krallenspitze ein wenig nach oben, damit der Hut leicht schräg sitzt. Rufus hat mir erzählt, dass der Mann von Welt das so macht. »Und? Wie sehe ich aus?«
    Phil wirft mir einen müden Blick zu. »Bescheuert.«
    Ich verschränke die Vorderläufe und schlage die Hinterläufe übereinander. »Dein Anzug ist auch nicht gerade erste Wahl«, kontere ich. »Sieht aus, als wäre eine Büffelherde drübergetrampelt. Und riecht wie der alte Plunder in unserer Asservatenkammer.«
    »Echt?« Phil schnuppert dezent am linken Ärmel seines schwarzen Anzugs und rümpft die Nase. »Du hast recht. Der riecht tatsächlich nach Mottenkugeln.«
    »Sag ich doch«, erwidere ich und lümmele mich in meinem Sitz, als wäre er ein hipper Cocktailsessel.
    »Na, wenigstens sehe ich nicht aus wie ein Erdmännchen, dass sich für Abraham Lincoln hält«, bemerkt Phil.
    »Abraham … wer?«
    »Abraham Lincoln. Ein amerikanischer Präsident, der auch gern solche Hüte getragen hat.«
    Ich denke scharf nach. Rufus hat mir das mal erklärt, glaube ich. Wenn ich es richtig in Erinnerung habe, dann ist der amerikanische Präsident ein Clanchef, der nicht nur einen Clan hat, sondern gleich mehrere. Er ist viel wichtiger als beispielsweise unser Zoodirektor. Und vor dem kuscht ja sogar Kong. »Ist doch cool«, sage ich. »Wenn selbst der amerikanische Präsident solche Hüte trägt, dann kann das ja für mich nicht falsch sein.«
    »Ich fürchte trotzdem, dass es dem Bestatter seltsam vorkommen wird, wenn zu Boris’ Beerdigung ein Erdmännchen mit Krawatte und Chapeau claque erscheint.«
    »Moment mal!«, rufe ich. »Du hast gesagt, wir sind allein auf dieser Beerdigung.«
    »Stimmt ja auch. Ich bin mir fast sicher, dass wir die einzigen Trauergäste sein werden«, erklärt Phil. »Das heißt aber nicht, dass sonst niemand auf dem Friedhof ist.«
    Enttäuscht lasse ich die Schultern sinken. Ich habe mir eigens für die Beerdigung von Boris eine passende Garderobe zugelegt, und jetzt kommt sie nicht zum Einsatz, weil ich in Phils Umhängetasche hocken werde, um vor neugierigen Blicken geschützt zu sein. Na toll! Dabei hätte ich sogar gewusst, dass man den Zylinder abnehmen muss, wenn Boris vergraben wird. Das ist eine Frage des Respekts, hat Rufus mir erklärt, vergleichbar mit den Nachtwachen der Erdmännchen, wenn ein Clanchef

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