Voll Speed: Roman (German Edition)
wir in die Dunkelheit. Ein fernes Krachen und Knirschen ertönt, dann Stille.
»Und das war jetzt ein gemäßigter V-Boden mit einer liebevoll aufgetragenen Schicht Carnubawachs, der an einer Steinwand zerschellt.« Rufus hat Tränen in den Augen. »Das war es dann wohl mit unserem Traum von Wasserski.«
»Das gibt Rache!«, brüllt Rocky. »Habt ihr gehört, ihr verdammten Ratten. Rache!!!« Er windet sich in seinen Fesseln.
»Rocky, lass das bitte«, sagt Rufus. »Sonst machst du noch …!« Mein genialer Bruder verstummt erschrocken, weil mein doofer Bruder gerade mit den Krallen seiner Hinterpfoten die Plastikhaut der Ente aufgeschlitzt hat.
Mit einem lauten Pfeifen entweicht die Luft aus unserem Gefährt, zugleich sinken wir rapide. Es ist binnen zwei Atemzügen abzusehen, dass wir es nicht rechtzeitig bis zum Hafen schaffen werden. Und bis dahin gibt es keinen Vorsprung, auf den wir uns retten könnten. Schmatzend schwappt die stinkende braune Brühe in unser Boot.
»Wir sollten ihn vielleicht einfach ersaufen lassen«, schlägt Rufus unverkrampft vor.
»Gute Idee«, stimme ich zu. »Wer ist dafür?«
Rufus und ich heben synchron je eine Vorderklaue.
Rocky starrt uns blöde an, dann erst realisiert er, dass er immer noch gefesselt ist. »Guter Witz, Leute. Macht mich los.«
Wir lösen Rockys Fesseln erst, als der uns hoch und heilig verspricht, dass er nicht gleich wieder als Ein-Mann-Armee losziehen wird. Zu diesem Zeitpunkt stehen wir bereits bis zur Hüfte in Exkrementen.
Nach einem Bad im Flamingoteich schleichen wir zum Bau zurück. Den Geruch der Kanalisation haben wir abwaschen können, den Gestank unserer bislang größten Niederlage leider nicht.
»Sieht aus, als hättet ihr den Krieg verloren«, höre ich Phil sagen, als wir das Gehege betreten.
»Woher weißt du, dass wir …?«
»Zwei von euch sind rausgeschickt worden, als es was zu fressen gab. Einer hat mir alles erzählt. Mads hieß er, glaube ich.«
»Den Rest hast du dir richtig zusammengereimt«, sagt Rufus. »Die Ratten haben die Kanalisation erobert. Traurig, aber wahr.«
Ein kurzes, betretenes Schweigen.
»Was wäre, wenn ihr ein Schlachtschiff hättet?«, fragt Phil plötzlich.
»Ein Schlachtschiff?«, wiederhole ich.
»Ein Schlachtschiff«, bestätigt Phil mit ernstem Gesicht.
Kapitel 20
Phil hat mehrere Stunden in Schmidtbauers Park auf einer Bank gesessen und die Klinik beobachtet. Zwar hat die Observierung nichts gebracht, aber beim Nachdenken über den Fall ist Phil etwas klargeworden: Die Lösung aller Fragen muss in der Kanalisation liegen. Vielleicht gibt es unter Schmidtbauers Klinik einen versteckten Kellerraum, der den Ratten zugänglich ist und bei der Durchsuchung nicht entdeckt wurde. Schmidtbauer könnte den Eingang hinter einem Schrank versteckt oder sonstwie getarnt haben. Und vielleicht werden die Drogen zudem in luftdichten Päckchen gelagert, weshalb die Hunde keine Witterung aufnehmen konnten. Eine solche Art der Lagerung wäre auch sinnvoll, um die Haltbarkeit der Pillen zu erhöhen. Kurzum: Phil ist der Ansicht, dass wir unter Schmidtbauers Klinik nach der Lösung des Falles suchen müssen.
Leider ist das ein schlicht unmögliches Unterfangen angesichts der Tatsache, dass die Ratten die Kanalisation kontrollieren. Deshalb hat Phil nach seinem Gespräch mit Mads einen Kerl kontaktiert, der nicht nur leidenschaftlicher Hobbymodellbauer ist, sondern ihm auch noch etwas schuldet.
»Und dieser Kerl würde mir ein Schiff leihen, mit dem ihr dem Rattenkrieg eine entscheidende Wendung geben könntet«, erklärt Phil. »Allerdings wäre es schön, wenn ich das Modell in einem Stück zurückbekäme. Es ist nicht gerade billig.«
»Her mit dem Schiff!«, sagt Rocky. »Wir brechen sofort auf.«
Rufus und ich werfen unserem Bruder frostige Blicke zu, und der versteht ausnahmsweise, dass er sich jetzt mal in Geduld üben muss.
»Um was für ein Schiff würde es sich denn überhaupt handeln?«, fragt Rufus skeptisch.
»Um einen maßstabsgetreuen Nachbau der USS Intrepid «, antwortet Phil und will noch erklären, was sich dahinter verbirgt, als Rufus bereits anerkennend durch die Zähne pfeift.
»Geilomat«, sagt mein brillanter Bruder. Als ich ihm fragende Blicke zuwerfe, erklärt er: »Ein amerikanischer Flugzeugträger, der im Pazifikkrieg mitgemischt hat. Das Original liegt vor Manhattan und ist jetzt ein Museum. Die Amis nennen das Schiff auch Tough Old Lady , weil es so hart im Nehmen war. Eine
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