Voll Speed: Roman (German Edition)
schwimmende Festung.«
Phil, Rocky und ich starren Rufus an. Kein Wunder, dass er nie Sex hat, wenn er sich rund um die Uhr mit Informationen vollstopft. Anders kann ich mir jedenfalls nicht erklären, dass es praktisch kein Thema gibt, zu dem Rufus nichts sagen könnte. Außer eben Sex.
»Bliebe noch die Problematik des Elektroschockers«, doziert Rufus. »Wenn das Schiffsmodell aus Metall ist, dann leitet es. Man könnte also die gesamte Besatzung mit einem einzigen Stromstoß auslöschen. Dieses Problem gilt es zu lösen. Wie steht es denn mit der Bewaffnung, Phil?«
Mein Bruder nun wieder. Pinkelt sich in die Hose, wenn ihn eine Ratte mit Augenklappe schräg ansieht, mutiert aber zum Viersternegeneral, sobald man ihm einen Flugzeugträger in Aussicht stellt.
»Auch alles maßstabsgetreu. Die Maschinenkanonen und die Flaks werden mit Plastikkugeln geladen, für die Einzelgeschütze und die Zwillingstürme gibt es Silvesterböller«, erklärt Phil.
Rufus nickt und überlegt angestrengt. »Das heißt, wir brauchen jede Klaue und damit den ganzen Clan, um die Geschütze zu bedienen.«
»Aber nicht Ma und Pa«, widerspreche ich prompt.
»Und auch nicht Roxane«, ergänzt Rocky.
»Und die kleinen Scheißer aus dem fünften Wurf würde ich da ebenfalls rauslassen«, füge ich hinzu. »Und am besten auch die Discojugend. Die sind ja sowieso meistens auf Traubenzucker.«
Rufus überlegt. »Dann bleibt aber nicht mehr viel.« Er schlägt sich nachdenklich ein paarmal die Kralle aufs Ohr. »Hey! Vielleicht ist das sogar die beste Variante! Wir akzeptieren zum Schein den Vorschlag von Roxane und schicken den Clan ins vorgezogene Winterlager. Alle sollen sich im Steinhaus verbarrikadieren. Wir drei behaupten, dass wir noch das Gehege sichern müssen, in Wirklichkeit ziehen wir mit unserem Flugzeugträger in die Entscheidungsschlacht gegen die Ratten.«
»Worauf warten wir dann noch?«, fragt Rocky und grinst dämlich.
»Es sind noch ein paar Details zu klären«, entgegnet Rufus. »Ich bräuchte eine Nacht, um gewisse Dinge zu automatisieren.«
»Automati… was?«, fragt Rocky.
»Und noch was: Während der gesamten Aktion habe ich das Kommando«, fährt Rufus fort, ohne Rockys Einwand überhaupt zur Kenntnis zu nehmen.
Diesen Satz hat der Erstgeborene immerhin verstanden. »Ich bin der Clanchef!«, begehrt er auf. »Also habe ich auch das Kommando!«
»Und du wirst auch der Clanchef bleiben«, erwidert Rufus. »Aber das heißt ja nicht gleich, dass du auch ein guter Feldherr bist.«
»Aber du bist ’n guter Feldherr, oder was?«, blafft Rocky.
»Ich hab einiges gelesen zum Thema moderne Kriegsführung, falls du das meinst.« Rufus winkt ab. »Ist aber auch egal. Entweder ich habe das Kommando, oder ich bin draußen. Dann ziehen wir eben alle ins blöde Winterlager und überlassen den Ratten den Sieg. Mir doch schnurz.«
Rocky hebt seine Pranke und will Rufus eins überbraten. Das macht unser älterer Bruder immer dann, wenn ihm die Argumente ausgehen. Und eigentlich kenne ich keinen Fall, in dem sie ihm nicht ausgegangen wären. Diesmal zögert der Erstgeborene jedoch, zumal Rufus keine Anstalten macht, sich wegzuducken oder den Schlag abzuwehren. Stattdessen sagt er in betont ruhigem Tonfall: »Wenn du jetzt zuschlägst, kannst du die Sache sofort vergessen.«
Ich staune. Die jüngsten Erfahrungen im Rattenkrieg scheinen Rufus’ Selbstvertrauen auf wundersame Weise gestärkt zu haben.
Rocky überlegt eine kleine Ewigkeit, dann lässt er langsam seine Pranke sinken. »Okay. Du hast das Kommando. Aber das bleibt unter uns, klar?«
Rufus nickt. »Klingt akzeptabel.«
»Akzep… was?«
»Ich bin einverstanden«, erklärt mein jüngerer Bruder.
»Gut«, sagt Phil. »Dann besorge ich das Boot. Fragt sich nur, wie ihr es zuerst ins Gehege und dann in die Kanalisation bekommt. Es ist länger, als ich groß bin.«
Rufus nickt. »Außerdem frage ich mich, wie ich eine Nacht lang unauffällig an dem Boot arbeiten soll. Opa Reinhardt ist bestimmt der unachtsamste Nachwächter der Welt, aber wenn ein Flugzeugträger in unserem Gehege liegt, dann dürfte das selbst ihm auffallen.«
Wir grübeln.
»Das Ding ist doch ’n Schiff«, sagt Rocky. »Können wir damit nicht über den Kanal fahren, der hinter der Nordgrenze verläuft?«
»Der Landwehrkanal«, ergänzt Rufus.
»Und dann?«, frage ich.
»Rufus baut seinen Autodingsbumskram ein, und dann schleppen wir das Schiff einfach quer durch den Zoo. So, wie
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