Vollbeschaeftigt - das neue deutsche Jobwunder
gilt aber auch weit darüber hinaus. So zeigt die Entwicklung der Eurowechselkurse der nationalen Währungen all jener mittel- und osteuropäischen Länder, die 2004 der Europäischen Union beitraten, aber bis heute nicht zur Eurozone gehören, dass keines dieser fünf Länder es seither gewagt hat, eine langfristige Abwertung der nationalen Währung gegenüber dem Euro zuzulassen. Schaubild 25 belegt dies eindrucksvoll: Im Zeitraum 2004 bis 2011 gab es im Ergebnis Aufwertungen der Währungen von Polen und Tschechien sowie im Wesentlichen einen perfekten „peg“ zum Euro in Litauen und Lettland (dort ab 2005). Lediglich Ungarn nahm im Nachgang der Weltfinanzkrise eine etwas deutlichere Abwertung seiner Währung in Kauf, aber selbst diese bewegte sich im Vergleich zur Dramatik der globalen Ereignisse in einer eher bescheidenen Größenordnung. Von einem allgemeinen Trend zur Abwertung gegenüber dem Euro kann jedenfalls nirgendwo die Rede sein. Es gibt also längst einen „Verbund der externen Stabilität“, der weit über die Eurozone hinausreicht. Die unter Ökonomen beliebte Vorstellung, die Aufholländer der Peripherie sollten sich die Option drastischer Abwertungen bewusst offenhalten, wird von den politisch Verantwortlichen dieser Länder anscheinend in der Praxis nicht geteilt.
Ist Europa ein optimaler Währungsraum?
Nein, aber ...
International Economics: Theory & Policy , so lautet der Titel eines der erfolgreichsten Lehrbücher der Wirtschaftswissenschaft. Es erschien 2012 in neunter Auflage. Autoren sind drei prominente amerikanische Professoren für Volkswirtschaftslehre: Paul Krugman, Handelsökonom und Wirtschaftsnobelpreisträger 2008, Maurice Obstfeld, namhafter Makro- und Finanzökonom, sowie neuerdings Marc Melitz, vielleicht der innovativste junge Star der Außenwirtschaftstheorie.
Was sagt nun dieses Buch des volkswirtschaftlichen „Mainstreams“ über die Europäische Währungsunion? Die einfache Antwort lautet: Die Währungsunion ist eine Fehlkonstruktion. Der Grund: Europa ist weit davon entfernt, den Bedingungen nahe zu kommen, die es für eine erfolgreiche und spannungsfreie Eurozone braucht. Konkret sind es drei Charakteristika, an denen es in Europa noch immer mangelt: die Integration des Handels, die Mobilität der Arbeitskräfte und die Synchronisation gesamtwirtschaftlicher Schocks. Vergleichsmaßstab sind dabei die Vereinigten Staaten: Das Ausmaß an Handelsverflechtung und Migration ist innerhalb der USA noch immer deutlich größer als in Europa; und auch die gesamtwirtschaftlichen Veränderungen sind zwischen den US-Staaten viel stärker gleichgerichtet als zwischen EU-Nationen. Hinzu kommt der Grad an politischer Integration: Als föderalistischer Bundesstaat verfügen die USA über ein weit größeres Arsenal an fiskalischen Ausgleichsmechanismen über Steuern und Transfers als die EU.
So weit, so richtig. Und so allgemein anerkannt, denn diese Deutung der transatlantischen Unterschiede zwischen den USA und Europa entspricht genau dem, was die traditionelle Theorie des optimalen Währungsraums an Kriterien liefert. Sie ist in sich schlüssig. Sie beruht allerdings auf einer rein statischen Betrachtung: Die Währung hat dem zu folgen, was schon ist, und nicht das zu prägen, was noch kommen soll. Mit einem solchen rein statischen Blick hätte man wohl besser im 19. Jahrhundert die Vereinigten Staaten in den industriellen Nordosten und den agrarischen alten Süden zerlegt, jeweils mit einem eigenen Dollar; und auf die Bildung des Deutschen Reiches mit einer einzigen Reichsmark hätte man wohl auch besser verzichtet – zugunsten einer Währungsspaltung, sagen wir, zwischen dem hoch industrialisierten Rhein-Ruhr-Gebiet und dem (damals noch) landwirtschaftlichen Bayern. Gerade diese Beispiele zeigen, um was es wirklich geht: Die schwächeren Regionen bleiben (oder werden) Mitglied in einem „exklusiven Klub“; und sie werden dadurch – wirtschaftlich und politisch – Stück für Stück integriert. Der alte Süden Amerikas und Bayern haben es mit ihrer schließlich erfolgreichen Entwicklung bewiesen.
Die schwächeren Regionen in Europa sehen dies heute offenbar ganz genauso. Anders ist nicht zu erklären, weshalb sie alles daransetzen, ihre Eurotauglichkeit unter Beweis zu stellen – und zwar gleichgültig, ob sie bereits Mitglied der Eurozone sind oder nicht. Für sie ist die Integration in Europa nicht irgendeine mögliche Option unter vielen, sondern der einzig
Weitere Kostenlose Bücher