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Volle Drehzahl: Mit Haltung an die Spitze (German Edition)

Volle Drehzahl: Mit Haltung an die Spitze (German Edition)

Titel: Volle Drehzahl: Mit Haltung an die Spitze (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uwe Hück
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eine Menge Provokationen erleben müssen. Jeder, der mich kennt, weiß, wie ich darauf reagiere. Entschlossen, ohne Angst und angriffslustig: Das bekamen jetzt einige zu spüren. Als die öffentlichen Angriffe gegen uns immer polemischer wurden und ich dann sogar Äußerungen meines Kollegen Bernd Osterloh lesen musste, dass die VW-Belegschaft mit 324 000 Kolleginnen und Kollegen mehr wert sei als unsere mit 12 000, konnte ich das nicht mehr hinnehmen. Wie oft hatte ich mir auf die Zunge gebissen, um die Tür für Gespräche offen zu halten. Jetzt war die Zeit gekommen, da ich dagegenhalten musste. In einem Zeitungsinterview verglich ich Bernd mit einem angeschlagenen Boxer, der nicht mehr richtig weiß, was er macht. Ich habe während meiner Zeit als Thaiboxer genug solcher Gegnerim Ring gehabt. Sie verlieren die Kontrolle, wissen nicht mehr, was sie tun und taumeln bald dem sicheren Ende entgegen. Wenn ich heute im Blätterwald von damals lese, wie kampfeslustig wir beide – Bernd und auch ich – gewesen sind, bereue ich die verletzenden Äußerungen, vor allem die mit dem angeschlagenen Boxer. Heute würde ich vieles nicht mehr so sagen, weil sich die Wogen längst geglättet haben. Bernd Osterloh und Uwe Hück: Aus erbitterten Gegnern sind starke Partner für ihre Belegschaften und Freunde im persönlichen Leben geworden. Ein schönes Zeichen dafür sehe ich in den Filmaufnahmen der gemeinnützigen Frankfurter Initiative Respekt! Kein Platz für Rassismus GmbH, für die wir beide voriges Jahr in einen Boxring gestiegen sind – eine schöne Symbolik ganz in meinem Sinne: Der Kampf um die Sache kann hart und muss fair sein, aber danach gibt man sich freundschaftlich die Hand.
    Dass wir zu Partnern und sogar Freunden werden konnten, hat seinen Ursprung im Herbst 2008, und den Medien blieb das verborgen. Porsche hatte im September seine VW-Aktien auf über 35 Prozent der Stimmrechte aufgestockt und damit die Hauptversammlungsmehrheit bei Volkswagen erreicht. Das gab der VW-Belegschaft das Recht, in den Betriebsrat und Aufsichtsrat der Porsche SE einzuziehen. So hatten wir es in unserer Mitbestimmungsvereinbarung auch vorgesehen und wir begrüßten es deshalb auch sehr, dass die VW-Kollegen zu uns in den Betriebsrat der Holding kommen sollten. Dort würden sie über das volle Stimmgewicht ihrer riesigen Belegschaft verfügen. Noch im September nahmen wir erste Gespräche über die Formalia auf, die zunächst von Bernds und meinen Vertrauten geführt wurden. Diese Treffen erwiesen sich überraschend kooperativ, später sogar richtig vertrauensvoll und sie mündeten dann auch in BerndsWahl zum Vorsitzenden des Betriebsrats der Porsche SE noch im Dezember desselben Jahres – einstimmig gewählt von Porsche- und VW-Betriebsräten! Viel wichtiger aber war, dass parallel zu diesen Verfahrensfragen das Vertrauen auch in den Sachthemen wuchs. Neue Kompromissmöglichkeiten und Lösungen taten sich auf, und kurz vor Weihnachten 2008 hatten Bernd und ich tatsächlich eine Einigung in allen strittigen Punkten zustande gebracht, die auch von Wiedeking und Härter quergezeichnet wurde. Ich glaube nicht, dass es eine vorweihnachtliche Milde war, die uns zusammenkommen ließ. Beide hatten wir eingesehen, dass wir im Sinne unserer Belegschaften eine Harmonisierung der Situation herbeiführen mussten. Die in der Öffentlichkeit ausgebreitete Schlammschlacht zwischen VW und Porsche musste ein Ende haben. Dazu konnten Bernd und ich wesentlich beitragen. Als Bernd zur konstituierenden Sitzung des neu gewählten SE-Betriebsrats nach Stuttgart kam, war ich erfreut zu sehen, dass wir den Respekt voreinander trotz allem, was gewesen war, nie verloren hatten. Da standen wir zwei Schwergewichte uns also gegenüber und drückten uns die Hände. Jeder so fest er konnte, aber keiner von uns hatte mehr das Gefühl, etwas zu verlieren, wenn er dem anderen nachgeben würde. Wir fanden tatsächlich eine Regelung, die Mitbestimmungsvereinbarung den Bedürfnissen beider Belegschaften anzupassen. Es klingt heute fast pathetisch, aber damit hatten wir den Konflikt zwischen Porsche und VW eigentlich beendet. Die Unterstützung von Berthold Huber und der IG Metall waren dabei genauso förderlich wie der Konsens der Vorstände. Auch im Familienclan zeigte man sich erleichtert über die Einigung.
    Ich habe viel gelernt in diesen turbulenten Zeiten. Damals, als wir uns das erste Mal zusammenrauften, wurde mir erstdie besondere Ausnahmestellung von VW klar.

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