Volle Drehzahl: Mit Haltung an die Spitze (German Edition)
Ich begriff, dass in Wolfsburg eigene Gesetzmäßigkeiten herrschen, die Teil des Erfolgsrezepts von VW sind. Mir imponieren die großen Potenziale, die in dieser ebenso gewaltigen wie stolzen Belegschaft stecken. Ich sehe für uns bei Porsche interessante Perspektiven mit Bernd Osterloh und seiner Belegschaft, seit wir Weihnachten 2008 unsere Zusammenarbeit begründet haben. Diese starke Partnerschaft für die Kolleginnen und Kollegen beider Unternehmen brauchten wir aber auch. Genauso wie die persönliche Freundschaft zu Bernd und Gunnar Kilian, seinem engsten Vertrauten. Ein Verhältnis, das geholfen hat, alle Stürme, die danach auf kamen, gemeinsam zu überstehen. Und es sollten ja noch einige Stürme kommen, schon gleich im nächsten Jahr.
Es kann auch keinen Zweifel daran geben, dass vieles auf das Konto von Politik und Medien geht. Die politischen Einflüsse waren allgegenwärtig. Die Rolle, die die Politik in dieser Auseinandersetzung spielte – und zwar quer durch die Bank und quer durch die Republik –, war enorm. Natürlich mittendrin Christian Wulff und auch Günther Oettinger, die alten Parteifreunde.
Als die Affäre um unseren Bundespräsidenten Wulff Ende des vergangenen Jahres in die Öffentlichkeit geriet, wurde eine Stimmung erzeugt, die einen sachlichen Umgang mit den Vorwürfen unmöglich werden ließ. Dass Wulff ausgerechnet über die Umstände einer Kreditvergabe stolperte, war für mich eine gewisse Pikanterie der Geschichte. Ich lebe sowieso in dem Gefühl, dass nichts in der Welt vom Zufall bestimmt wird. Christian Wulff hatte in unserer Auseinandersetzung natürlich seine Rolle gespielt, und manches daran empfand ich als absolut nicht in Ordnung. Ich hatte ihn damals im Interesse von Porsche und unserer Belegschaftauch scharf angegriffen. Man erinnere sich nur an sein öffentliches Eintreten gegen die Einräumung eines von der Kreditanstalt für Wiederauf bau in Aussicht stehenden Kredits an Porsche.
Dagegen habe ich mich damals in aller Öffentlichkeit gewehrt, besonders heftig während eines Live-Schaltgesprächs mit Marietta Slomka im heute journal . Das ZDF hatte an diesem 15. Juli 2009 Scheinwerfer, Kameras und Satellitenschüsseln vor dem Werkstor in Zuffenhausen aufgebaut. Es wurde ein äußerst emotionales Interview. In der FAZ schrieb man anschließend sogar von einem »echten Fernsehmoment«. Frau Slomka sprach die Rolle von Wulff in der Auseinandersetzung zwischen Porsche und VW an, und ich sagte ihr dazu meine Meinung in deutlichen Worten. Sie wollte nun wissen, ob denn auch auf unserer Seite im aktuellen Kesseltreiben die Nerven blank lagen. »Überhaupt nicht«, blaffte ich zurück. »Ich bin ganz locker drauf heute, ich rede immer so. Ich bin ein Kämpfertyp, das wissen Sie. Ich bin öfter auf Demonstrationen, um Menschen zu mehr Lohn und gerechten Arbeitsplätzen zu verhelfen. Ich bin immer so«, rief ich und meine Stimme schwoll an. »Fragen sie meine Frau! In der Früh, abends, nachts, überall, unter der Dusche: Seien Sie nicht erschrocken, so bin ich und so werde ich auch bleiben!« Ich war in voller Fahrt, voller Emotion und Adrenalin, live und vor einem Millionenpublikum. Die vielen Ungerechtigkeiten gegen Porsche ließen mich beben. »Wenn ihr mich erschießen wollt«, rief ich über den Platz in die dunkle Kamera hinein, »dann habe ich damit kein Problem, aber ich will dann einen ehrenhaften Tod haben. Einknicken werde ich nicht, das werde ich nicht zulassen!« Und als Frau Slomka die Schalte mit der üblichen Floskel: »Vielen Dank für das Gespräch« beendete, rutschte mir noch diese kleineBemerkung heraus, die mich später sogar in die Feuilletons brachte: »Danke, ganz arg lieb von dir, tschüss« – ein Schuss Heiterkeit in der Schärfe und Bitterkeit des Tages. Neulich habe ich das Interview auf Youtube wiedergesehen. Noch heute sieht man die Angespanntheit des Moments, meine Impulsivität und Entschlossenheit. Aber so bin ich!
Wenn es die Sache erfordert, arbeite ich auch gerne mit den Medien. Es ist im besten Fall ein gegenseitiges Geben und Nehmen. Das Kesseltreiben um unseren Bundespräsidenten, den Umgang der Medien mit dem Menschen Christian Wulff, konnte ich allerdings nicht akzeptieren.
Immerhin konnte ich später, nach Wulffs Rücktritt, eine verhaltene Selbstkritik der Medien über ihre Rolle in der Affäre Wulff registrieren und das gefiel mir. Meinen Jungs im Boxring erkläre ich auch immer wieder, dass ein Kampf anständig und fair
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