Volle Drehzahl: Mit Haltung an die Spitze (German Edition)
einer Schuhmacherfamilie in Mühlacker-Enzheim. Auch wenn er dem rechten Flügel der CDU zugerechnet wurde und durch einige ungeschickte Entscheidungen aufgefallen war – wie etwa der Kritik an der Pforzheimer Ausstellung »Neofaschismus in der Bundesrepublik Deutschland« –, so kamen wir doch gut miteinander aus. Genauso wie ich litt er darunter, dass seine Partei nicht mehr Volkspartei war, und genauso stürmisch wie ich versuchte er, dagegen anzukämpfen. Die SPD in Baden-Württemberg hatte sich inzwischen auf Nils Schmid als Spitzenkandidaten für die Landtagswahlen 2011 festgelegt und ich versprach dem Juristen, ihn genauso engagiert zu unterstützen wie ich das zuvor im Bundestagswahlkampf getan hatte. Meine eigenen politischen Ambitionen hatte ich nach den Enttäuschungen des Vorjahres zurückgeschraubt, vorerst zumindest. Die Turbulenzen bei Porsche waren noch lange nicht ausgestanden und fast täglich wurde mir bewusst, wie sehr ich in Zuffenhausen noch gebraucht wurde. Auch die Probleme in meiner unmittelbaren Umgebung wollte ich weiter anpacken. Mappus wohnte in Pforzheim, der Stadt mit der höchsten Jugendarbeitslosigkeit in Baden-Württemberg. Voller Pragmatismus forderte ich ihn auf, nicht länger wegzuschauen, sondern gemeinsam etwas dagegen zu tun. Seine Entschlossenheit, meinem Vorschlag zu folgen, in Pforzheim, wo wir immer noch die größte Jugendarbeitslosigkeit in Baden-Württemberg verzeichneten, einen Ausbildungs-Gipfel zu gründen, fand ich in Ordnung. Wir holten die Zeitungen ins Boot und gründeten eine Initiative, die den in Not geratenen Jugendlichen zeigte, dass man sich um sie kümmerte. Gleichzeitig traten wir in einenDialog mit der Wirtschaft, um die Betriebe dazu zu bekommen, mehr Ausbildungsplätze bereitzustellen. Wir gingen mit gutem Beispiel voran, indem Mappus acht neue Praktikumsplätze für Pforzheimer Jugendliche bei der Landesverwaltung schuf. Porsche wollte ebenfalls acht Stellen schaffen und verpflichtete sich, die jungen Kollegen täglich mit einem Kleinbus in Pforzheim abzuholen. Die Stadt zog mit und stellte fünf Ausbildungsplätze sowie zwei Praktikumsstellen zur Verfügung. Wir holten den Pforzheimer Polizeichef Burkhard Metzger dazu, der »Perspektiv-Praktika« bei seiner Behörde anbot, und über die sehr gut kooperierenden Pforzheimer Zeitungen transportierten wir die Botschaft unseres neuen Wegs in die Öffentlichkeit. Wir packten an und kämpften gemeinsam für junge Leute, unabhängig vom Wahlkampf. Mappus legte sich mit der Wirtschaft an, die immer noch zu wenig Hauptschüler in die Ausbildung holte. Porsche wurde als erfolgreiches Beispiel angeführt, denn ich hatte schon früher durchgesetzt, dass wir unsere Ausbildungsplätze zu 40 Prozent mit Hauptschülern besetzen. »Das Leben beginnt nicht erst mit dem Abitur«, pflegte Mappus zu sagen, wenn es wieder einmal hakte in der Wirtschaft. Ein Doppelinterview in der Bild-Zeitung vom 13. Januar 2011, in dem unsere gemeinsame Aktion vorgestellt wurde, war dem Wahlkampf meines Genossen Nils Schmid sicherlich nicht gerade förderlich, aber es verdeutlichte den Umgang des »rechten Mappus« mit dem »linken Hück«. Mappus riet mir zu einem baldigen Wechsel in die Politik. »Uwe Hück würde der SPD, dem Land und der Politik gut tun. Ihm geht es um die Sache, deshalb engagiere ich mich gemeinsam mit ihm für junge Leute.« Es war mit Sicherheit kein Anliegen von Mappus, sich in die Personalentscheidungen meiner Partei einzumischen, aber diese Sätze galten auch Nils Schmid.In meiner Ehrlichkeit ließ ich mich auf die Frage, ob mich der Einstieg in die Politik reize, zu folgender Antwort hinreißen: »Im Augenblick weniger. Die SPD ist in Gefahr, keine große Volkspartei mehr zu sein«.
Man kann mir nachsagen, dass ich ein großes Maul habe, ein Maulheld bin ich deshalb noch lange nicht. Ich stand zu meinen Worten und auch heute noch bin ich der Meinung, dass ich Recht hatte. Es gab Stimmen in der SPD, die meinen Auftritt mit Mappus als kontraproduktiv bezeichneten, doch die meisten meiner Genossen hielten diesen kritischen Dialog für angebracht, um die Partei wieder flott zu bekommen.
Meine Arbeit mit Mappus ging weiter, Ende Februar 2010 konnte ich bei Porsche 100 000 Euro für die Stiftung Kinderland organisieren, der auch Mappus vorstand. Ich überreichte dem Ministerpräsidenten, der zugleich Stiftungsratsvorsitzender war, einen Scheck aus Zuffenhausen und der Vorstand von Porsche erklärte unsere
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