Volle Drehzahl: Mit Haltung an die Spitze (German Edition)

traditionellfortschrittsorientierten Autoland Baden-Württemberg! Kretschmann war noch nicht als Ministerpräsident vereidigt, da polterte er auch schon los.
    Weniger Autos bauen, umweltfreundlichere Motoren entwickeln, neue Mobilitätskonzepte erstellen. Weniger Autos produzieren in unserem Bundesland! Damit brachte er die stark gewachsene grüne Klientel natürlich hinter sich. Dass er aber auch für unseren Wirtschaftsstandort verantwortlich sein würde, war dem ehemaligen Lehrer für Biologie, Chemie und Ethik vielleicht noch nicht in voller Tragweite bewusst. Es hagelte Kritik aus allen Richtungen und ich registrierte natürlich sehr bald auch Reaktionen unserer Belegschaft, die mit Empörung noch zurückhaltend umschrieben waren. Bei Daimler brodelte es nicht weniger als bei Porsche. Ich stellte mich vor meine Kolleginnen und Kollegen und warf dem künftigen Ministerpräsidenten eine Porsche-feindliche Haltung vor, die in einer gefährlichen Jobvernichtung enden könnte. Meine Retourkutsche fuhr Vollgas, die Antwort aus dem Landtag ließ auch nicht lange auf sich warten. Im Mai 2011 stattete Winfried Kretschmann Porsche seinen Antrittsbesuch ab und von diesem Tag an herrschte wieder Ruhe im Land. Es waren sicherlich nicht nur die vielen kritischen Blicke unserer Belegschaft, die den Ministerpräsidenten beim gemeinschaftlichen Linsen- und Spätzleessen umstimmten. Nach der Werksführung mit Vorstandschef Matthias Müller und Aufsichtsratschef Wolfgang Porsche hob Kretschmann die Leidenschaft hervor, mit der wir unsere Autos bauen. Ich hatte spontan beschlossen, das offizielle Protokoll auf meine Weise zu ändern. Ich lotste Kretschmann direkt zu den Kolleginnen und Kollegen aufs Band. Einer unserer Porscheaner erklärte ihm im reinsten Schwäbisch, wie die Produktionsabläufe funktionieren. Der Ministerpräsident wollte schließlichwissen, wo der schwäbelnde Kollege denn genau herkomme, der Dialekt würde ja genau wie der in Cannstatt klingen. »Ich komme aus Griechenland«, sagte der Mann voller Stolz und Kretschmann erlebte hautnah die besondere Atmosphäre, die unsere Belegschaft so einzigartig macht. Ein Ausflug über das Werksgelände in einem Porsche mit Elektroantrieb dürfte ihm ebenfalls gefallen haben – geräuschlos, sauber, zukunftsfähig. Freunde sind wir nicht geworden an diesem Nachmittag, aber gute Partner, die die Notwendigkeit zur Kooperation verstanden haben. Und Winfried Kretschmann hat begriffen, dass technologischer Fortschritt in eine grüne Zukunft ohne die deutsche Automobilindustrie nicht zu realisieren sein wird.
    Vier Monate später übrigens war der Ministerpräsident wieder zu Gast bei uns. Dieses Mal mussten keine Wogen mehr geglättet werden. Porsche feierte die Einweihung seiner neuen Lackiererei und erntete großes Lob vom Landesvater für seine erheblich reduzierten Schadstoffemissionen. Als ich in meiner Rede auf die Zukunftssicherung von 5 000 Arbeitsplätzen durch den Neubau einging, konnte ich Kretschmann nicken sehen. Der grüne Ministerpräsident hat längst eingesehen, dass sein Bundesland mit 200 000 Arbeitsplätzen allein in der Automobilindustrie der wahrscheinlich wichtigste Wirtschaftsstandort Deutschlands ist. 2011 habe ich für Rot gekämpft und Grün bekommen. Bei der nächsten Landtagswahl werde ich wieder für Rot kämpfen. Ich glaube fest daran, dass es eine kämpfende SPD schaffen kann, in diesem Bundesland einen Ministerpräsidenten zu stellen.

Kapitel 8
Gegenspieler
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    Meine Mitarbeiterinnen im Betriebsratsbüro behaupten manchmal, dass ich meine häufigen Einladungen in Talkshows sicherlich auch der Tatsache verdanke, meine Gefühle nicht verbergen zu können. Meine impulsive Art, auf andere Gesprächsteilnehmer einzugehen, und das Herausplatzen meiner Gedanken, wenn da wieder einmal Blödsinn erzählt wird, haben mir in dieser Branche einen Ruf eingebracht, mit dem ich sehr gut leben kann. Der Hück ist laut, verklärt die Dinge nicht und ist immer ehrlich, manchmal sorgt er auch für leichtere Tumulte im Studio – so sehen sie mich in den Redaktionen und holen mich, wenn sie ein Gegenmittel gegen drohende Langeweile bauchen. Ich hatte in den vergangenen Jahren viele Gelegenheiten, mehr oder weniger prominente Menschen aus allen gesellschaftlichen Bereichen gegenüber zu sitzen und fast jedes Mal wurde leidenschaftlich debattiert, oft genug auch gestritten.
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    Uwe Hück in Maybrit Illners Talkshow
    Auf einen