Vollendet - Der Aufstand (German Edition)
Entschlossenheit ist dahin, das wissen sie beide.
»Hast du sie umgebracht?« Connor deutet mit dem Kopf zu seinen beiden Jungs, die gekrümmt und reglos am Boden liegen.
»Hab sie nur bewusstlos geschlagen. Es ist nicht gerade ehrenhaft, hilflose Menschen umzubringen.«
Connor senkt die Waffe. Trace geht nicht auf ihn los.
»Ich will, dass du gehst«, sagt Connor.
»Mich rauszuwerfen, ist das Dümmste, was du tun kannst.«
Diese Worte machen Connor nur noch wütender. »Für mich bist du der Feind. Du arbeitest für sie.«
»Ich arbeite auch für dich.«
»Beides geht aber nicht!«
»Da täuschst du dich«, erwidert Trace. »Beiden Seiten zu dienen, ist eine bewährte Strategie.«
»Ich bin nicht deine Marionette!«
»Nein«, sagt Trace, »du bist mein Vorgesetzter. Also benimm dich auch so.«
Ein Jugendlicher kommt die Gangway herunter und will aufs Klo. Als er Trace und Connor sieht und die beiden Jungs, die immer noch wie nasse Säcke am Boden liegen, fragt er: »Was ist denn hier los?«
»Wenn dich das was angeht, sag ich es dir«, knurrt Connor.
Da sieht der Junge die Waffe in Connors Hand. »Sicher, kein Problem«, murmelt er und geht die Stufen wieder hinauf.
Connor ist klar, dass Trace die Ablenkung locker hätte nutzen können, um den Spieß wieder umzudrehen. Aber er hat es gelassen. Connor wedelt mit der Waffe in Trace’ Richtung. »Los, geh.« Doch die Pistole ist nur noch ein nutzloses Requisit. Sie setzen sich gemeinsam in Bewegung, verlassen den Mittelgang und kommen in eine Reihe mit eingemotteten Kampfjets. Hier gibt es keine Yolos, die ihre Unterhaltung mit anhören könnten.
»Wenn du für sie arbeitest, warum hast du mir dann alles erzählt?«
»Ich halte Augen und Ohren für sie auf, aber mein Verstand gehört immer noch mir. Ob du es glaubst oder nicht, mir gefällt, was du hier machst.«
»Was hast du ihnen denn erzählt?«
Trace zuckt die Schultern. »Überwiegend Sachen, die sie sowieso schon wissen. Dass hier alles unter Kontrolle ist. Dass alle paar Wochen eine neue Ladung Flüchtlinge ankommt. Ich versichere ihnen, dass vom Friedhof keine Gefahr ausgeht und niemand plant, Ernte-Camps in die Luft zu jagen.« Trace bleibt stehen und dreht sich zu Connor um. »Viel wichtiger sind die Sachen, die ich ihnen nicht stecke.«
»Und das wäre?«
»Ich erzähle ihnen nichts von deinen Rettungsaktionen. Ich erzähle ihnen nichts von deinem Fluchtplan. Und ich erzähle ihnen nicht, dass du noch am Leben bist.«
»Was?«
»Sie wissen nur, dass der Friedhof von einem Typen namens Elvis Robert Mullard geführt wird, der früher Sicherheitsmann im Happy Jack war. Wenn jemand wüsste, dass du hier das Sagen hast, würden die JuPos den Friedhof sofort auseinandernehmen. Der Flüchtling aus Akron ist zu gefährlich, den können sie nicht ignorieren. Deshalb mache ich ihnen vor, dass der Friedhof so eine Art Kindergarten ist, und du bist die Kindergartentante. Die sind zufrieden, und die Kids hier bleiben am Leben.«
Sie sind jetzt weit vom Mittelgang entfernt. Wenn Trace wollte, könnte er Connor wahrscheinlich das Genick brechen und ihn hier begraben, ohne dass es je einer erfahren würde. Heißt das, Connor kann Trace vertrauen, obwohl der ihn verraten hat? Er weiß überhaupt nichts mehr.
»Das ändert alles nichts daran, dass du für die JuPos arbeitest.«
»Wieder falsch. Ich arbeite nicht für die JuPos. Ich arbeite für die Leute, denen sie gehören.«
»Die Jugendbehörde gehört niemandem.«
»Na gut, vielleicht nicht, aber sie haben die Kontrolle. Du hast das Wort Marionetten benutzt. Jeder einzelne JuPo hängt an einem Faden und ahnt es nicht einmal. Natürlich weiß ich nicht, wer die Fäden zieht. Ich weiß nur, dass man mich von einer vielversprechenden Zukunft bei der Luftwaffe abgezogen und hierher geschickt hat.«
Nun muss Connor doch grinsen. »Tut mir leid, dass ich deiner Karriere im Weg stehe.«
»Die Sache ist die: Ich bin nicht der Luftwaffe Rechenschaft schuldig, sondern irgendwelchen Zivilisten in Anzug und Krawatte, und das wurmt mich. Deshalb habe ich ein bisschen recherchiert und herausgefunden, dass ich für eine Organisation namens ›Proaktives Bürgerforum‹ arbeite.«
»Noch nie gehört.«
Trace senkt die Stimme zu einem Flüstern. »Das überrascht mich nicht. Die halten sich völlig im Verborgenen. Deshalb kann das Militär auch einfach so tun, als gäbe es sie gar nicht. Denk mal drüber nach. Wenn die Militärspitze nicht weiß, für wen
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