Vollendet - Der Aufstand (German Edition)
informiert bin, sind Sie siebzehn, Miss Ward, und da Sie im Rollstuhl sitzen, könnten wir Sie sowieso nicht umwandeln. Was für einen Wert könnten Sie für uns wohl haben?«
Sie lächelt, denn endlich hat sie die Oberhand. »Machen Sie Witze? Ein berühmt-berüchtigtes Mitglied der Anti-Umwandlungs-Front, das genau weiß, was damals im Happy Jack passiert ist?«
Er denkt einen Augenblick über ihre Worte nach. »Ich bin kein Idiot«, sagt er. »Sie würden nie kooperieren. Eher würden Sie sterben.«
»Vielleicht«, gibt Risa zu, »aber was kümmert Sie das? Egal, wie unkooperativ ich bin, Sie heimsen doch die Lorbeeren dafür ein, dass Sie mich geschnappt haben, oder?«
Sie kann seine Gedanken geradezu rasen und klicken hören.
»Ich könnte doch auch dich und den Jungen mitnehmen.«
»Wenn Sie das tun«, erwidert Risa gelassen, »verlieren Sie Ihren Preis. Ich habe hier eine Zyankalikapsel drin.« Sie hält ihm die offene Hand hin. »Sie ist genau unter der Haut. Ich muss sie nur zum Platzen bringen.« Dann tut sie so, als wollte sie in die Hände klatschen, und hält inne, kurz bevor sich ihre Handflächen berühren. »Sie sehen, es gibt mehr als eine Sorte von Klatschern.«
Sie hat natürlich nichts dergleichen, aber das kann er ja nicht wissen. Und falls er wirklich vermutet, dass sie blufft – sicher sein kann er sich nicht.
»Wenn ich hier sterbe, jetzt gleich, werden Sie nicht als der JuPo in die Geschichte eingehen, der mich geschnappt hat, sondern als der, der mich in seiner Obhut hat sterben lassen.« Dann lächelt sie wieder. »Das ist fast so schlimm, wie wenn einem ein Wandler mit der eigenen Betäubungspistole ins Bein schießt, stimmt’s?«
Bei dem Gedanken, mit jenem anderen unglückseligen JuPo in Verbindung gebracht zu werden, runzelt der Mann die Stirn.
Der Krankenschwester gefällt das alles gar nicht. Sie verschränkt die Arme. »Und was ist mit meiner Belohnung?«
Da dreht sich ihr Bruder zu ihr um und sagt, wie es ältere Brüder eben tun: »Halt den Mund, Eva, okay? Halt einfach den Mund.«
Er und Risa sind sich handelseinig.
Die gefälschten Unterlagen bleiben in Dylans Krankenakte, und sobald er transportfähig ist, wird er ohne weitere Fragen an Kiana übergeben.
Was Risa angeht: Ihr Leben wird sich grundlegend ändern.
19.
Cam
Eine passende Partnerin für Camus Comprix zu finden, eine, die alle wichtigen Eigenschaften in sich vereint, ist nicht so einfach. Mehr als zweihundert Mädchen kommen zum Vorstellungsgespräch. Alle haben ausgezeichnete Referenzen. Sie sind Schauspielerinnen und Models, Wissenschaftlerinnen und junge Frauen aus der gehobenen Gesellschaft. Roberta hat nichts unversucht gelassen, den perfekten Planeten für ihren Stern aufzustöbern.
Die zwanzig Mädchen, die in die Endauswahl kommen, werden Cam in einem entspannten Gespräch am Kaminfeuer des großen Wohnzimmers vorgestellt. Sie sind alle gut gekleidet, hübsch und klug. Die meisten reden über ihren Lebenslauf wie in einem Bewerbungsgespräch für einen Bürojob. Einige gehen völlig unbekümmert mit Cam um, während andere ihm nicht mal in die Augen schauen können. Ein Mädchen wirft sich ihm regelrecht an den Hals; gegen ihr glühendes Temperament wirkt das Kaminfeuer geradezu frostig.
»Ich wäre liebend gern deine erste Freundin«, gurrt sie. »Du kannst das doch, oder? Ich meine, du bist schon … vollständig , oder?«
»Mehr als vollständig«, erwidert er. »Ich habe sogar drei.«
Sie starrt ihn entgeistert an. Er reibt ihr nicht unter die Nase, dass er einen Witz gemacht hat.
Zu einigen fühlt er sich hingezogen, andere lassen ihn völlig kalt – aber keine weckt in ihm auch nur ansatzweise die Gefühle, die er sich erhofft hat. Als das letzte Mädchen kommt, eine Studentin aus Boston mit den neusten New Yorker Klamotten, will er den Tag nur noch hinter sich bringen. Das Mädchen gehört zu denen, die sein Gesicht fasziniert. Sie sieht ihn nicht nur an, sondern studiert ihn wie ein Objekt unter dem Mikroskop.
»Was siehst du denn, wenn du mich anschaust?«, fragt er.
»Mir sind Äußerlichkeiten nicht so wichtig. Auf die inneren Werte kommt es an«, erwidert sie.
»Und welche sind das deiner Meinung nach?«
Sie zögert. »Ist das eine Fangfrage?«
Roberta ist außer sich, als er alle ablehnt. Beim Abendessen an diesem Tag ist nur intensives Geschirrklappern zu hören, während die beiden konzentriert ihr Fleisch schneiden. Sie sehen einander über den Tisch hinweg kaum an.
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