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Vollendet (German Edition)

Vollendet (German Edition)

Titel: Vollendet (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neal Shusterman
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aus dem Bus aussteigt, schaut er sich nach einem Fluchtweg um, aber überall patrouillieren Sicherheitsleute und Lehrer. Wer sich von der Schule entfernt, zieht unweigerlich die Aufmerksamkeit aller Aufpasser auf sich.
    »Wir können doch nicht reingehen«, sagt Risa.
    »Warum nicht?«, fragt Lev. Er verhält sich noch verrückter als sonst.
    Ein Lehrer ist bereits auf sie aufmerksam geworden. Obwohl die Schule eine Kita hat, erregt das Baby Argwohn.
    »Wir gehen rein«, entscheidet Connor, »und verstecken uns irgendwo, wo es keine Videoüberwachung gibt. Im Jungenklo.«
    »Bei den Mädchen«, erwidert Risa. »Da ist es sauberer, und es gibt mehr Kabinen, in denen wir uns verstecken können.«
    Connor überlegt. Wahrscheinlich hat sie in beiden Punkten recht. »Gut. Wir bleiben bis zur Mittagspause dort und mischen uns dann unter die Schüler, die das Schulgelände verlassen.«
    »Du meinst, das Baby macht das mit?«, fragt Risa. »Irgendwann muss es gefüttert werden, und ich kann ihm nicht wirklich mit dem dienen, was es braucht, wenn du verstehst, was ich meine. Wenn es im Klo anfängt zu schreien, hallt das wahrscheinlich durch die ganze Schule.«
    In ihrer Stimme schwingt schon wieder ein Vorwurf mit: Hast du überhaupt eine Ahnung, wie viel schwerer du uns alles gemacht hast?
    »Hoffen wir einfach, dass es nicht schreit«, sagt Connor. »Und wenn doch, dann kannst du es mir den ganzen Weg zum Ernte-Camp über vorwerfen.«
    Connor hat sich schon oft in einer Schultoilette versteckt. Früher hat er sich so vor dem Unterricht gedrückt. Heute dagegen gibt es keinen Unterricht, in dem man ihn erwartet, und wenn er erwischt wird, blüht ihm Schlimmeres, als am Samstag nachzusitzen.
    Mit dem Klingeln zur ersten Stunde schlüpfen sie in die Toilette, und Connor weist sie in die Feinheiten der Toilettentarnung ein. Wie man zwischen Schritten von Erwachsenen und Kindern unterscheidet. Wann man die Füße anhebt, damit niemand einen sieht, und wann man einfach sagt, die Kabine sei besetzt. Letzteres würde bei Risa und Lev funktionieren, da seine Stimme noch recht hoch ist, Connor dagegen wagt es nicht, sich als Mädchen auszugeben.
    Sie bleiben zusammen und sind doch allein, jeder in seiner eigenen Kabine. Glücklicherweise quietscht die Toilettentür beim Öffnen zum Steinerweichen, sodass sie gewarnt sind, wenn jemand hereinkommt. Zu Beginn der ersten Stunde sind ein paar Mädchen da, aber dann wird es ruhiger, und sie sind allein mit dem widerhallenden Tropfen einer lecken Spülung.
    »Wir werden kaum bis zur Mittagspause durchhalten«, verkündet Risa aus der Kabine links von Connor. »Auch wenn das Baby schläft.«
    »Du wirst dich wundern, wie lange man sich in einer Toilette verstecken kann.«
    »Du meinst, du hast das schon oft gemacht?«, fragt Lev aus der Kabine rechts von ihm.
    Das passt genau in das Bild vom schwarzen Schaf, das Lev von ihm hat. Gut, soll er das denken. Wahrscheinlich hat er ja recht.
    Die Toilettentür quietscht, und sie verstummen. Dumpfe, schnelle Schritte – eine Schülerin in Turnschuhen. Lev und Connor heben die Füße, Risa lässt sie unten, wie sie es geplant haben. Das Baby gluckst. Risa räuspert sich und überdeckt so perfekt das Geräusch. Das Mädchen hat die Toilette innerhalb einer Minute wieder verlassen.
    Als sich die Tür quietschend schließt, hustet das Baby, kurz und ganz klar, es klingt nicht krank, wie Connor erleichtert feststellt. Das ist gut.
    »Es ist übrigens wirklich ein Mädchen«, sagt Risa.
    Connor überlegt, ob er noch einmal anbieten soll, das Baby zu nehmen, kommt aber zu dem Schluss, dass das jetzt keinen Sinn macht. Er weiß nicht einmal, wie man ein Baby hält, damit es nicht schreit. Aber er muss ihnen erklären, warum er vorübergehend den Verstand verloren und das Baby mitgenommen hat. Das ist er ihnen schuldig.
    »Es lag daran, was der Junge gesagt hat«, sagt Connor leise.
    »Was?«
    »Bei dem Haus, der dicke Junge an der Tür. Er hat gesagt, dass sie schon wieder gestorcht wurden.«
    »Na und?«, sagt Risa. »Viele Leute werden mehr als einmal gestorcht.«
    Dann hört Connor von der anderen Seite: »Meiner Familie ist das auch passiert. Ich habe zwei Brüder und eine Schwester, die vor meiner Geburt vom Storch gebracht wurden. Das war nie ein Problem.«
    Connor fragt sich, ob Lev wirklich glaubt, der Storch habe sie gebracht, oder ob er einfach nur den Ausdruck verwendet. Aber eigentlich will er es lieber nicht wissen. »Was für eine

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