Volles Rohr
in das Zode, und wir fuhren nach
Norden, um uns mit der Blowfish zu treffen. Wie sich herausstellte, war sie leicht zu finden, weil die Crew in der Nähe der Müllkippe ein paar große Rauchbomben
hatte hochgehen lassen. Konnten den Hals nicht voll
genug kriegen, nehme ich an.
Ich ließ mich von Tom absetzen. Es wurde Zeit, sich die Dinge durch den Kopf gehen zu lassen, und das war im irrwitzigen Chaos der Blowfish nicht möglich. Sie würden alle in Hochstimmung sein über die Aktion, sie würden viel zuviel reden wollen - und ich wollte
nachdenken. Also steuerten wir den öffentlichen Strand an. Ich watete in Unterhosen ans Ufer, der einzige
Badende hier, der Zigarre rauchte, und zog meine Sachen an, als ich auf dem Trockenen war. Normalerweise
erregen Leute in Unterwäsche große Aufmerksamkeit,
aber die Kids und die älteren Herrschaften an diesem Strand achteten nicht auf mich. Sie standen dichtgedrängt dreißig Meter weiter und starrten etwas auf dem Boden an. Ich dachte mir, da hätte vielleicht jemanden beim Baden der Schlag getroffen. Es war makaber. Trotzdem ging ich hin, um einen Blick drauf zu werfen.
Aber die Leute starrten keinen toten Menschen an,
sondern einen toten Delphin.
»He, S. T., sind Sie zu uns gekommen, um dem armen
Vieh zu helfen?«
Irgendein alter Knacker hatte sich an mich rangepirscht.
Ich kannte ihn nicht. Er hatte mich wahrscheinlich bei der Versammlung der Bürgervereinigung gesehen, auf
der ich letzten Monat gewesen war. Viele von diesen
Pensionären schauen fleißig in die Glotze, lesen jeden Tag die Zeitung, gehen zu allen Versammlungen.
Es war irgendwie komisch, daß er das sagte, also schob ich mich in die erste Reihe vor und schaute es mir
genauer an. Der Delphin war noch nicht ganz tot, aber fast. Seine Schwanzflosse oszillierte müde im Sand.
»Wenn ich bloß wüßte, was ich machen soll«, murmelte ich.
Ein paar junge Simpel kamen zu dem Schluß, daß sie es ganz genau wußten. Einer von ihnen packte den Delphin beim Schwanz und wollte ihn ins Wasser zurückziehen.
Statt dessen zog er die Haut ab wie eine Bananenschale.
Ich drehte mich um und lief in die andere Richtung, so schnell ich konnte. Hinter mir schrien und kotzten die Leute.
»Sieht so aus wie ein neues Opfer von Na-Sie-wissen-
schon«, sagte der alte Knacker. Ich blickte zur Seite. Er hielt mit mir Schritt. Da es nicht viel zu sagen gab, fragte ich ihn aus. Wir redeten über eine Blinddarmoperation von anno Tobak und eine Laparatomie, die noch nicht so lang zurücklag. Ein Probeschnitt vielleicht. Seine
Bronchien schienen okay zu sein; wahrscheinlich
Nichtraucher. Ich gab ihm noch fünfzehn Jahre. Wenn er in der Fabrik gearbeitet hatte, fünf Jahre.
»Ich wußte gar nicht, daß man mich hier kennt«, sagte ich.
Er grinste, schüttelte den Kopf und näherte sich mir glucksend. Das heißt, er wollte lachen, aber er verkniff es sich. Der geborene Verschwörer. »Und ob man Sie hier kennt. Die hassen Sie. Die können Sie auf den Tod nicht leiden!« Jetzt gestattete er sich ein hörbares Lachen. »Wo habt ihr euer Hauptquartier?«
Es geht mir gegen den Strich, mit solchen Informationen rauszurücken. »Da draußen«, sagte ich und deutete aufs Wasser. »Auf einem Schiff.«
»Aha. Und was machen Sie, wenn Sie jemand erreichen
will?«
»Wir haben einen Wagen mit Telefon.«
»Ich verstehe. Für die Medien. Das ist schlau. Denen geben Sie Ihre Nummer.«
»Ja. Steht auf den Pressemitteilungen.«
»He! Haben Sie eine mit? Ich bin richtig süchtig auf Nachrichten.«
Ich hatte ein paar Pressemitteilungen in der Tasche - ich trage immer welche mit mir rum - und gab ihm eine.
»Wissen Sie, wo hier ein guter Eisenwarenladen ist?«
fragte ich. Für ihn war das leicht zu beantworten, und für mich war es eine unbezahlbare Information.
»Was brauchen Sie denn?« fragte er interessiert. Er
mußte sich vergewissern, daß er keine Perle vor die Säue warf. In Blue Kills gab es wahrscheinlich ein Dutzend mittelmäßige Eisenwarenläden, aber jede Stadt hat einen wirklich guten. Normalerweise braucht man sechs Jahre, bis man ihn findet.
»Keinen Pißkram. Ich brauche was Ausgefallenes, ich
…«
Er fiel mir ins Wort. Ich hatte gezeigt, daß ich einen guten Geschmack in Eisenwaren hatte. Er sagte mir, wo der Laden war.
Dann fuhr er mich auch noch mit seinem Cadillac Seville mit dem Freimaurerzirkel auf dem Kofferraumdeckel hin.
Der Typ war, verdammt noch mal, ein Exmanager. Mit
einer
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