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Volles Rohr

Volles Rohr

Titel: Volles Rohr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephenson Neal
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ziemlichen Wut im Bauch.
    »Kennen Sie Red?« fragte ich.
    Dave Hagenauer (so hieß er, nach der Ramschpost auf
    seinem Armaturenbrett zu schließen) lachte schallend und patschte mit beiden Händen aufs Lenkrad. »Red
    Grooten? Klar. Aber woher kennen Sie ihn?«
    Ich tat so, als hätte ich seine Frage nicht gehört. »Sie sind alte Freunde, ja? Kennen sich vom Angeln und so?«
    »Vom Angeln, von der Jagd - was Sie wollen. Wir ziehen schon seit Jahren miteinander los. Aber da wir nicht mehr die Jüngsten sind, angeln wir jetzt nur noch vom Boot aus.«
    »Hoffentlich nicht in diesem Mündungsarm nördlich von Blue Kills?«
    Er pfiff durch die Zähne und stierte mich mit seinen after-shaveblauen Augen an. »Nein, nein. Über die Ecke weiß ich Bescheid. Wir werden uns hüten, da zu angeln.«
    Jetzt waren wir beim Laden. Er setzte mich auf dem
    Parkplatz ab. »Daß Sie mir keinen Ärger kriegen!« sagte er lachend, und er lachte immer noch, als ich die Tür zuschlug.
    Die meisten meiner Kollegen gehen auf Rucksacktouren, wenn sie nachdenken müssen. Ich gehe in einen guten
    Eisenwarenladen und steuere auf die schmierigste,
    dreckigste Ecke zu. Ich fange Gespräche mit den ältesten Verkäufern an. Wir reden über Maschinenbolzen und
    Plastikdübel und ob man lieber eine Muffe oder einen Doppelnippel als Fitting nehmen soll. Wenn die Leute wirklich gut sind, lassen sie mich in Ruhe. Sie lassen mich rumlaufen und nachdenken. Die jungen Verkäufer
    sind oft vom Größenwahn geplagt. Sie bilden sich ein, daß sie einem bei allem helfen können, und stellen eine Menge dummer Fragen. Die alten Verkäufer dagegen
    wissen aus leidvoller Erfahrung, daß in einem
    Eisenwarenladen nichts für seinen nominellen
    Verwendungszweck gekauft wird. Man kauft etwas, das
    für eine bestimmte Sache gedacht ist, und gebraucht es anderweitig.
    In den ersten Minuten mußte ich also zwei allzu
    beflissene junge Verkäufer abwimmeln. Das fällt mir
    inzwischen dank Übung ganz leicht. Ich nus chle was
    Fachliches und verwende Begriffe, die sie nicht
    verstehen. Sie tun so, als wüßten sie, was ich meine, und weisen mich in einen anderen Teil des Ladens. Junge
    Verkäufer bedienen sich gern der Raumdeckung, alte
    bevorzugen die lose Manndeckung, und so kann man
    herumschlendern und überlegen, sich einen Armvoll
    Ware nehmen, die Stirn runzeln, sich umdrehen, sie
    zurücktun und wieder von vorn anfangen.
    Ich machte das ein paarmal. Nach einer halben Stunde kam ein alter Verkäufer vorbei, teils aus Höflichkeit und teils, um sich zu vergewissern, daß ich nichts klaute.
    »Kann ich Ihnen irgendwie behilflich sein?« fragte er verständnisvoll.
    »Oh, das ist eine lange Geschichte«, sagte ich, und das war für ihn das erlösende Stichwort. Er kehrte zu seinem Kaffee und seiner Bestandsliste zurück, und ich bog
    wieder in den Gang mit dem Sanitärbedarf ein. Vor
    meinen Augen tanzten Theta- Löcher.
    Was wir hier hatten, war das klassische Hart-Weich-
    Dilemma. Ich brauchte einerseits etwas Weiches, das sich der sanften Krümmung des Abflußrohrs anpaßte und die Öffnung schadstoffdicht verschloß. Andererseits mußte es so stabil sein, daß es dem Druck widerstand. Zwei ausgedehnte Runden durch den besten Eisenwarenladen
    von Blue Kills hatten mir gezeigt, daß kein Einzelartikel diese Kriterien erfüllte. Jetzt versuchte ich das Problem in kleineren Schritten zu lösen.
    Zunächst der weiche Teil. Und da war er: ringförmig, zehn Zentimeter Durchmesser, Gummi. Attraktiv
    klarsichtverpackt hing er vor meinen Augen wie eine
    Frucht am Baum.
    »Wieviel von diesen Toilettendichtungen haben Sie auf Lager?!« rief ich. Die jungen Verkäufer erstarrten zu Salzsäulen, der alte nahm es ganz locker.
    »Wie viele Toiletten haben Sie denn?!« rief er zurück.
    »Hundertzehn.«
    »Wow!« piepste der junge Verkäufer. »Muß das 'n Haus sein!«
    »Ich bin Installationsmissionar«, erklärte ich. »Ich gehe nächste Woche nach …« - fast hätte ich »Nicaragua«
    gesagt, aber ich fing mich gerade noch - »… nach
    Guatemala. Die einzige Möglichkeit, die Ausbreitung der furchtbaren Krankheiten da unten aufzuhalten, sind
    moderne sanitäre Anlagen. Deswegen brauche ich so
    scheißviel Toilettendichtungen.«
    Natürlich glaubten sie mir nicht, aber das verlangte ja auch niemand.
    »Joe, schau mal nach, wieviel da sind«, sagte der Boß.
    Nervös kichernd machte sich Joe auf den Weg ins Lager.
    Ich drehte mich um, bevor mich jemand mit Fragen
    löchern

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