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Volles Rohr

Volles Rohr

Titel: Volles Rohr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephenson Neal
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schnitt
    Grimassen; er war verdattert. »Das ist vielleicht 'n Ding!«
    »Wie lang?«
    »So lang, daß ich nicht bis ans Ende schwimmen kann.
    Du mußt mich ziehen.«
    »Und es kommt schwarze Brühe raus?«
    »Genau.« Tom stellte die kleine Videokamera auf den
    Boden des Zode. Ich hob sie hoch, spulte das Band
    zurück und ließ es dann ablaufen, wobei ic h durch den Sucher blickte. »Das sind die Austrittsöffnungen«,
    erklärte Tom. »Haben alle achtkommazwofünf
    Zentimeter Durchmesser. Die Querstreben
    nullkommaneunfünf Zentimeter.«
    »Gute Arbeit.«
    »War nicht viel los, als ich angefangen habe. Aber dann kam das Zeug in Schwaden raus.«
    »Frühschicht. Du hast den Berufsverkehr nicht
    mitgekriegt, weil du unten warst. Schauen wir's uns mal an.«
    Durch den Sucher betrachtete ich die gleichmäßige,
    unnatürliche Krümmung eines großen Abflußrohrs auf
    dem Meeresgrund. Es war rostbedeckt, und auf dem Rost wucherte büscheliges grünes Zeug. Die Kamera holte ein schwarzes Loch im Rohr heran; verständlicherweise
    wuchs da gar nichts. Über der Mitte des Lochs verlief eine Querstrebe.
    »Erinnert dich das an was?«
    »Wie meinst du das?« fragte Tom.
    »Sieht aus wie der griechische Buchstabe Theta. Kennst du, ja? Das Öko-Symbol.« Ich hielt eine Pressemitteilung mit dem Logo von GEA hoch, und Tom lachte.
    »Ich nehme an, es soll heißen: Zum Teufel mit der
    Geheimniskrämerei«, sagte ich. »Halt dich fest, ich zieh'
    dich weiter raus.«
    Wir bewegten uns vom Land weg, immer hundert Meter
    am Stück, und als wir es langweilig fanden und anfingen, ans Mittagessen zu denken, vergrößerten wir die Distanz auf zweihundert Meter. Der Grund fiel sacht ab, und das Wasser war nirgendwo tiefer als fünfzehn Meter. Ich
    folgte dem Abflußrohr mit meinem Kompaß, Tom im
    Schlepptau, und er sah unten nach, ob das Ding immer noch da war. Als er das Ende gefunden hatte, waren wir fast wieder bei unserem Ausgangspunkt, der kle inen
    baum- und buschbewachsenen Insel. Das Scheißding war über anderthalb Kilometer lang.
    Ich hatte bisher noch nicht mit Tom zusammengearbeitet, aber er war gut. Wenn man sich seine Kohle mit Tauchen verdient, zahlt es sich wahrscheinlich aus, genau zu sein.
    Ich kannte ein paar andere GEA-Taucher, die »Mann, ist das ein Riesenapparat« gesagt und dann die Arme
    ausgebreitet hätten: »So dick ungefähr.« Tom dagegen war ein Präzisionsfanatiker und kam mit genauen Maßen nach oben.
    Wir blieben eine Stunde auf der Insel, tranken ein paar Bier und sprachen die Sache durch.
    »Die Löcher sind alle gleich groß«, sagte Tom. »Und
    ungefähr sechzehn Meter voneinander entfernt. Das
    Maßband ist bloß sechs Meter lang, also mußte ich's
    ziemlich grob überschlagen.«
    »Sind alle Löcher auf der gleichen Seite?«
    »Nein. Mal auf der einen, mal auf der anderen.«
    »Also, wenn das Ding ungefähr sechzehnhundert Meter
    lang ist … Dann haben wir hundert Löcher mit etwas
    mehr als acht Zentimeter Durchmesser, die wir
    dichtmachen müssen.«
    »Ein sagenhafter Aufwand, Mann. Warum haben die das
    überhaupt so gemacht? Warum haben sie nicht ein ganz normales dickes Abflußrohr gebaut, das das Zeug durch eine Öffnung ausspuckt?«
    »Sie haben sich wohl gedacht, das wäre die Lösung.
    Feinverteilter Dreck. Hier vor der Küste gibt's eine starke Strömung. Sie haben sich wohl gedacht, wenn die
    Strömung ihren Dreck vor der Küste verteilt, würde er mehr oder weniger verschwinden. Außerdem ist ein
    dickes fettes Abflußrohr, aus dem der Dreck auf die
    übliche Weise gurgelt, ein gefundenes Fressen für die Medien.«
    »Und du bist sicher, daß es illegal ist?«
    »Ja. Nicht nur doppelt und dreifach, sondern sechsfach.
    Deswegen will ich dieses Scheißding dichtmachen.«
    »Glaubst du, daß du sie bluffen kannst?«
    »Wie meinst du das?«
    »Na, indem du anrufst und sagst: >Hier GEA, wir
    machen jetzt Ihr Abflußrohr dicht, also schließen Sie den Betrieb.<«
    »Woanders könnte ich das vielleicht, aber hier nicht. Die Leute wissen genau, wie schwierig es ist, dieses
    Abflußrohr dichtzumachen. Außerdem will ich nicht bloß bluffen. Ich will die Umweltverschmutzung stoppen.«
    Tom grinste. Ich auch. Das war ein Satz, den wir oft sagten, wenn wir frustriert vor einer fast unlösbaren Aufgabe standen: »Ich will die Umweltverschmutzung
    stoppen, Mann!«
    »Also, was ist? Vertagen wir's?«
    »Nein.« Ich spulte das Band zum drittenmal zurück. »Not lehrt basteln.«

8
    Tom lud sein Gerät

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