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Volles Rohr

Volles Rohr

Titel: Volles Rohr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephenson Neal
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und ich machte einen letzten Schritt vorwärts. Dabei kam ich mit dem Fuß auf ein scharfes Stück Metall und spürte, wie es die Sohle meines
    Tennisschuhs aufschlitzte und mir ins Fleisch drang.
    Dann lag ich diagonal im Zode, Zufallsfunde von
    Gallaghers Müllkippe klatschten hinter uns ins Wasser, und wir fuhren zur Blowfish zurück.
    Als wir fast dort waren, kehrten wir wieder um, weil Wes feststellte, daß die Dussel die Sachen kaputtmachten, die wir am Ufer zurückgelassen hatten. Besonders interessant fanden sie das Bohrgestell. Mit den primitiven Waffen, die in greifbarer Nähe waren, begannen sie darauf
    einzuschlagen. Es war, als beobachtete man den Homo
    erectus bei der Entdeckung des Werkzeuggebrauchs.
    Wes steuerte bis auf Flaschenwurfweite ans Ufer und
    brüllte die Knaben an. Ich glaube, sie blickten nicht mal auf.
    Sie schienen jedoch das Geräusch eines zweiten Zodiac-Motors zu registrieren, der gerade auf eine beachtliche Drehzahl hochgejuckelt wurde. Wir alle sahen in die
    entsprechende Richtung. Artemis war mit ihrem Zodiac ans Ufer gefahren, hatte seine Heckleine am Heck des Flitzers festgemacht und ihn ins Wasser gezogen. Und nun schleppte sie ihn der offenen See entgegen.
    Später entbrannte eine lange und laute und fade
    Diskussion darüber, ob das mit den Grundsätzen von
    GEA vereinbar war. Es war nicht direkt Gewalt, aber es beinhaltete eine gewisse Bereitschaft, die Knaben auf einer Müllkippe verhungern zu lassen, die Heimat vor Augen. Wie die meisten einschlägigen Diskussionen
    wurde auch diese nie abgeschlossen. Aber immerhin
    hatte das Ganze bei den Knaben eine Verhaltensänderung zur Folge. Sie ließen davon ab, auf das Bohrgestell
    einzudreschen, und rannten los, um Artemis mitzuteilen, daß sie eine Scheißfotze sei. Als das nichts fruchtete, hielten sie die Schnauze und beobachteten, wie ihr Boot meerwärts verschwand.
    Nach fünf Minuten hatten sie alle Narrys aus der
    Kühlbox geschmissen, schöpften Wasser mit ihr und
    kippten es ins Feuer. Es ging nicht richtig aus - das haben brennende Reifen so an sich -, aber es rauchte nicht mehr.
    Ich bat Wes, mich zu Artemis zu bringen. Dann enterte ich das Boot der Knaben, hopste über Deck, hinterließ blutige Waffeleisenabdrücke und schaute ins
    Handschuhfach.
    Die Waffe war kein kleinkalibriges Pistölchen, wie ich vermutet hatte, sondern ein dicker fetter verchromter Revolver, der in einem steifen neuen Schulterhalfter steckte. Ich brauchte eine Weile, um ihn rauszufummeln.
    »Alle sechs Kammern geladen«, bemerkte Artemis.
    »Keine besonders gute Idee, außer du willst dir in die Achselhöhle schießen.« Ich warf ihr einen fragenden
    Blick zu, und sie zog die Schultern hoch. »Mein Vater hatte einen Waffenfimmel, sooo 'n Arsch war das.«
    Sah so aus, als hätte da noch jemand einen Arsch von Vater. Ich schmiß die Kanone ins Wasser. Dann suchte ich spaßeshalber weiter herum. Wir hatten den ganzen Tag Zeit, wir waren bereits auf der kriminellen Schiene, und niemand würde uns dafür belangen. Aber wenn die
    Knaben noch mehr Ärger machten, wollte ich wenigstens wissen, wo sie wohnten.
    Ich fand nichts, verdammt noch mal. Überhaupt nichts.
    Abgesehen von der Kanone gab das Boot nichts her. War geradezu unheimlich. Keine Papiere, keine Kennzeichen, keine alten Bierdosen. Die Schwimmwesten waren
    brandneu, und es stand nichts drauf. Als ich wieder in das Zodiac kletterte, hatte ich keine Informationen - nur eine chemische Spur. Über dem Boot hing ein Duft, und der verfolgte mich unangenehmerweise bis ins Zode. Er
    klebte an meiner Haut. Irgend so ein gottverdammtes
    Männerparfüm. Ich hatte es von dem Revolver.
    Artemis hatte kein Mitleid. Sie lachte mich aus. »Mist«, sagte ich. »Ich hätte lieber PCBs an der Pfote. Die kannst du wenigstens abwaschen. Aber Parfüm von anderen
    Leuten ist so hartnäckig wie eine Blasenentzündung.« Ich hielt die Hand ins Wasser.
    Wir brachten den Kackern ihr Boot zurück, und sie
    fuhren ab, ohne einen Ton zu pfeifen. Der Ausdruck
    verletzter Würde, den sie zur Schau trugen, war
    sehenswert. Man hätte meinen können, wir hätten ein
    Kloster profaniert.
    Sie schwiegen, bis sie hundert Meter weg waren, fast außer Hörweite. Dann schauten sie wohl ins
    Handschuhfach. Und dann brach es nur so aus ihnen
    heraus. Nichts wie Fotzen, Schwänze und Säcke. Ich
    konnte es kaum verstehen, und ich war auch nicht scharf drauf.
    Wes drehte sich mir zu. Er grinste. »Hast du das

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